FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
zur DIN 77230 auf Wunsch an. Bislang haben wir dazu allerdings nur sehr wenige Anfragen von Banken bekommen.“ Unterschiedlicher Nutzungsgrad Ein genauer Blick auf die Gruppe der DIN- Anwender zeigt, dass es eine unterschiedliche Durchdringung bei Maklern, Banken, Versi- cherern und Vertrieben gibt. „Viele Personen, die gemäß dem Regelwerk ihre Kunden ana- lysieren, stammen aus dem Lager der Makler. Hier gibt es bereits eine gewisse Akzeptanz“, weiß Ajco-Chef Adam. Bei größeren Vertrieben scheint der Stan- dard dagegen nicht zu den Top-Prioritäten zu gehören, wie auch eine Umfrage von FONDS professionell unter rund 20 Fi- nanzdienstleistern zeigt. So setzen die Deutsche Vermögensberatung (DVAG), MLP oder Swiss Life Select nicht auf das Regelwerk (siehe Tabelle rechts). Andere warten die Entwicklung ab. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Banken: Abgesehen von der Deutschen Bank, die derzeit an der Einführung der Norm arbeitet, möchte keine der größeren privaten Banken die DIN einsetzen. Aus dem Sparkassenlager ist Branchenkennern kein Institut bekannt, das die Norm nutzt. Einige kleinere Genos- senschaftsbanken haben die Norm zwar implementiert, größere Institute wie die Frankfurter Volksbank aber nicht. Auch unter den Versicherern gehören hauptsächlich kleinere Häuser zu den Anwendern. Von den größeren hat sich die Allianz gegen die Norm entschieden, an- dere prüfen den Einsatz noch. Immerhin hat sich die Gothaer, die zu den mittelgroßen Ge- sellschaften zählt, für die DIN entschieden. Erklärungsversuche Erkundigt man sich nach den Gründen für diesen Status quo, so bekommt man eine Viel- zahl an Erklärungen. Eine lautet, dass noch nicht alle Softwarehäuser ihre Tools zur Ein- satzreife gebracht haben, sodass die Ge- schäftspartner auch noch nicht loslegen konn- ten. Diese Begründung trifft aber nicht auf die großen Finanzdienstdienstleister zu, die ihre eigene IT-Abteilung programmieren lassen. Daher muss man tiefer bohren. „Die Entschei- dung für oder gegen die Norm lässt sich im- mer darauf zurückführen, ob diese einer Ge- sellschaft nutzt und einen Mehrwert erzeugt, etwa bezogen auf das Image oder vor allem auf eine Steigerung bei den vermittelten Pro- dukten“, sagt Adam (siehe auch FONDS pro- fessionell 1/2019, Seite 246). Bei Maklern sei das recht einfach, insbesondere wenn sie eine Zulassung gemäß Paragraf 34d, 34f und 34i Gewerbeordnung haben. Damit können sie alle Produkte vermitteln, die bei einer Analyse gemäß Norm und der anschließenden Bera- tung als Ergebnis stehen. „Zudem können Makler mit der Norm eine ‚Story‘ für die Ver- mittlung ihrer Produkte erzählen“, so Adam. Bei den Banken stellt sich die Lage anders dar. „Die Transformation der Norm klappt bei vielen Banken nicht, da ihre Produkte in der Normlogik sehr weit hinten angesiedelt sind“, erklärt der Ajco-Geschäftsführer (siehe zum Inhalt der Norm auch FONDS professionell 3/2018 Seite 338). Mit anderen Worten: Es ist unsicher, ob sie nach einer DIN-Analyse ihre hauseigenen Produkte vermitteln können. Hinzu kommen regulatorische und organi- satorische Gründe: „Die Banken sind mit an- deren Dingen beschäftigt“, beobachtet Frank- furt-School-Manager Kohrs. So zwinge das Niedrigzinsumfeld die Institute zwar, das rückläufige Zinsergebnis auszugleichen, etwa durch Vermittlungsprovisionen. Gleichzeitig sei aber die Anlageberatung wegen Mifid II deutlich aufwendiger geworden. „Und die nächsten Themen stehen ja schon vor der Tür“, betont Kohrs, „etwa die Beratung zu Anlageprodukten unter Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten.“ Zudem haben viele Banken ein Analyse- und Beratungs- konzept, das einige Aspekte der DIN be- reits umsetzt – Branchenkenner nennen etwa das Sparkassen-Finanzkonzept. „Un- term Strich: Viele Banken sehen keine Not- wendigkeit für die Norm“, so Kohrs. „Kein Handlungsbedarf“ Diesen Punkt nennen auch viele Vertrie- be. „Seit jeher setzen die Vermögensberater die individuelle Analyse und maßgeschnei- derte Finanzplanung anhand der Lebens- situation ihrer Kunden erfolgreich in der Beratungspraxis ein“, teilt die DVAG mit. Daher sehe das Unternehmen „weiterhin keinen Handlungsbedarf, das Verfahren DIN 77230 in ihr Geschäftsmodell der All- finanzberatung einzubinden“. Andere Ver- triebe äußern sich ähnlich. Hinzu kommt, Foto: © Stephan Wieland; Ajco Andreas Adam, Ajco Solutions: „Die Norm wird bisher nur von wenigen Personen und Gesellschaften genutzt.“ Klaus Möller, Defino: „Die Umstellung der internen Prozesse dauert seine Zeit und kostet Geld.“ So verbreitet ist die DIN 77230 Normanwendung durch ausgewählte Banken, Finanzdienstleister und Versicherer Setzen die Deutsche Bank*, Gothaer*, Finum, Norm um: Formaxx, Mayflower, VPV Allianz, DVAG, Frankfurter Setzen die Norm Volksbank, Hamburger Sparkasse, nicht um: MLP, Swiss Life Select, Targobank Warten die Markt- Commerzbank, Ergo, HDI, entwicklung ab/in OVB, Plansecur, eingehender Prüfung: Santander Bank Die Tabelle zeigt die Ergebnisse einer Umfrage von FONDS pro- fessionell unter rund 20 Unternehmen aus der Branche, ergänzt um eine Internetrecherche. Aus manchen Antworten ging nicht eindeutig hervor, ob die Norm umgesetzt oder dies noch geprüft wird. Die Maklerpools stellen ihren Vermittlern die nötige Soft- ware zur Verfügung oder arbeiten daran. In der Tabelle sind sie nicht aufgeführt, da sie ihren Partnern nicht vorschreiben kön- nen, normgemäß zu analysieren. Jung, DMS & Cie., Qualitypool und die BCA empfehlen die Norm. Auch einige Insurtechs wie Clark und Friendsurance setzen das Regelwerk ein. *Umsetzung wird vorbereitet Quelle: Umfrage der Redaktion unter rund 20 Gesellschaften plus Internetrecherche | Stand: 10/2019 302 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 vertrieb & praxis I finanznorm
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