FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
Weitem nicht so beunruhigt sind hinsichtlich unserer Durationssteuerung oder eines An- stiegs der US-Zinsen, wie wir das noch im vergangenen Jahr waren. Die meisten Inves- toren – ob sie nun im Creditbereich oder auch in anderen Assetklassen unterwegs sind – er- warten einen weiteren Anstieg der amerika- nischen Zinsen, trotz der jüngsten Rally. Was viele erstaunt hat, das ist die stark negative Korrelation zwischen der Entwicklung der US-Zinsen und den Spreads in den Emerging Markets. Der Grund dafür ist eine Art Wachs- tumsfaktor in den USA. Heuser: Was genau muss man darunter verstehen? Durand: Wenn die amerikanische Wirtschaft wächst, dann wirkt sich das positiv auf die Emerging Markets aus, weil damit eine höhe- re Nachfrage nach Rohstoffen und Import- produkten einhergeht. Deshalb bin ich wie gesagt deutlich weniger beunruhigt als im vergangenen Jahr, was aber nicht bedeutet, dass ich die Duration im Portfolio deutlich nach oben gefahren hätte. Man muss die weitere Entwicklung schon sehr gut im Auge behalten. Ed Cowart (Eagle AM, Nordea) : Als Mana- ger für US-Aktien stimme ich eher John Bo- selli zu, der davon gesprochen hat, dass der Tapering-Prozess noch viele Jahre hindurch anhalten wird. Was natürlich gleichzeitig be- deutet, dass die Bilanz der Federal Reserve noch auf Jahre hinaus stark aufgebläht blei- ben wird. Ich erwarte schon, dass der direkte Kauf von Anleihen durch die amerikanische Notenbank in den kommenden Monaten nach und nach zu Ende gehen wird, sodass die in der Regel eben als Quantitative Easing be- zeichneten Ankäufe irgendwann im kom- menden Jahr zu Ende sein werden. Heuser: Aber wie passen eine weiterhin aufgeblähte Notenbankbilanz und ein Ende des Quantitative Easing denn zu- sammen? Cowart : Ganz einfach: Die Fed wird die Anleihen, die sie bereits erworben hat, nicht verkaufen, sondern bis zur Endfälligkeit behalten. Und nicht nur das, sie wird meiner Erwartung nach auch die Erträge daraus wahrscheinlich wieder in neue Papiere anle- gen. Aber wenn Sie mich fragen, muss man keine Angst vor einem Ende des Quantitative Easing haben. Schauen Sie doch nur in die Geschichte, etwa die durchaus erfreu- liche Entwicklung der Aktienmärkte in den neunziger Jahren, als die Bilanz der US-Notenbank deutlich flacher gewesen ist. Oder denken Sie an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, als die Noten- bankbilanz von einem Niveau bei 30 Pro- zent des Bruttoinlandsprodukts auf nur noch fünf Prozent zurückgegangen war. Das Resultat waren ein Boom der Wirt- schaft und ein enormer Anstieg an den Aktienmärkten. Sauren: Und ein gleichzeitiger Anstieg der Zinsen beunruhigt Sie nicht? Cowart: Keineswegs, genauso wenig wie ein Ende des Quantitative Easing beun- ruhigt mich ein Anstieg der Zinsen. Es wird durchaus eine ganze Weile dauern, bis die Zinsen tatsächlich auf ein sehr hohes Niveau steigen werden. Ich gehe davon aus, dass die Verantwortlichen bei der Notenbank die Zinsen zunächst ein- mal eher vorsichtig anheben werden, wahrscheinlich im ersten Quartal des kommenden Jahres. Vorsichtig deshalb, weil Janet Yellen und ihre Mitstreiter die Auswirkungen eines solchen Anstiegs noch nicht wirklich abschätzen können. Dann wird sich die kurzfristige Fed Funds Rate bei ei- nem Niveau von einem Prozent oder leicht darunter bewegen, und zwar für sehr lange Zeit, wenn nicht Jahre. Meiner Meinung nach muss man sich die Entscheidungen von Yel- len wie eine Art spiegelbildliche Entwick- lung zu den Entscheidungen eines Paul Volcker in den späten siebziger und den acht- ziger Jahren vorstellen. Heuser: Das müssten Sie dann doch ein wenig genauer erklären, wie man sich das genau vorzustellen hat. Cowart: In den siebziger Jahren hatten die USA ein durchaus gravierendes Inflations- problem. Es gab verschiedene Wechsel an der Spitze der Notenbank, aber erst Paul Volcker hat dieses Problem schließlich in den Griff bekommen, indem er die Zinsen für eine sehr lange Zeit – deutlich länger, als ir- gend jemand erwartet hätte – auf einem sehr hohen Niveau belassen hat. Das hat schließ- lich dazu geführt, dass die Inflation in den USA für mittlerweile über 30 Jahre besiegt war. Eine ähnliche Maßnahme – nur eben wie gesagt spiegelbildlich – erwarte ich nun von der jetzigen Notenbank-Chefin Janet Yellen, indem sie die Zinsen zunächst zwar leicht anhebt, um sie aber auf diesem Niveau für eine sehr lange Zeit zu belassen. Denn was Yellen und ihre Kollegen sicher nicht wollen, das wäre, noch im Jahr 2015 oder auch 2016 eingestehen zu müssen, dass man die Zinsen zu früh zu stark angehoben hat, und sie dann wieder nach unten korrigieren zu müssen. Allein schon um nicht Gefahr zu laufen, dass es erneut zu deflationären Ten- denzen für die amerikanische Wirtschaft 103 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 John Boselli (Wellington Mngt. Int.): „Wir gehen derzeit von einem weltweiten Wachstum mit einer Rate von zwei bis 2,5 Prozent in den nächsten Jahren aus.“ »Generell gehen wir davon aus, dass der Tapering-Prozess insgesamt durchaus noch eine geraume Weile, um nicht zu sagen noch viele Jahre andauern wird.« John Boselli, Wellington Management International
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