FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019
Foto: © vectorfusionart | stock.adobe.com A ngeblich hat jeder Wirt mindestens ein- mal in seinem Berufsleben ein Lokal in die Pleite getrieben. Dieser Gemein- platz weist auf wiederkehrende Versäumnisse hin, aus denen sich Lehren ziehen lassen. Denn ein Kardinalfehler unterläuft Köchen immer wieder: Sie kalkulieren die Preise für ihre Gerichte und Getränke nicht richtig. Statt ihre wahren Kosten zu kennen, orientieren sie sich häufig an der Konkurrenz ums Eck – oder verlassen sich gar gänz- lich aufs Bauchgefühl. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf die Gastronomie. Auch in der Finanzwelt werden die Preise für ein Produkt vor dem Vertriebsstart allzu oft nur über den Daumen ge- peilt. Ausgerechnet im vermeintli- chen Hort des Kaufmannstums, den Sparkassen sowie Volks- und Raiff- eisenbanken, mangelt es einer großen Mehrheit der Institute an interner Übersicht über ihre Aufwendungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Beratungsunter- nehmens Emporias. Demnach haben 72 Prozent der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken keine ge- sicherte Erkenntnis darüber, welche direkten und indirekten Kosten für einzelne Produkte und Prozesse anfallen. Auf Ertragsseite konn- ten sich die Geldhäuser mehr Klarheit ver- schaffen. Die Mehrheit der Banken kann den Anteil eines Produkts am Gesamtdeckungs- beitrag ausweisen. Doch den Instituten fehlen Informationen, wie sich die internen Kosten genau verteilen. „Wenn direkte und indirekte Kosten für ein Produkt nicht durchschaut wer- den, fehlt den Banken ein wichtiges Instru- ment bei der Preisfindung“, sagt Emporias- Geschäftsführer Carsten Jacobi. Teures Netz Eine genaue Kenntnis des anfallenden Auf- wands ist im gegenwärtigen Wettbewerbs- umfeld eigentlich unabdingbar. Denn einge- denk des Niedrigzinsumfelds sowie des wach- senden Konkurrenzdrucks durch Flächen- institute und vor allem durch günstige Direkt- banken und Fintechs schrumpfen die Margen. Derweil beschert der Unterhalt der Filialnetze den Instituten hohe Kosten. Zusätzlich müssen die Banken in die Digitalisierung investieren, wenn sie die junge Zielgruppe nicht vollends verlieren wollen. Ein Blick auf die gesamte deutsche Bank- branche offenbart: Über die vergangenen sie- ben Jahre sinken in der Tendenz – wenngleich unter Schwankungen – die operativen Erträge. Derweil verharren die Aufwendun- gen auf hohem Niveau – gegenüber dem Stand 2011 sind die Kosten gar um sechs Milliarden Euro gestiegen, zeigen Daten der Bundesbank (siehe Grafik links). Ein Stresstest kleinerer und mittel- großer Geldhäuser (Less Significant Institutions) durch die Bundesbank und die Finanzaufsicht Bafin erhärtet diese Sicht. „Der Stresstest 2019 hat unsere Einschätzung bestätigt, dass die Niedrigzinsphase eine erhebliche Herausforderung für die Banken dar- stellt“, sagt Raimund Röseler, der für die Bankenaufsicht zuständige Exe- kutivdirektor der Bafin. Vielen Geldinstituten fehlt der Überblick bei ihren Aufwendungen. Einige Volksbanken und Sparkassen berechnen ihre Preise deshalb nur auf gut Glück. Grob kalkuliert » Wenn direkte und indirekte Kosten für ein Produkt nicht durchschaut werden, fehlt den Banken ein wichtiges Instrument bei der Preisfindung. « Carsten Jacobi, Emporias Hohe Kosten, sinkende Erträge Verwaltungsaufwendungen und operative Erträge deutscher Banken Die Erträge der Banken schrumpfen in der Tendenz. Derweil bekommen die Institute die Kosten nicht in den Griff. Quelle: Bundesbank, Monatsbericht September 2019 0 20 40 60 80 100 120 140 160 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 88,1 Mrd. Euro 120,6 Mrd. Euro 82,0 Mrd. Euro 128,2 Mrd. Euro Allgemeine Verwaltungsaufwendungen Operative Erträge T Mrd. Euro Schwierige Rechnung: Die Einnahmen der Banken schrumpfen, derweil klettern die Kosten. Doch vielen Geldhäusern fehlt der Überblick, welchen Preis sie für ihre Leistungen eigentlich verlangen sollten. 384 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 bank & fonds I produktkosten
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