Die erste Benachrichtigung über "Betriebs-Entlassung" kam im Februar: 43 Mitarbeiter würden ihren Arbeitsplatz verlieren. Die zweite folgte sechs Wochen später, wodurch die Anzahl der Stellenstreichungen auf 109 stieg. Dann eine dritte im April für 146 weitere. Und eine vierte im Juni, dieses Mal traf es 98 Jobs. Drei zusätzliche Mitteilungen liefen danach noch auf, darunter für 20 Mitarbeiter in der vergangenen Woche. Der Betrieb, um den es hier geht: Goldman Sachs.

So wie alle Unternehmen im US-Bundesstaat New York muss die Bank derartige Mitteilungen bei den Behörden einreichen und der Börsenaufsicht als kursrelevante Nachricht melden, wenn sie sich von einer großen Anzahl an Mitarbeitern trennen will und dies im Rahmen einer Betriebsschließung erfolgt oder bei "Massenentlassungen" von 250 oder mehr Personen. Arbeitgeber sind unter bestimmten Bedingungen auch dazu verpflichtet, den Staat über kleinere Entlassungen in Kenntnis zu setzen.

Goldman berief sich in jedem der Fälle auf eine "Betriebsentlassung". Mit der letzten Runde aus der vergangenen Woche ist die Anzahl der Streichungen in diesem Jahr auf mittlerweile 443 angestiegen. Mit den insgesamt sieben Mitteilungen seit Jahresstart hat die Bank also Pläne für die Entlassung von Hunderten Mitarbeitern in New York signalisiert, ohne eine schlagzeilenträchtige Zahl zum gesamten Jobabbau zu kommunizieren. Schon jetzt sind die Entlassungen so umfangreich wie seit 2008 nicht mehr.

"Das geschieht mehr unter dem Radar"
Der Ansatz des Unternehmens unterscheidet sich von jenem der Wettbewerber wie etwa Morgan Stanley. Diese hatten in der Vergangenheit große Streichungen auf einen Schlag bevorzugt. "Bei großen Zahlen kommen die Leute gleich auf die Idee, dass bei dem Unternehmen etwas passiert – das ist etwas Negatives", meint Jeanne Branthover vom New Yorker Personalberater DHR International. "Hier läuft das eher wie 'Wir nehmen Entlassungen vor und wir wollen das nicht erklären'. Das geschieht mehr unter dem Radar."

Das Vorgehen reflektiert auch die Philosophie des Unternehmens. Es sehe keinen Grund für Ankündigungen von Stellenstreichungen, weil das Teil des ganz normalen Geschäftsverlaufs sei und etwas darstelle, was gemacht werden müsse, falls das Umfeld danach verlange, hatte Finanzchef Harvey Schwartz im vergangenen Jahr gesagt.

Goldman mit dem Skalpell, Morgan Stanley mit der Axt
Während Goldman Sachs also offenbar das Skalpell bevorzugt, hat Konkurrent Morgan Stanley die Axt hervorgeholt. Das Unternehmen leitete Schritte ein, um im vierten Quartal zu schrumpfen. Rund 1.200 Stellen wurden gestrichen – darunter rund 25 Prozent der Mitarbeiter im Anleihehandel. Als er danach gefragt wurde, wie Morgan Stanley die Entscheidung zu der Veränderung getroffen habe, erklärte Handelschef Ted Pick, er bevorzuge mutige Schritte. Im Februar sagte der 47-Jährige: "Wir hatten uns entschieden, die bittere Pille zu schlucken".

Die Mitteilungen an die Behörden in New York beinhalten keine Entlassungen außerhalb des Bundesstaates oder freiwillige Abgänge. Mehr als ein halbes Dutzend Partner haben Goldman Sachs alleine in diesem Jahr verlassen, wie aus internen Rundschreiben hervorgeht, die Bloomberg vorliegen. "Alles, was Goldman macht, wird unter die Lupe genommen", sagt Branthover. "All dies könnte als Signal oder Anzeichen für interne Veränderungen gesehen werden. Oder dass es Geschäfte und Bereiche gibt, die sich nicht zufriedenstellend entwickeln. Ich würde das im Auge behalten." (mb/Bloomberg)