FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
können 3,6 Millionen Nutzer des Minpension- Portals individuelle Daten von 30 Vorsorge- anbietern einsehen, die 90 Prozent des Alters- vorsorgekapitals verwalten. Viele offene Fragen Versicherte in Deutschland erhalten bisher einmal im Jahr von jedem Anbieter einzeln eine schriftliche Information zu ihrer Rente. In der sogenannten Standmitteilung listet jeder Versicherer den derzeitigen Anspruch auf. Um einen Eindruck von der gesamten Rentenleis- tung zu bekommen, muss jeder Beschäftigte die Einzelergebnisse zusammenrechnen. Die- se Aufgabe soll künftig das Renteninforma- tionssystem übernehmen. Doch noch ist nicht mal klar, ob als Träger eine neue Institution gegründet werden muss oder eine bestehende die Aufgabe übernehmen kann. Offen ist auch, welche Träger verpflichtet werden, ihre Daten in das System einzuspeisen – und wie sich der Nutzer sicher auf dem Portal authentifizieren kann. Klar ist immerhin schon, dass es digitale Schnittstellen geben wird, über die alle Daten für die künfti- gen Rentner bereitgestellt werden. „Wir können und wollen die Daten aller künftigen Rentner in Deutschland nicht an einem Ort hinterlegen“, sagt Haker. Das kä- me einer Vorratsdatenspeicherung gleich, die in Deutschland verbo- ten ist. Erst wenn ein Nutzer sich mit seiner Identifikationsnummer anmeldet, ruft das System die Daten ab und addiert sie. Wer die Übersicht behalten will, kann sie in eine Datei exportieren oder aus- drucken. Das System speichert sie nicht. Türöffner für Berater Die Renteninformation „muss einfach sein und wird schon deswegen ‚Macken‘ haben“, so Haker. Die Haftung für die Richtigkeit der Information soll ausgeschlossen werden. Kun- den bekämen dennoch eine verlässliche Ren- tenschätzung. Auch Vermittler hätten Vorteile, denn eine solche Gesamtprognose kann als Türöffner für Beratungsgespräche zur Alters- vorsorge dienen. Dafür wäre es gut, wenn künftig auch Wertpapierdepots berücksichtigt würden. Fondsdepots zählt der Gesetzgeber zwar nicht zur Altersvorsorge hinzu, für eine komplette Vermögensübersicht sind die Daten aber wichtig. Versierte Vorsorgeberater warten natürlich nicht bis 2023 oder noch länger, um ihre Kun- den zu sensibilisieren. Schließlich benötigen Makler praktisch für jedes Beratungsgespräch zur Altersvorsorge einen ungefähren Über- blick über die Versorgungsansprüche des Kunden. Dazu gibt es zahlreiche Tools und Programme, die gesetzliche und betriebliche Ansprüche integrieren. Für aufwendigere Be- rechnungen der Versorgungslücke oder eine Ruhestandsplanung können Berater auch ein Honorar oder eine Servicegebühr erheben. Neben die etablierten Rechner von Versi- cherern und Softwarehäusern traten in jüngs- ter Zeit einige Angebote von Start-ups. Im Herbst 2017 startete beispielsweise das Insur- tech Clark sein „Renten-Cockpit“, eine digi- tale Übersicht zu Rentenansprüchen. Im März 2018 folgte die Plattform Fairr.de mit dem „Vorsorge-Cockpit“. Dort lassen sich die gesetzlichen Rentenansprüche und sämtliche betrieblichen und privaten Altersvorsorge- verträge eintragen oder hochladen – und die Versorgungslücke brutto wie netto ermitteln. Hinzu kommen Produktvorschläge, um diese Lücke zu verringern. Dabei werden auch Fonds einbezogen, was das Potenzial von Aktien für die Altersvorsorge verdeutlicht. Aktien für die Altersvorsorge Apropos Aktien: Um deren Potenzial für künftige Rentnergenerationen auszuschöpfen, müsste Deutschland zeitnah ein Ansparver- fahren mit Aktien einführen, empfiehlt eine Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI). „Nur 25 Prozent der Rente werden über das Ansparverfahren finanziert“, kritisiert DAI- Geschäftsführerin Christine Bortenlänger. Dies liegt unter dem OECD-Durchschnitt von 31 Prozent, ganz zu schweigen von Ländern wie Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien, wo der Umlageanteil deutlich niedriger ist als in Deutschland (siehe Grafik). Die Studie offen- bart, dass die in Aktien investier- ten Rentenbeiträge in diesen Län- dern jährliche Erträge bis zu zehn Prozent erwirtschaften. „Da große Teile der arbeitenden Bevölkerung mehr oder weniger verpflichtend in die Altersvorsorge mit Aktien eingebunden werden, kommen den Menschen diese Erträge im Alter zugute“, betont Bortenlänger. DETLEF POHL | FP Foto: © DAI; J. Konrad Schmidt | BMAS Rolf Schmachtenberg, BMAS: „Ein Gesetzentwurf soll bis Ende 2019 fertig sein und die Plattform bis 2023.“ Christine Bortenlänger, DAI: „Nur 25 Prozent der Rente werden über das Ansparverfahren finanziert.“ Wo umverteilt und wo gespart wird Zusammensetzung der Bruttorente (Durchschnittsverdienst) In Ländern wie Großbritannien oder Dänemark kommt ein Großteil der Rente aus angespartem Vermögen – ganz anders als in Deutschland. Quelle: Deutsches Aktieninstitut 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Australien Dänemark Niederlande Großbritannien USA Kanada Schweiz Schweden OECD-Ø Deutschland 75 % 69 % 66 % 57 % 55 % 54 % 42 % 30 % 17 % 25 % 31 % 34 % 43 % 45 % 46 % 58 % 70 % 83 % 100 % Umlageverfahren/Steuerfinanzierung Ansparverfahren Z 260 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 fonds & versicherung I online-rentenkonto
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