FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © Proxima Studio | stock.adobe.com G ut Ding will Weile haben, sagt der Volksmund. Dies scheint auch für die säulenübergreifende Renteninforma- tion für jeden Bürger zu gelten, die laut Koa- litionsvertrag noch in dieser Legislaturperiode organisiert werden soll. Doch die nächste Bundestagswahl findet plangemäß schon in zwei Jahren statt – und das Online-Renten- konto scheint in weiter Ferne. Vorarbeiten hatten bereits 2014 begonnen. 2018 berichtete die Deutsche Rentenversiche- rung Bund (DRV), die jährlich rund 40 Mil- lionen Renteninformationen verschickt, die säulenübergreifende Information komme frü- hestens 2019. „Und dann vermutlich nur in einem ersten Teilschritt“, gab sich DRV- Forschungsbereichsleiter Reinhold Thiede zurückhaltend. Er schlug als ersten Schritt den Aufbau eines „Registers“ für Betriebsrenten- anwartschaften vor, sodass dann die Informa- tion zu gesetzlicher Rente und betrieblicher Altersversorgung (bAV) verfügbar wäre. Ins- gesamt sei es aber noch ein weiter Weg, stellte Thiede klar. Er sollte recht behalten. Anfang 2019 dämpfte Konrad Haker die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung. Haker muss es wissen: Er leitet das Referat „Grund- satzfragen der Alterssicherung, Finanzierung der Rentenversicherung“ im Bundesministe- rium für Arbeit und Soziales (BMAS), in dem das entsprechende Forschungsprojekt ange- siedelt ist. Seit März liegt dessen „Konzep- tionsgutachten“ vor, in dem die Gutachter – das Maklerunternehmen Aon und die Univer- sität Ulm – auf 193 Seiten den Weg zum On- line-Konto skizzieren. Resultat: In einer ersten Stufe sollten Informationen der Einrichtungen zusammengefasst werden, die schon regel- mäßig Standmitteilungen versenden. Das sei- en neben der DRV und den Versicherern vor allem bAV-Einrichtungen. Andere Leistungen, zum Beispiel aus der Beamtenversorgung, be- rufsständischen Versorgungswerken und der weiteren betrieblichen und privaten Vorsorge, könnten dann nach und nach ergänzt werden. „Werden die gesetzlichen Voraussetzungen zügig geschaffen, könnte in den nächsten zwei bis drei Jahren ein Pilotprojekt starten“, heißt es von den Gutachtern. Aber Papier ist geduldig. FONDS profes- sionell erkundigte sich im Oktober bei Haker im BMAS nach dem aktuellen Stand. Gibt es schon Lösungen für die erkannten Problem- felder Datensicherheit, Prognose-Vergleich- barkeit, Inflation und Digitalisierung der Ren- teninformation? Das Ministerium verwies lediglich auf die Antwort der Bundesregierung auf eine „Kleine Anfrage“ der FDP vom September. Daraus geht hervor, dass BMAS- Staatssekretär Rolf Schmachtenberg schon im Juni die Vorlage eines Gesetzentwurfs bis Ende 2019 und die Einrichtung einer „Platt- form“ bis 2023 angekündigt hat. Derzeit er- arbeite die Bundesregierung das Grundkon- zept für den ersten Schritt, so Schmachten- berg. Wie lange es noch dauern wird, bis Bür- ger über ihr offizielles Online-Rentenkonto mit zumindest zwei Versorgungsträgern ver- fügen können, steht derzeit in den Sternen. Andere Länder sind weiter Auch in Schweden hat es fünf Jahre gedau- ert, bis die erste Version einer vergleichbaren Rentenübersicht freigeschaltet wurde, berich- tete Anders Lundström, der Geschäftsführer der dortigen Plattform Minpension.se, vor anderthalb Jahren im Gespräch mit FONDS professionell (siehe Ausgabe 2/18, Seite 324). Immerhin hatten die Schweden mit ähnlichen Standards bei Datensicherheit, Online-Identi- fizierung und unabhängigem Plattformbetrieb zu tun. Den Gesamtüberblick zur Renteninfor- mation bieten auch die Niederlande, Belgien und in Ansätzen Großbritannien, aber „deren Rahmenbedingungen weichen stark von unseren ab“, betont Haker. Bedenken wegen Datenschutz sieht er nicht. „Wenn die Nieder- länder das schaffen, für die ja auch die DSGVO gilt, sollte es bei uns auch möglich sein“, sagt er. In den Niederlanden sind 3,1 Millionen Nutzer auf der Plattform registriert. Liefern müssen alle Anbieter staatlicher und betrieblicher Altersvorsorge. In Schweden Wie viel Geld habe ich im Alter zur Verfügung? Das geplante Renteninformations- system der Regierung soll die Antwort liefern. Doch die Umsetzung zieht sich hin. Geduld spiel Noch müssen Verbraucher Zahlen aus mehreren Standmitteilungen zusammentragen, um einen Überblick über ihre Altersvorsorge zu erhalten. Alternativ wenden sie sich an Makler, die auf Prognosetools zurückgreifen können. » Die Renteninformation muss einfach sein und wird schon deswegen › Macken ‹ haben. « Konrad Haker, Bundesministerium für Arbeit und Soziales 258 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 fonds & versicherung I online-rentenkonto
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