FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 2/2019 11 Mifid II: Die Banken legen es auf Ärger an Wer die jüngsten Studien zu Mifid II liest, stellt sich unwei- gerlich die Frage: Können die Banken die EU-Finanzmarkt- richtlinie nicht sauber umset- zen – oder wollen sie nicht? Die Frage nach dem fehlen- den Können drängt sich nach der neuesten Marktuntersu- chung der Bafin auf, für die die Aufseher Geschäftsvorfäl- le von 40 Kreditinstituten kon- trolliert haben. Insbesondere bei der Geeignetheitserklä- rung liegt demnach vieles im Argen: In der Bafin-Stich- probe waren 88,7 Prozent dieser Dokumente mangelhaft. Der Gesetzgeber fordert, dass Banken die Vorgaben der Kunden vollständig mit den Eigenschaften der empfoh- lenen Produkte abgleichen, etwa mit Blick auf Anlage- dauer, Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit. Doch genau das blieb bei jedem zweiten Wertpapiergeschäft aus, und bei fast 40 Prozent beschränkten sich die Er- klärungen auf „unspezifische Standardformulierungen“, wie die Bafin bemängelt. Statt „formelhafter Bekun- dungen ohne zusätzlichen Informationsgehalt“ fordert sie einen „qualitativen Abgleich“. Das darf durchaus als Ohr- feige verstanden werden – und als Warnung, deutlich nachzubessern. Den Aufsehern stößt ein weiterer Punkt sauer auf: Die Vorgabe, Kunden bei Depotumschichtun- gen eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzulegen, wird von fast 60 Prozent der Institute schlicht ignoriert. Da stellt sich schon die Frage, ob die Banken wirklich nicht können – oder ob sie nicht wollen. Erinnert sei an dieser Stelle an die Studie der Ruhr-Universität Bochum, die im Auftrag des Bankendachverbands Deutsche Kre- ditwirtschaft Institute und Kunden zur Anlageberatung unter Mifid II befragte. Die Studie soll Argumente liefern, warum das monströse Regelwerk schnellstmöglich über- arbeitet werden muss. Das gelingt, denn das Ergebnis ist eindeutig: Sowohl Berater als auch Kunden klagen über die verwirrende Informationsflut, langwierige Auf- klärungsgespräche und die ausufernde Dokumentation (siehe den ausführlichen Artikel auf Seite 334). Würde es den Banken dennoch problemlos gelingen, alle Vorga- ben eins zu eins umzusetzen, wären ihre Beschwerden über Mifid II nur halb so glaubwürdig. Natürlich wirft niemand den Instituten vor, aus diesem Kalkül heraus absichtlich Vorschriften zu missachten. Doch die Vermutung liegt nahe, dass sie sich an man- cher Stelle keine besondere Mühe mit dem ungeliebten Regelwerk geben. Das ist eine durchaus riskante Nach- lässigkeit. Denn nach der nächsten Marktuntersuchung dürfte es die Bafin kaum bei einer Ohrfeige belassen. Ihr Bernd Mikosch Chefredakteur

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