FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © Marlene Fröhlich für LuxundLumen K aum eine große Bank kommt an der Zusammenarbeit mit Fintechs vorbei. Gemäß demMotto „Koope- rieren statt konkurrieren“ suchen die Geldinstitute auf unterschiedlichen Wegen die Nähe zu den innovativen, aufstreben- den Unternehmen. Die Start-ups sind an solchen Kooperationen durchaus interes- siert, denn trotz allfälliger technischer Vor- sprünge wäre es für die meisten unmög- lich, schnell genug eine ausreichend große Kundenzahl zu gewinnen. Fast noch wichtiger ist in diesem Zusammenhang aber die Erfüllung regulatorischer Vorga- ben. Im Geldgeschäft herrschen strenge Regeln, an deren Einhaltung nicht wenige Newcomer scheitern – laut Beratungsgesell- schaft PwC haben allein in Deutschland seit dem Jahr 2011 mehr als 230 Finanz-Start-ups aufgegeben. Eine Kooperation bietet daher für beide Seiten Vorteile, ist sich auch Joris Hensen sicher, der Gründer und Co-Leiter des Bank-Schnittstellen-Programms „API“ der Deutschen Bank. Dieses Programm der Bank wurde bereits 2015 als Initiative der Tech- nologieabteilung gestartet. Hensen erklärt im Interview, wie die Zusammenarbeit mit Fin- techs in der Praxis aussieht. Herr Hensen, das API-Programm der Deutschen Bank wurde ab 2015 ent- wickelt, eine Schnittstelle für Drittan- bieter gibt es allerdings erst seit 2017. Warum hat dies so lange gedauert? Joris Hensen: Mit unseren Innovation Labs, die es in Berlin, Asien und Amerika gibt, haben wir schon früh angefangen, mit der Start-up-Szene in Kontakt zu treten. Bei den Schnittstellen geht es allerdings darum, sich für Partner zu öffnen und gemeinsam Produk- te zu entwickeln. Am Anfang stand erstmal nur die Idee, in der wir viel Potenzial gesehen haben. Und wir haben im Hintergrund zu- nächst die Voraussetzungen geschaffen, damit Open Banking überhaupt möglich ist, sei es mit einer internen API-Infrastruktur oder mit funktionierenden Prozessen. Zudem haben wir das anfängliche Konzept über einen inter- nen und 2016 dann über einen externen Hackathon marktreif entwickelt. Wesentlich war auch das Onboarding. Es darf kein halbes Jahr dauern, bis ein Partner von der Simula- tionsumgebung auf produktive Daten zugrei- fen kann. Gerade für kleinere Unternehmen wäre das zu lang. Mittlerweile haben wir es geschafft, den Onboarding-Prozess auf unter zwei Wochen zu bekommen. Das alles zu rea- lisieren, dauert natürlich seine Zeit, da unter- schiedlichste Abteilungen Hand in Hand ar- beiten müssen. Vor 2015 und der Zahlungs- diensterichtlinie PSD II konnte zudem kaum jemand etwas mit Begriffen wie „Open Ban- king“ und „Bank as a Service“ anfangen. Durch PSD II sehen wir, dass sich nun auch die Verbraucher stärker mit dem Thema auseinandersetzen und das Interesse ins- gesamt gestiegen ist. Den Testbetrieb mit PSD-II-konformen Schnittstellen müssen alle Banken seit diesem Jahr aufnehmen. Wäre die Öff- nung der Banken in diesem Bereich ohne den Zwang durch PSD II über- haupt möglich gewesen? Die PSD-II-Regulierung stellt für uns nur einen kleinen Teil dieser Entwicklung dar. Unser Anliegen war es immer schon, über den Rahmen der Richtlinie hinauszugehen. Ein vorrangiges Ziel von PSD II bestand auch darin, es Kunden zu ermöglichen, ihre Bankdaten bei einem Wechsel mitneh- men zu können. Betroffen ist dabei allerdings nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der zur Verfügung stehenden Daten. Viele Fintechs brauchen jedoch deutlich mehr Informationen für ihre Lösungen. Über unsere Schnittstelle liefern wir also weitaus mehr Daten und diese über längere historische Zeiträume, als dies durch PSD II verlangt wird. Wir sehen die Öffnung gegenüber den Fintechs und die Angebote, die wir unseren Kunden dadurch machen können, vielmehr als Chance. 2018 vermeldete die Deutsche Bank, sie suche 100 Unternehmen, um die Daten- schnittstelle weiterzuentwickeln. Wie sieht es derzeit aus – mit wie vielen Fin- techs arbeiten Sie aktuell zusammen? Dabei ging es damals um unser API Partner Network. Dieses wurde ins Leben gerufen, um Interessenten möglichst früh miteinzube- ziehen. Das hat uns zunächst viel Aufmerk- samkeit gebracht, und die Resonanz war gut. Mittlerweile haben wir über 3.000 registrierte Entwickler auf unserem Developer Portal. Davon befinden sich zahlreiche Partner im Teststadium, und 26 Partner arbeiten bereits mit Livedaten. Diese bieten Lösungen für Pri- vatkunden, aber auch für den B2B-Bereich an. Das erste Start-up, mit dem wir zusam- mengearbeitet haben, war das Frankfurter Im Gespräch mit FONDS professionell erklärt Joris Hensen , Gründer und Co-Leiter des Bank-Schnittstellen- Programms (API) der Deutschen Bank, in welcher Form das Institut mit Fintechs zusammenarbeitet und welche Leistungen die Bank den Start-ups zur Verfügung stellt. „Wir sehen die Öffnung gegen » Durch PSD II sehen wir, dass sich nun auch die Verbraucher stärker mit dem Thema ausein- andersetzen und das Interesse insgesamt gestiegen ist. « Joris Hensen, Deutsche Bank Joris Hensen Joris Hensen ist verantwortlich für die Entwicklung des API-Programms der Deutschen Bank, das er Anfang 2015 mitbegründet hat. In seiner mehr als zehnjährigen Tätigkeit bei der Bank war er in verschie- denen internationalen Projekten als Projekt- und Innovationsmanager tätig. Im Jahr 2012 erhielt Hensen die Möglichkeit, ein Corporate-Foresight- Programm aufzulegen, in dem Zukunftsszenarien und Innovationsstrategien für die Deutsche Bank ent- wickelt wurden. Ab 2014 war er zudem Gastdozent an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen zu den Themen Zukunftsforschung, Innovation und Design. bank & fonds I joris hensen | deutsche bank 376 www.fondsprofessionell.de | 4/2019
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