FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

neben der Absicherung unerwartet steigender Kosten zusätzlich einen gewissen Charme. „Sie fließen ins Solvenzkapital des Unterneh- mens ein“, erläutert Leithoff. Damit gelten sie als wirtschaftliches Eigenkapital und stärken die Solvenzquote des Versicherers. Und zwar sogar noch mehr, als es der Fall wäre, wenn das Unternehmen sie direkt dem Eigenkapital zurechnen würde. Denn jeder Euro, der in den Schlussüberschussfonds fließt, kommt dort unversteuert an. Nun mag die Bildung von Schlussüber- schuss-Töpfen aus Sicht der Versicherer durchaus ihr Gutes haben. Für die Inhaber von Fondspolicen haben die Liquiditätspuffer aber klare Nachteile. Nicht nur, dass sie bis kurz vor Fälligkeit der Police nicht sicher sein können, wie hoch ihre Überschussbeteiligung insgesamt ausfallen wird. Kauft ein Versiche- rungsnehmer seine fondsgebundene Versiche- rung vorzeitig zurück oder verstirbt er, sind die Schlussüberschüsse verloren. Nicht in den Vergleichsrechnern Daher wäre es sehr sinnvoll, wenn Ver- mittler ihre Kunden im Beratungsgespräch darüber aufklären würden, was es mit diesen Rückstellungen auf sich hat und welche Risi- ken sie bergen. Und ihnen, sofern gewünscht, eine fondsgebundene Versicherung eines Anbieters vermitteln, der keine Schlussüber- schüsse bildet. Doch weil die Informationen über diese Art von Überschüssen bislang in Vergleichsrechnern nicht auftauchen, müsste sich der Vermittler dafür durch die Versiche- rungsbedingungen sämtlicher Fondspolicen- anbieter durcharbeiten. Um hier mehr Transparenz zu schaffen, hat die Ratingagentur Morgen & Morgen gemein- sam mit der Condor Lebensversicherung zum ersten Mal untersucht, bei welchen Versiche- rern und in welchen Tarifen Schlussüber- schuss-Töpfe gang und gäbe sind – und wo darauf verzichtet wird. Zudem haben die Experten einen Musterfall durchgerechnet (alle zugrunde gelegten Annahmen finden Sie in der Übersicht auf der nächsten Seite). Dabei haben sie die mögliche Kapitalleis- tung, die darin enthaltenen Überschüsse sowie eventuelle Schlussüberschüsse in der Basis- rente (Schicht eins) und in der Privatrente er- mittelt. In der ersten Schicht wurden die Sum- men sowohl für den Fall einer Einmalzahlung von 50.000 Euro als auch bei einer monat- lichen Zahlung von 100 Euro über 37 Jahre errechnet. In allen Varianten wurde einmal der Fonds Templeton Growth und einmal ein ETF auf den MSCI World zugrunde gelegt. Haben die Anbieter diese Fonds nicht im Programm, wurden Portfolios mit vergleichbaren Kosten gewählt. Verglichen wurden die Leistungen von Ver- sicherern, die Fondspolicen ohne Garantien in der ersten und der dritten Schicht anbieten – und deren Daten im Vergleichstool von Mor- gen & Morgen eingespeist sind. Ein Tarif des Marktführers Aachen Münchner etwa findet sich nicht in der Übersicht, weil dieser seine Policen ja exklusiv über die DVAG vertreibt. FONDS professionell betrachtet die Ergebnis- se für die Privatrente bei monatlicher Zahlung mit dem Templeton Growth als Fonds. Ein Blick auf die Resultate liefert durchaus einige Überraschungen. So finden sich unter den 27 Tarifen von 19 Versicherern sieben mit Schlussüberschüssen. Besonders hoch fallen diese bei der Basler im Tarif FRB aus. Auf die errechneten Überschüssen in Höhe von 18.875 Euro entfallen Schlussüberschüsse mit einer Summe von 17.010 Euro. Bei der Stutt- garter ist der Schlussüberschuss-Topf mit 6.258 Euro zwar deutlich kleiner, dafür ma- chen die Schlussüberschüsse aber 100 Prozent der gesamten Überschüsse aus. „Bei Fonds, aus denen wir Rückvergütun- gen bekommen, schreiben wir diese in voller Höhe unseren Kunden als laufende Über- schussbeteiligung gut“, sagt Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung. Beim Templeton Growth kauft der Versicherer für den von Morgen & Morgen untersuchten Tarif allerdings die institutionelle Anlageklas- se, bei der keine Rückvergütungen vorgesehen sind. Daher unterscheidet sich die Höhe der Überschüsse nicht von dem im Schlussüber- schuss-Topf ausgewiesenen Betrag. Steuerung der Solvenzquote In die Schlussüberschüsse bucht die Stutt- garter bei ihrer Fondspolice jährlich einen ge- wissen Prozentsatz des jeweils maßgeblichen Fondsvermögens als Kostenüberschuss ein. „Wir achten darauf, dass die Schlussüber- schüsse nicht zu hoch werden, daher stellen wir nur 24 Basispunkte auf das Fondsvermö- gen ein“, erklärt Bader. „Die Schlussüber- schüsse sind Solvenzvermögen, das heißt, sie zählen wirtschaftlich zu den Eigenmitteln“, sagt er. „Wir steuern damit – als Versiche- rungsverein auf Gegenseitigkeit – auch unsere Solvenzquote“, räumt Bader klar ein. Auch die Basler, bei der die Schlussüber- schüsse auch als „Treuebonus“ bezeichnet werden, geht mit dem Thema offen um. „Das Modell einer Schlussüberschuss-Anwartschaft ist für die Basler eine intelligente Lösung“, sagt Marlies Tiedemann, Produktmanagement Leben. Und die Überschüsse kämen schließ- Foto: © Impuls Finanzmanagement AG Thomas Leithoff, Impuls Finanzmanagement: „Schluss- überschüsse sind nicht grundsätzlich schlecht.“ In diesen Kostenarten werden Überschüsse erzielt Überschüsse: Bei Fondspolicen sind ebenso wie bei klassischen Lebensversicherungen Laufzeiten von meh- reren Jahrzehnten vorgesehen. Die Anbieter müssen die mit den Policen verbundenen Kosten auf lange Zeit pla- nen. Daher gehen die meisten Unternehmen vorsichtig vor und veranschlagen die Kosten etwas höher, als es zunächst nötig erscheint. Aus der nicht benötigten Diffe- renz werden Überschüsse gebildet. Diese können in den folgenden Kostenarten erzielt werden. Risikokosten: Werden mit der Fondspolice bestimmte Risiken wie der Todesfall des Versicherungsnehmers oder die Berufsunfähigkeit abgesichert, ergeben sich Risiko- überschüsse, wenn bis Vertragsende weniger Versicherte sterben oder berufsunfähig werden als kalkuliert. Den Kunden stehen 90 Prozent der Risikoüberschüsse zu. Laufende Verwaltungskosten: Beim Versicherer fallen laufende Verwaltungskosten an, die auch als Betakosten bezeichnet werden. Arbeitet das Unternehmen günstiger als kalkuliert, erwirtschaftet es einen Kostenüberschuss. Davon bekommen Kunden 50 Prozent. Anlagekosten: Bei den auch Gammakosten genannten Anlagekosten werden Überschüsse erzielt, wenn eine Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Teil der Bestands- provisionen an den Versicherer rückvergütet. 50 Prozent davon sind dem Kunden gutzuschreiben. 240 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 fonds & versicherung I fondspolicen

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