FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © Smole | stock.adobe.com D ass Immobilien nicht mo- bil sind, verrät schon ihr Name. Dass sie zudem illiquide sind, wurde Millionen Anlegern wohl erst 2008 so rich- tig bewusst. Sie hatten Milliarden in offene Immobilienfonds ge- steckt, die eine tägliche Liquidität versprachen, sie in der Finanz- krise aber nicht bieten konnten. Bei über einem Dutzend Fonds wollten die Investoren schneller ihr Geld zurück, als die Anbieter die Objekte veräußern konnten. Die Fonds mussten zugesperrt und abgewickelt werden. Neue Regeln Damit sich ein solches Drama nicht wiederholt, wurden der Branche mit dem Kapitalanlage- gesetzbuch neue Regeln verord- net: Seit Juli 2013 müssen Anle- ger neu gezeichnete Anteile min- destens zwei Jahre halten. Wollen sie ausstei- gen, müssen sie das zwölf Monate im Voraus kundtun. Für Altanteile gibt es einen Freibe- trag von 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr. Wer höhere Beträge abziehen möchte, muss ebenfalls zwölf Monate zuvor kündigen. Es dauerte eine Weile, bis sich Anbieter, Anleger und Vertrieb von der Krise erholt und mit dem neuen Regime arrangiert hatten. Doch mittlerweile läuft das Geschäft hervor- ragend: Das Volumen der offenen Immobi- lien-Publikumsfonds in Deutschland über- schritt jüngst erstmals die Marke von 100 Milliarden Euro. Der Nettoabsatz liegt auf Rekordniveau, zahlreiche neue Produkte kommen an den Markt. Viele Manager beschränken den Mit- telzufluss bewusst, weil sie zunehmend Mühe haben, das viele Geld rentabel zu investieren. Gibt es in einem solchen Umfeld überhaupt Anleger, die ihre Stücke verkaufen möchten? Ja – aber nur wenige. FONDS professionell hat sich bei den Anbietern umgehört, für wie viele Anteile aktuell eine Kündigung vorliegt. Union Investment, Deka und Kanam Grund gaben bereitwillig für einzelne Fonds Auskunft (siehe Tabelle). Die DWS teilte für den Grundbesitz Europa und den Grundbesitz Global mit, dass per Ende August für rund ein bis anderthalb Prozent des Volumens Kün- digungen für Rückgaben in den kommenden zwölf Monaten vorliegen. Commerz Real (Hausinvest), Industria (Fokus Wohnen Deutschland) und Wertgrund (Wohnselect D) wollten keine Zahlen nennen. Swiss Life Asset Managers gab zu Protokoll, da der „Living + Working“ erst im De- zember 2016 aufgelegt worden sei, lägen erst so wenige Kündi- gungen vor, „dass sie faktisch keine Bedeutung“ hätten. Kaum Rückgaben Diese Aussage darf wohl für die meisten Fonds gelten. Beim Leading Cities Invest beispiels- weise liegen aktuell gerade mal für 0,3 Prozent der Anteile Kün- digungen vor. „Für uns ist das ein schöner Beweis der Kunden- loyalität“, sagt Kanam-Grund- Geschäftsführer Heiko Hartwig. Bei den anderen auskunftswilli- gen Häusern liegen die Quoten zwar etwas höher (siehe Tabelle). Reinhard Kutscher, der Chef von Union Investment Real Estate, gibt allerdings zu bedenken, dass diese Zahlen alle aktuell vorlie- genden Kündigungen umfassen. „Diese werden teilweise erst in mehr als einem Jahr wirksam“, betont er. Aussagekräf- tiger ist seiner Meinung nach daher die Höhe der Kündigungen mit Wirksamkeit für ein bestimmtes Kalenderjahr. „So umfassen alle 2019 wirksamen Kündigungen einen Anteil von 0,6 bis 0,8 Prozent der seit Einführung der Kündigungsfristen ausgegebenen Anteile“, berichtet Kutscher. Für die Fondsmanager ist das eine beruhi- gende Nachricht: Die wenigen Rückgaben können sie locker aus der ohnehin üppigen Liquiditätsreserve bedienen. Eine Im- mobilie müssen sie deshalb jedenfalls nicht veräußern. Und in der nächsten Finanzkrise hätten sie dafür mindestens ein Jahr Zeit – falls es denn überhaupt nötig sein sollte. Anleger müssen ihre Kündigung nämlich bei ihrer Bank einreichen. Dort kann der Berater sie noch einmal daran erinnern, dass eine Immobilie nicht nur immobil, sondern auch illiquide ist – und dass es sich meist auszahlt, solche Vermögenswerte langfristig zu halten, statt sie voreilig abzustoßen. BErND MIKOSCH | FP Anleger müssen ankündigen, wenn sie ihre offenen Immobilienfonds verkaufen wollen. Wie viele tun das eigentlich? FONDS professionell hat sich umgehört. Auf ewig treu Das eigene Haus gehört zum Traum vieler Menschen. Falls das Geld dafür nicht reicht, lässt sich die Anlageklasse immerhin über einen Immobilienfonds ins Depot holen. Kündigungsquoten von Immobilienfonds Summe der Kündigungen relativ zum … … gesamten … Neugeschäft Fonds Fondsvolumen seit Juli 2013 1 Deka-Immobilien Europa 0,5 % 2,0 % 2 Deka-Immobilien Global 0,4 % 1,1 % 2 Leading Cities Invest 0,3 % 0,3 % Uniimmo: Deutschland 0,6 % 1,3 % Uniimmo: Europa 0,7 % 1,7 % Uniimmo: Global 0,7 % 1,3 % Westinvest Interselect 0,5 % 1,5 % 2 Die wenigsten Immobilienfondskunden möchten ihre Anteile zurückgeben. Fonds alphabetisch sortiert | 1 seit Einführung des KAGB ausgegebene Anteile | 2 bezogen auf den Volumenszuwachs seit Juli 2013 Quelle: Anbieter, eigene Berechnungen | Stand: 30.9.2019 234 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 sachwerte I offene immobilienfonds
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