FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © estradaanton | stock.adobe.com S chwere Brokatvorhänge säumen die Fenster. Vor den wuchtigen Edelholz- schreibtischen stehen Biedermeier- stühle. An den Wänden hängen Exponate moderner Künstler – von Hans Arp und Pablo Picasso über David Hockney bis hin zu Andy Warhol. Hier, in den Besprechungs- räumen der Privatbank Sal. Oppen- heim in Köln, empfingen die Berater einst ihre wohlhabende rheinische Klientel zum Gespräch über Geld und Geschäft. „Die Kunden verlan- gen dieses Ambiente“, war aus Insti- tutskreisen zu hören. Das 1789 gegründete Institut ist mittlerweile verschwunden. Das auf die vermögende Kundschaft ausge- richtete Geschäft der Banken unter- liegt einem rapiden Wandel. Auf das sich verändernde Umfeld müssen die Private-Banking-Anbieter eingehen, wollen sie bestehen. Doch der Um- bruch birgt auch Chancen. Die Geldhäuser stützten sich im Private Banking einst auf lebens- lange, ja generationenübergreifende Geschäftsbeziehungen zu den Kunden, die ihnen auf Dauer auskömmliche Einnahmen bescherten. Doch immer weniger Vermögen- de möchten ihrem Verwalter auf ewig die Treue halten, zeigt eine Umfrage der Unter- nehmensberatung EY. „Sogar in Deutschland, wo die vermögenden Klienten noch vergleichs- weise loyal sind, wandelt sich das Kundenver- halten“, sagt EY-Berater Sebastian Schaefer, Co-Autor der Studie. So ist unter den deutschen Wealth-Manage- ment-Kunden jeder Dritte bereit, innerhalb der nächsten drei Jahren den Vermögensverwalter zu wechseln, zeigt die EY-Studie. Und immer- hin 37 Prozent der Befragten gaben an, dies in den vergangenen drei Jahren getan zu haben. Europaweit wollen 43 Prozent den Anbieter wechseln, 39 Prozent haben es innerhalb der vergangenen drei Jahre getan. Allein das Drit- tel der Wechselwilligen in Deutschland würde eine enorme Verschiebung verursachen, rech- nen die EY-Autoren vor. Damit würde ein Vermögen in Höhe von 1,7 Billionen US-Dol- lar an neue Betreuer übertragen. Jung und wechselbereit Die Wechselbereitschaft ist unter zwei Gruppen besonders ausgeprägt: den besonders Vermögenden, den sogenannten Ultra-High- Net-Worths (UHNW), und den Jüngeren, also der Generation X sowie den Millennials (sie- he Grafik links). Der Befragung zufolge zei- gen sich 38 Prozent der UHNW-Kunden in Deutschland offen dafür, ihren Verwalter zu tauschen. Im Europa-Schnitt sind es 56 Pro- zent. Die Schweiz erreicht mit 63 Prozent einen Spitzenwert. Zu den Hochver- mögenden zählt EY Menschen mit einem investierbaren Vermögen von mehr als 30 Millionen Dollar. Bei der Wechselbereitschaft der Generation X liegt Deutschland eben- falls mit 35 Prozent unter dem euro- päischen Schnitt von 44 Prozent. Die deutschen Millennials wiederum zei- gen sich genauso wechselwillig wie in Gesamteuropa. Die Experten be- fragten 2.000 Vermögensverwaltungs- klienten in 26 Ländern. In Europa nahmen 500 Kunden teil, allein in Deutschland 150. Befragt wurden Menschen mit einem investierbaren Vermögen ab 250.000 Dollar. Die wachsende Wechselbereitschaft kann einerseits den Bestand eines Anbieters bedrohen, anderseits ergibt Die Deutschen gelten zwar als loyale Private-Banking-Klientel. Ein erheblicher Teil ist aber zum Wechsel bereit – besonders zu bestimmten Anlässen. Offen für Neues Neuer Lebensabschnitt: Hauskauf, Hochzeit oder Nachwuchs können für Wealth-Management-Kunden den Ausschlag geben, sich einen neuen Betreuer zu suchen. Treue Babyboomer Wechselbereitschaft von Vermögensverwaltungskunden Vor allem die jüngeren Generationen zeigen sich offen für einen anderen Anbieter im Wealth Management. Quelle: EY Umfrage 2019 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % Babyboomer (Jahrgang 1946-64) Generation X (Jahrgang 1965-80) Millennials (Jahrgang 1981-97) 38,4 % 38,0 % 44,1 % 35,3 % 28,0 % 21,2 % Deutschland Europa Anteil der Kunden, die in den nächsten drei Jahren Anbieter wechseln würden 380 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 bank & fonds I wealth management
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