FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

sätzlich keine zivilrechtlichen Folgen – etwa Ansprüche auf Schadenersatz – ableiten“, so Duncker. DemAnwalt zufolge habe der BGH mit dem Urteil aber klargestellt, dass die Transparenzanforderungen, die das Aufsichts- recht nun flächendeckend bei Vergütungen stellt, zukünftig auch bei der Inhaltsbestim- mung des zivilrechtlichen Beratungsvertrags zu berücksichtigen seien. Der Anleger könne daher nun eine entsprechende Aufklärung im Rahmen des Beratungsvertrags erwarten, betont der Jurist. Keine Aufklärungspflicht über „allgemeine Risiken“ BGH, 9. 5. 2017, Az. II ZR 344/15 § In diesem Streitfall hatte ein Anleger in einen Filmfonds wegen Verletzung der gebotenen Aufklärungspflichten Scha- denersatz gefordert. Eine Verurteilung der Fondsverantwortlichen auf Schadenersatz durch das OLG Naumburg hob das oberste deutsche Gericht dann aber wieder auf. Das Urteil ist im Detail verzwickt, es gibt mehrere interessante Punkte. Anwalt Mertens zufolge ist der folgende Aspekt für Vermittler der wichtigste: Anlegern muss bekannt sein, dass die für eine Beteiligung verantwortlichen Personen pflichtwidrig handeln können und damit den Erfolg eines Investments gefähr- den: „Das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, kann als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden und bedarf grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spe- zifisches Risiko der Kapitalanlage“, schreibt daher der BGH. Vorformulierte Kenntnis- nahmebestätigungen unwirksam BGH, 10. 1. 2019, Az. III ZR 109/17 § Dieser Fall dreht sich um die Investition in einen (geschlossenen) Solarfonds. Diesen hatte der Kläger gezeichnet, spä- ter verlangte er Schadenersatz, weil er über die Risiken der Anlage nicht informiert wor- den sei. Unter anderem habe er den Emis- sionsprospekt erst anlässlich der Zeichnung erhalten. Diese Entscheidung enthält – wie viele aktuelle Urteile – mehrere interessante Aspekte. Der erste ist laut Anwalt Duncker, dass der BGH mit diesem Urteil an seine Ent- scheidung vom Juli 2007 anknüpfte und noch einmal feststellte, dass ein ordentlicher Ver- kaufsprospekt und dessen rechtzeitige Über- gabe an den Kunden genügen kann, um den Part der anlagegerechten Beratung ordnungs- gemäß zu erfüllen: „Die persönliche Aufklä- rungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und ver- standen hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt“, zitiert Duncker aus dem Urteil. Der BGH entschied aber auch, dass vorformulierte Tatsachenbestätigungen, etwa dass Anleger Risikohinweise im Prospekt eines geschlossenen Fonds zur Kenntnis ge- nommen haben, unwirksam sind. Sie halten einer rechtlichen Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stand und ändern die Beweislast zum Nachteil des Anlegers, so die Meinung des zuständigen BGH-Senats. Prospekte sind nicht nur „Papierkram“ BGH, 7. 2. 2019, Az. III ZR 498/1 § Auch das letzte Urteil in dieser Aufzäh- lung dreht sich um die Übergabe von Verkaufsprospekten geschlossener Be- teiligungen an Anleger. Die Vorgeschichte: Ein Anleger hatte 2006/2007 Anteile an einem Schiffsfonds erworben, die sich nicht erwar- tungsgemäß entwickelten. Er verlangte daher von seinem Berater Schadenersatz in Form einer Rückabwicklung, Freistellung von wei- teren finanziellen Nachteilen sowie Feststel- lung des Annahmeverzugs. Zu diesem Zweck zählte er verschiedene Beratungsfehler auf, unter anderem seien ihm die Emissionspro- spekte nicht übergeben worden. Im Prozess- verlauf kam aber heraus, dass der Kläger die Entgegennahme des Prospekts mit der Be- gründung ablehnt hatte, dieser sei „zu dick und zu schwer“ und nur „Papierkram“. Der BGH urteilte, dass daraus aber nicht folgt, dass der Berater aus dem Schneider ist: „Wenn ein Anleger zum Ausdruck bringt, er wolle den Prospekt nicht lesen, liegt darin kein Bera- tungsverzicht. Das Gegenteil ist der Fall. Dann muss die mündliche Beratung gegebe- nenfalls umso intensiver sein. Ein Verweis auf den Prospekt reicht nicht aus“, kommentiert Anwalt Oliver Renner. JENS BREDENBALS | FP Foto: © Kanzlei BMS Fondspolicen als Kapitalanlage? Der BGH fällte in diesem Jahr ein Urteil, das insbeson- dere Vermittler interessieren dürfte, die sowohl eine Er- laubnis gemäß Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) für Fonds als auch gemäß 34d GewO für Versicherun- gen haben (BGH, 10. April 2019, Az. IV ZB 59/18.) Der Fall: Der Kläger hatte Ende 2004 eine fonds- gebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Im Februar 2016 widerrief er den Vertrag und ver- langte die Rückzahlung der eingezahlten Prämien. Dabei setzte er auf die Unterstützung durch eine erst wenige Wochen zuvor abgeschlossene Rechts- schutzversicherung. Doch der Versicherer weigerte sich. Der BGH meinte nun, dass der Versicherer dem Kläger grundsätzlich hätte helfen müssen, denn das Er- eignis falle in die „versicherte Zeit“. Allerdings, und das führt zum eigentlich interessanten Punkt des Entscheids, habe der Rechtsschutzanbieter in seinen Allgemeinen Bedingungen klargestellt, dass bei „Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung“ kein Anspruch auf Versicherungsschutz bestehe. In die- sem Zusammenhang betonte der BGH erneut, dass Fondspolicen unter Umständen eine reine Kapitalanlage sein können. „Danach kann sich auch der Ab- schluss eines Versicherungsvertrags als Anlage- geschäft darstellen, soweit er über eine bloße Risi- koabsicherung hinaus auch der Vermögensbildung dient“, schreibt der BGH. Die Folge für Vermittler: Das Urteil hat Auswirkun- gen für die Beratungspraxis, meint Anwalt Oliver Renner: „Wenn eine fondsgebundene Lebensversi- cherung als Kapitalanlage qualifiziert wird, ändern sich die Maßstäbe der Beratung. Es muss dann zudem auch anleger- und anlagegerecht beraten werden. Die bloßen Maßstäbe des Versicherungsvertragsgesetzes gelten dann gegebenenfalls nicht.“ Das sollten Vermittler immer im Hinterkopf haben, rät der Anwalt. Philipp Mertens, Kanzlei BMS: „Der Bundesgerichtshof hat zur Anlageberatung sicher 1.000 Urteile gefällt.“ 408 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 steuer & recht I ur teile

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=