FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
wichtigsten Aspekte, den wir bei unseren Portfolioentscheidungen sehr stark berück- sichtigen, das ist das Thema Produktivität. Und das bezieht sich insbesondere auf zwei Branchen: Dienstleistung und Software. Ent- sprechende Gesellschaften, die es anderen, sowohl kleineren wie auch mittleren und größeren Unternehmen ermöglichen, ihre operativen Kosten zu senken oder ihre Kapi- talkosten zu reduzieren, indem sie ihre Datenverarbeitung auf eine cloudbasierte Lösung umstellen, können aus meiner Sicht sehr attraktive Investments sein, auch in ei- nem weltweit relativ niedrigen Wachstums- umfeld. Sauren: Wenn Sie eben von zwei bis 2,5 Pro- zent für das globale Wachstum ausgegangen sind – wo liegt Ihre Erwartung für die ameri- kanische Konjunktur? Boselli: Deutlich höher auf jeden Fall. Ich bin zwar kein Makroökonom, aber ich würde für die USA von einem Wachstum zwischen 2,5 und drei Prozent ausgehen, und das für eine relativ lange Zeit. Sauren: In diesem Zusammenhang ist viel- leicht ein Blick auf den japanischen Ak- tienmarkt sehr interessant. Herr Fujimu- ra, ich weiß, dass Sie gerade in der jünge- ren Zeit häufiger in andere asiatische Länder gereist sind, um mehr über die dort ansässigen Unternehmen und deren Führung im Vergleich zu Japan zu erfah- ren. Was konnten Sie lernen? Fujimura: Im Prinzip unterscheidet sich die Denkweise in japanischen Unter- nehmen kaum von Firmen in anderen asiatischen Ländern, übrigens auch nicht von der Denkweise in westlichen Staaten. Was mir schon sehr stark aufgefallen ist, das ist eine sehr viel höhere Energie, mit der Unternehmenslenker und auch deren Mitarbeiter in Firmen außerhalb Japans, also in Asien wie auch in Europa und den USA, ihr Geschäft betreiben. Diese Ener- gie hat in Japan in einer nun schon jahr- zehntelangen Zeit der Deflation erheblich gelitten. Das betrifft wirklich alle Aktivi- täten, nicht nur jene im geschäftlichen Betrieb, sondern auch die individuellen Aktivitäten der Menschen in Japan. Ich glaube, wenn wir es in Japan schaffen, diese Gedrücktheit der Menschen auf- zulösen und wieder neue Energien zu ent- falten, dann hat Japan und damit auch die japanischen Unternehmen besonders gute Möglichkeiten, ihr tatsächliches Wachstums- potenzial zu entfalten. Heuser: Das betrifft natürlich mehr die menschliche oder soziale Komponente. Aber glauben Sie wirklich, dass sich damit auch die eher harten wirtschaftlichen Fak- toren und Probleme in den Griff bekom- men lassen? Fujimura: Ganz sicher sogar. Nehmen Sie als Beispiel den immer wieder diskutierten Fak- tor der Unternehmensgewinne im Verhältnis zum Kapitaleinsatz, auch als Return on Equi- ty bezeichnet. Dieser Wert liegt in Japan im Schnitt aktuell bei sieben bis acht Prozent und damit immer niedriger als in den meisten anderen Ländern. Aber auch hierbei spielt die Deflation eine besondere und starke Rolle. Wenn unser Land es schafft, die Entwicklung einer aktuell noch negativen Inflationsrate wieder in Bereiche von plus ein bis zwei Prozent zu steuern, dann würde sich der Return on Equity nahezu von selbst um ein bis zwei Prozentpunkte nach oben bewegen und wäre damit auf einem Niveau von zehn Prozent schon wieder nahezu vergleichbar mit Werten europäischer Länder. Sauren: Wenn wir kurz bei solchen eher weichen Faktoren bleiben, dann wäre meine Frage an Ed Cowart, der auch im vergange- nen Jahr mit hier in dieser Runde saß: Sie ha- ben damals von einem nunmehr bereits fünf Jahre anhaltenden Boom an den Aktien- märkten als einem der meistgehassten ge- sprochen, weil die Menschen viel zu pessi- mistisch seien. Trifft das aus Ihrer Sicht auch heute noch zu? Cowart: Auf jeden Fall. Ganz gleich wo Sie hinschauen, überall dominiert eine extreme Vorsicht, bei Konsumenten, bei Unterneh- men wie auch bei Immobilienkäufern und Börseninvestoren. Letztere legen ihr Geld immer noch lieber in Anleihen an als am Ak- tienmarkt. In all meinen Gesprächen weise ich darauf hin, dass eine Kurskorrektur von zehn Prozent natürlich immer möglich ist, aber dass wir eine solche Korrektur nun seit mehr als tausend Börsentagen nicht mehr erlebt haben. Es wäre vielleicht eine unge- wöhnliche Erscheinung, aber keineswegs eine, wie sie noch nie vorgekommen ist. Ein gewiefter Investor würde eine solche Ent- wicklung eher zum Kauf nutzen in der aktuellen Situation. Denn für einen wirk- lichen Kursabschwung braucht es aus meiner Sicht andere Voraussetzungen, als wir sie an der Börse derzeit vorfinden. Heuser: Welche Voraussetzungen wären das aus Ihrer Sicht? Cowart: Die Geschichte zeigt uns doch, dass es immer gewisse Muster in der Entwicklung der Kapitalmärkte gegeben hat. Für einen Jean-Jacques Durand (Edmond de Rothschild AM): „Wir sind zu der Einschätzung gelangt, dass venezola- nische Anleihen eine durchaus attraktive Chance sind.“ 108 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 cover I sauren golden awards Foto: © Christoph Hemmerich »Für die aktuelle Situation wird man zunächst einmal feststellen müssen, dass Japan weit davon entfernt ist, seine Anleihenkäufe zurückzufahren.« Tadahiro Fujimura, Sparx AM, Swisscanto
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