FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © Alexmar | stock.adobe.com D er Herbst treibt manchmal seltsame Blüten. Nachdem in Berlin der rot-rot- grüne Senat kürzlich den „Mieten- deckel“ beschlossen hat, den Immobilienin- vestoren vehement ablehnen, stürzen sich die Linken nun auf Finanzinvestoren, die Unter- nehmen aufkaufen. Die Linke-Bundestags- fraktion fordert, ihre „Expansion im Gesund- heitssektor“ zu bremsen. Die Private-Equity- Gesellschaften würden durch Sparmaßnahmen zur Renditesteigerung die ambulante Gesund- heitsversorgung „akut gefährden“. Es gehe den Investoren nicht um den längerfristigen Betrieb, sondern bloß um Profitmaximierung. Das Private-Equity-Bashing ist in der links- politischen Hemisphäre nicht neu. Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering verun- glimpfte die Finanzinvestoren im Jahr 2005 als Heuschrecken, die über Unternehmen her- ziehen und sie abgrasen würden. Mit weniger drastischen Worten schlägt der SPD-Gesund- heitsexperte Karl Lauterbach in dieselbe Ker- be. Vor allem im Pflegesektor laufe die Priva- tisierungswelle mittlerweile „komplett aus dem Ruder“, sagte er im Oktober dem Berli- ner „Tagesspiegel“, deshalb sollten die Kapi- talinvestoren im Pflegesektor nicht nur ge- stoppt, sondern zurückgedrängt werden. Zinsalternative Tatsächlich ist der milliardenschwere Ge- sundheitssektor für Investoren spannend, weil die Perspektiven wegen der technologischen und demografischen Entwicklungen in den Industrieländern attraktiv sind. Biotechnologie und Gesundheit waren 2018 in Europa nach Angaben des europäischen Private-Equity- Verbandes das viertgrößte Investitionsthema. Die Fonds haben mehr als 11,4 Milliarden Euro in diesem Bereich investiert. Die Kritik an den Finanzinvestoren verfängt so lange nicht, wie Anlagen im Zinssektor keine Erträge mehr abwerfen. Viele Anleger müssen geradezu in Sachwerte umschichten, um genügend Ertrag zu generieren. So will auch der deutsche Staatsfonds zur Finanzie- rung der kerntechnischen Entsorgung in diese Assetklassen investieren. Die Vorstandsvorsit- zende Anja Mikus kündigte in einem Inter- view an, bis zu 30 Prozent in nicht börsenno- tierte Anlageklassen wie Immobilien, Private Equity und Infrastruktur fließen zu lassen. Auch viele Privatanleger sorgen sich um die Rendite, da die Erträge aus Anleihen und Immobilien stark rückläufig und die Aktien- märkte einigermaßen volatil sind. Erfahrene Investoren suchen daher aktiv nach Alternati- ven, dazu gehören auch Anteile an nicht bör- sennotierten Unternehmen. Strukturierte Pri- vate-Equity-Produkte sind im Fondsmarkt eine kleine Nische, trotzdem sind die Anbieter nicht unzufrieden. RWB-Portfoliomanager David Schäfer berichtet sogar von einer stei- genden Nachfrage im Retailsegment: „Anle- ger suchen in der Niedrigzinsepoche zuneh- mend nach renditestarken Alternativen. Gleichzeitig nehmen wir wahr, dass Private Equity medial stärker als eine solche attraktive Alternative in den Fokus rückt.“ Zurzeit bieten RWB, Wealthcap, Marble House Capital und HMW/MIG reine Private- Equity-Fonds imVertrieb an. Sie sind mit Aus- nahme der MIG Fonds als Dachfonds konzi- piert, investieren also über institutionelle Fonds indirekt in Unternehmen. BVT hat aktuell nur einen Spezial-AIF für semiprofessionelle und institutionelle Investoren im Angebot. Privat- anleger sollen über die Multi-Asset-Portfolios am Private-Equity-Markt partizipieren. Er ist wie alle Assetklassen von enormen Mittelzu- flüssen gekennzeichnet, und der Zustrom reißt nach aktuellen Branchenzahlen nicht ab. Geldflut In den ersten neun Monaten 2019 haben die Private-Equity-Manager weltweit 417 Milli- arden US-Dollar von Investoren erhalten und konnten damit rund 900 Fonds schließen. Weitere 3.600 Gesellschaften befanden sich im Oktober im Fundraising. Ihr Platzierungs- volumen lag zusammen bei 751 Milliarden Euro, berichtet der Datenanbieter Preqin. Dabei braucht die Branche nicht unbedingt frisches Kapital. Die Manager saßen bereits Ende 2018 auf Reserven in Höhe von 1,3 Bil- lionen Dollar – und es ist davon auszugehen, dass das sogenannte „Dry Powder“ dieses Jahr noch mehr wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Kapitalzusagen der deutschen Privat- anleger überhaupt angenommen werden – und an welche Manager die Fondsanbieter Private Equity verspricht auch im Nullzinsumfeld solide Erträge. Kein Wunder, dass sich immer mehr Investoren auf diese Anlageklasse stürzen. Oase in der Zinswüste Nichts als Sand – und einige wenige Palmen. Liegt dort etwa die ersehnte Wasserquelle? Dieses Foto aus der Sahara kann sinnbildlich dafür stehen, was zahllose Investoren auf der Suche nach stabilen Erträgen derzeit durchmachen. 216 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 sachwerte I private equity
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