Marco Arteaga, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei DLA Piper, zählt zu den renommiertesten Experten für betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland. Im Frühjahr 2016 hat er gemeinsam mit Professor Peter Hanau von der Universität Köln das Gutachten "Sozialpartnermodell Betriebsrente" vorgelegt. Dieses wurde zur Vorlage für den Gesetzentwurf zum Betriebsrenten-Stärkungsgesetz (BRSG) mit seinem Herzstück, dem Sozialpartnermodell. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE erläutert Arteaga, warum das Modell in der Praxis nun auch umgesetzt werden muss – und was es mit dem Eberbacher Kreis auf sich hat.


Herr Arteaga, Sie haben im Herbst 2016 gemeinsam mit weiteren renommierten Anwälten, die auf betriebliche Altersversorgung spezialisiert sind, den Eberbacher Kreis gegründet. Was waren die Gründe dafür, dieses bAV-Experten-Forum ins Leben zu rufen?

Marco Arteaga: Betrachten wir einmal die aktuelle "Großwetterlage". Tatsache ist, dass mit dem im Jahr 2002 verabschiedeten Altersvermögensgesetz eine Senkung des Leistungsniveaus in der gesetzlichen Altersversorgung beschlossen worden ist. Bei einem Übergangszeitraum von 30 Jahren schlägt diese Senkung für die Renten-Jahrgänge ab etwa 2030 voll durch. Fest steht, dass diese Jahrgänge viel weniger Geld aus der gesetzlichen Rente bekommen werden als die früheren knapp 60 Prozent. Es ist nach wie vor erklärter politischer Wille, dass die bAV diese Lücke schließen soll. Nun hat aber der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung von 2012 ausgewiesen, dass wir in Deutschland etwa zwölf bis 13 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben, die weder über eine Riester-Rente noch über eine betriebliche Altersversorgung verfügen. Es ist also ganz klar, dass dringend etwas geschehen muss. Daher haben wir den Eberbacher Kreis gegründet. Die dort zusammengeschlossenen bAV-Experten sind sich einig, dass wir die betriebliche Altersversorgung unbedingt und dringend voranbringen müssen. Diesem Thema widmen wir uns.

Wie geschieht das im Einzelnen?

Arteaga: Die Mitglieder des Eberbacher Kreises sind Angehörige wirtschaftsberatender nationaler und internationaler Anwaltssozietäten. Sie beschäftigen sich alle seit vielen Jahren schwerpunktmäßig sowohl beratend als auch forensisch mit der bAV. Wir tauschen daher Erfahrungen aus und nehmen aus anwaltlicher Sicht Stellung zu aktuellen Entwicklungen in Rechtsprechung, Gesetzgebung sowie zur bAV-Praxis. Zudem unterbereiten wir Vorschläge zur Weiterentwicklung dieses Rechtsgebiets. 

Sie selbst haben 2016 zusammen mit Professor Peter Hanau von der Universität Köln für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Rechtsgutachten zur Weiterentwicklung des "Sozialpartnermodells Betriebsrente" vorgelegt. Darauf basiert das Anfang 2018 in Kraft getretene Betriebsrenten-Stärkungsgesetz (BRSG) mit seinem Herzstück, dem Sozialpartnermodell. Leider kommt genau dies aber nicht von der Stelle.

Arteaga: Das stimmt zum Glück nicht ganz. Tatsächlich gibt es bis dato zwar keinen entsprechenden Tarifabschluss. Die Sozialpartnermodelle kommen einander aber näher. In zahlreichen Verbänden und Unternehmen wird intensiv über die neuen Möglichkeiten des Betriebsrenten-Stärkungsgesetzes diskutiert. Natürlich besteht auch großer Informationsbedarf. Schließlich bietet das Sozialpartnermodell mit dem Garantieverbot eine grundlegend neue und andere Form der bAV. Daher müssen sich die Tarifparteien zum ersten Mal mit dem Thema Kapitalanlage befassen, vor allem auf der Leistungsseite. Es gibt nur wenige Personen bei Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, die sich damit wirklich auskennen. Es ist aber extrem wichtig, dass das Sozialpartnermodell vorankommt. Das BRSG hat den Tarifparteien große Gestaltungsprivilegien verschafft. Werden diese nicht genutzt, werden vermutlich andere Regelungen getroffen werden müssen, um die drohenden Versorgungslücken zu schließen.

Im Eberbacher Kreis haben sich die renommiertesten bAV-Experten Deutschlands zusammengefunden. Wie aber tragen Sie Ihr Wissen nach außen, sodass es zum Beispiel den Tarifparteien nutzen kann?

Arteaga: Über Veranstaltungen wie Konferenzen oder Tagesseminare. Im März dieses Jahres hatten wir in Berlin eine große Tagung unter dem Motto "Sozialpartnermodell jetzt!" organisiert. Am 6. Juni widmen wir eben dem Thema Kapitalanalage in der bAV einen ganzen Tag. Für diese Tagung konnten wir hochkarätige Experten gewinnen, unter anderem den Wirtschaftsnobelpreisträger 1997 Bob Merton. Sie können mir glauben: Wenn er über Kapitalanlage in der Altersversorgung spricht, wird klar, dass es für ihn gar keine Alternative gibt – und keine Diskussion.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)