Die Bankenwelt ist voller lebender Toter, warnt Stanford-Professorin Anat Admati in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ). Viele Banken würden gemessen an ihrer Finanzsituation zu hohe Gewinne ausschütten und zu riskante Geschäfte machen. Auch zehn Jahre nach der letzten Bankenkrise habe sich daran nichts verändert. Admati sieht darin eine latente Gefahr für die Wirtschaftswelt. "Die reale Wirtschaft braucht eine kompetente Kreditvergabe von Banken, die verantwortungsvoll handeln", so Admati im NZZ-Gespräch.

Viele Institute stellen sich nach Ansicht der Professorin zu positiv dar. "Was sie an Eigenmitteln und Liquidität ausweisen, sind Ergebnisse ihrer Bilanzierungspraktiken, welche einem Test in der Realität nicht standhalten würden", sagt sie. Nur so würden die Institute durch die Stresstests kommen. In den Tests prüfen die Aufseher oft nur, welche Folgen unterschiedliche Szenarien für die Kapital-Kennzahlen der Banken haben. Damit sind Stresstests nicht sonderlich aussagekräftig und vermitteln ein falsches Sicherheitsgefühl, kritisiert Admati. 

Ein Großputz muss her
Für Europa kann die Banken-Schwäche gravierende Folgen haben. "Die europäische Wirtschaft ist stark abhängig von Banken. Wenn sich in diesem System viele kranke, dysfunktionale Institute bewegen, ist das für die Wirtschaftsentwicklung nicht gut", so Admati. Sie rät zu einer Bereinigung des Systems, nach deren Abschluss nur noch gesunde Banken übrigbleiben.

Dabei sollte man die Zahl der Banken allerdings nicht ohne Sinn und Verstand reduzieren: "Entscheidend ist die relative Größe des Bankensektors im Verhältnis zur Realwirtschaft." Zudem sei wichtig, dass Banken ihr Vermögen und ihre Verpflichtungen wahrheitsgemäß ausweisen. (fp)