FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

kommen könnte, die meines Erachtens noch nicht endgültig besiegt sind. Heuser: Herr Dowding, wie beurteilen Sie das aktuelle Zinsumfeld? Mark Dowding (BlueBay Asset Manage- ment): Ich bin da eher etwas vorsichtiger mit meinem Ausblick. Aus meiner Sicht erleben wir gerade so etwas wie eine erhöhte Zufrie- denheit über die Marktentwicklung, hervor- gerufen durch die amerikanische Geldpolitik. Meiner Meinung nach sind Zinsen nahe null Prozent eben durchaus keine normale Situa- tion. Die Gründe für dieses niedrige Zins- niveau liegen doch in einer Art Notsituation, aus der heraus dieser Zustand geboren wurde – eine Notsituation, in der sich die Geldpoli- tik wiedergefunden hat. Daher würde ich sagen, dass eine Normalisierung des Zins- niveaus schon lange überfällig ist. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die ame- rikanische Notenbank hier fast schon Gefahr läuft, mit ihren Entscheidungen der Ent- wicklung hinterherzuhinken. Aus diesem Grund bin ich wie gesagt aktuell durchaus erstaunt über diese – ja, ich würde es sogar Selbstzufriedenheit nennen, die wir seit Kur- zem an den Märkten beobachten. Eine Selbstzufriedenheit, die meines Erachtens aus der Wahrnehmung von Janet Yellen als der „Taube aller Tauben“ entstanden ist und die eventuell dann eben doch in den nächsten Wochen oder zumindest bis zum Jahresende korrigiert werden muss. Heuser: Was würde das insgesamt für den weiteren Ankauf von Anleihen durch die Federal Reserve bedeuten? Dowding: Über dieses Thema mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Aus meiner Sicht wird keine der Anleihen, die die US-Notenbank gekauft hat, jemals wieder in den Markt zurückverkauft wer- den. Diese Anleihen werden langsam, sehr langsam verschwinden, indem sie von der Langfristbilanz der Federal Reserve nach und nach sozusagen auf- gesogen werden. Ich bin ohnehin schon seit Langem davon überzeugt, dass es ganz generell eine viel zu hohe Verschul- dung in der Welt gibt. Diese Schulden wird die Welt nur dadurch wieder los- werden, dass Regierungen sie am Ende sozusagen annullieren. Heuser: Was verstehen Sie unter Schulden annullieren? Dowding: Im Grunde verstehe ich darunter die Konsequenz, wie sie sich mit der Zeit aus einer Politik der finanziellen Repression heraus von selbst einstellen wird. Aber ver- stehen Sie mich richtig: Ich bin durchaus nicht pessimistisch im Hinblick auf die wei- tere Entwicklung der Aktienmärkte. Aber die jüngste Entwicklung der Kurse muss meines Erachtens schon zu denken geben, wenn man davon ausgeht, dass wir vor einer Art Wende- punkt im Hinblick auf die weitere Entwick- lung der Geldpolitik stehen. Das macht es für die Notenbank derzeit sicher nicht leicht, ihre Position an den Märkten zu verdeutlichen oder zu kommunizieren. Kushal Kumar (Numen Capital): Dem kann ich nur beipflichten. Die beste Analogie, die mir im Hinblick auf die Situation der Noten- banken in den Sinn kommt, ist die eines klei- nen Kindes, das Fahrrad fahren lernt. Es fährt eine Weile mit diesen Hilfsrädern, muss dann aber an einem bestimmten Punkt auf diese verzichten. Das ist so etwas wie ein Experi- ment, da muss man sehr viel ausprobieren. Und in dieser Situation befindet sich die US- Notenbank derzeit. Wenn es gelingt, das Quantitative Easing behutsam zurückzufah- ren, ohne ein kontinuierliches Weiterwachsen der Wirtschaft zu gefährden, dann wäre das der erste Beweis dafür, dass eine quantitative Lockerung ein durchaus mächtiges Instru- ment ist, die Konjunktur wieder auf einen gesunden Pfad zu bringen. Wenn jedoch das sogenannte Tapering dazu führt, dass das Wachstum der Wirtschaft damit abgewürgt wird, dann wären wir schnell wieder bei Szenarien, in denen es erneut darum geht herauszufinden, wie man dieses Mehr an Schulden möglichst wieder abbauen kann. Als Fondsmanager müssen wir diese Mög- lichkeit durchaus ins Auge fassen und uns fragen: Was wäre denn eigentlich Plan B oder eventuell sogar Plan C, wenn das Zurück- fahren des Quantitative Easing eben nicht funktionieren sollte? Heuser: Kann man in dieser Frage eigent- lich etwas aus der Entwicklung in Japan lernen? Tadahiro Fujimura (Sparx AM, Swisscanto): Dann müsste man zunächst einmal die Frage beantworten, wo Japan eigentlich im Zusam- menhang mit dem Experiment, als das Quan- titative Easing eben beschrieben wurde, ei- gentlich steht, also ob Japan hinter den USA nachhinkt oder es der Entwicklung dort schon weit voraus ist. Für die aktuelle Situa- tion wird man zunächst einmal feststellen müssen, dass Japan weit davon entfernt ist, seine Anleihenkäufe zurückzufahren, son- dern sie eher weiter aufstockt. Das wäre aus meiner Sicht ein durchaus positives Zeichen für die japanischen Unternehmen vor dem Hintergrund eines sich abschwächenden Yen. Aber auch eine Reduzierung der ultralocke- 104 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 cover I sauren golden awards Foto: © Christoph Hemmerich Eckhard Sauren (Sauren Fonds-Service): „Sehr viele Beobachter in Europa gehen davon aus, dass euro- päische Aktien preiswerter sind als amerikanische.“ »Die Wahrnehmung von Janet Yellen als der ›Taube aller Tauben‹, die zuletzt entstanden ist, muss dann eventuell doch in den nächsten Wochen oder zumindest bis zum Jahresende korrigiert werden.« Mark Dowding, BlueBay AM

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