FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
208 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Dann zahlen sie nichts, während der Honorar- berater einen Stundensatz von oft 150 Euro berechnet. Doch aus Sicht des Beraters spricht genau dieses Argument für die Honorarbera- tung: Er arbeitet – anders als im Provisions- system – nicht mehr umsonst. Rechnet ein Berater auf Stundenbasis ab, wird er von Vertretern des Provisionssystems gern mit dem Verdacht konfrontiert, Stunden schinden zu wollen „Das lässt sich aus Sicht des Kunden nicht völlig ausschließen“, räumt Erol Tezsevin-Weiss ein, Geschäftsführer der Münchner Honorarberatung Consilanto. „Allerdings wäre eine zu viel berechnete Stunde für ihn deutlich günstiger als 2.500 Euro Provision für ein unpassendes Produkt. In der Honorarberatung kaufen Kunden die Sicherheit, eine ehrliche Beratung zu erhalten. Auch die letztlich angebotene Lösung ist effi- zienter als im Provisionssystem.“ Gefestigte Kundenbeziehung Die „ehrliche Beratung“, die Tezsevin- Weiss anspricht, ist wohl das stärkste Argu- ment pro Honorarberatung. Der Berater ver- kauft kein Produkt mehr, sondern sein Know- how. Und der Kunde muss nicht mehr be- fürchten, ein Produkt aufgedrängt zu bekom- men, obwohl er womöglich gar keinen Bedarf hat. Das sollte das Verhältnis zwischen Anle- ger und Berater verbessern, die Kundenbezie- hung festigen – und im Ergebnis für ein sta- bileres Geschäft sorgen. Dennoch wäre es falsch, die Honorarbera- tung als das einzig Wahre zu preisen. „Die Politik tut so, als sei Honorarberatung per se gut und Provisionsberatung per se schlecht“, sagt der Münchner Vermögensverwalter Han- nes Peterreins, der selbst seit vielen Jahren als Honorarberater arbeitet. „Das ist Quatsch. Es gibt gute Beratung auf Provisionsbasis und leider auch den größten Mist gegen Honorar. Entscheidend ist nicht, wie die Beratung finanziert ist, sondern die Moral und die fach- liche Kompetenz des Beraters.“ Selbst wenn sich ein guter Berater nicht vom Zahlungssystem beeinflussen lässt: Die Frage, wie lange er noch gegen Provision ar- beiten kann, muss auch er sich stellen. MiFID II schreibt zwar kein Provisionsverbot vor, es ist dennoch nicht zu übersehen, dass die euro- päische Politik in diese Richtung drängt. „Noch kam die EU-Kommission mit ihrem Wunsch nach einem Provisionsverbot nicht gegen den Widerstand einiger Mitgliedsstaa- ten durch“, sagt ein Mitarbeiter der EU-Kom- mission, der nicht namentlich genannt werden will. „Doch wer den Brüsseler Apparat kennt, weiß, dass er es in einigen Jahren wieder ver- suchen wird – bis er sein Ziel erreicht.“ „Jetzt positionieren“ Auch Unternehmensberater Klimek gibt der Provision in der Anlageberatung keine allzu große Zukunft mehr. „Großbritannien und die Niederlande haben schon ein Verbot erlassen, andere werden nachziehen. Auch der deutsche Gesetzgeber bewegt sich in diese Richtung. Eine reine Produktvermittlung mag es noch eine ganze Weile auf Provisionsbasis geben. Es spricht aber einiges dafür, dass Anlage- beratung in nicht allzu ferner Zukunft auch in Deutschland nur noch gegen Honorar statt- finden wird.“ Klimeks Umfrage zufolge sehen inzwischen 72 Prozent der Finanzberater das Thema Honorarberatung als relevant an, unter den jüngeren Vermittlern bis 49 Jahre sind es sogar 81 Prozent. Fast jeder Dritte von ihnen plant, sein Gebührenmodell zu verändern. Die anderen kann Klimek nur ermuntern, sich ebenfalls mit dem Thema Honorarberatung zu beschäftigen. „Es gilt, sich jetzt für die Zu- kunft zu positionieren“, sagt er. Sonst wankt das Independent-„I“ gewaltig. FP honorarberatung spezial I auftakt ? ! HN Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin Heikler Bezeichnungsschutz: Wer darf sich „Honorarberater“ nennen? Das neue Gesetz bietet Honorarberatern im Wesentlichen einen Bezeichnungsschutz. Wie weit dieser reicht und was das für die Praxis bedeutet, ist allerdings noch offen. FONDS professionell gibt einen Überblick und beleuchtet mögliche Konsequenzen. Zwei Beratertypen: Das Honoraranlageberatungsgesetz, das zum 1. August 2014 seine volle Wirkung entfaltet hat, schafft zwei neue Berufsbilder. Für Honorar-Finanzanla- genberater wurde Paragraf 34h in die Gewerbeordnung (GewO) eingeführt. Sie dürfen wie Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f GewO im Wesentlichen nur zu Invest- mentfonds und Beteiligungsmodellen beraten. Honorar- Anlageberater dagegen können auch zu Wertpapieren wie Aktien oder Anleihen Empfehlungen abgeben. Sie arbeiten in KWG-regulierten Banken oder Vermögensverwaltungen, die der BaFin-Aufsicht unterstehen. Die Behörde trägt die Institute in das neue Honorar-Anlageberatungsregister ein. Beide Beratertypen müssen strenge Auflagen erfüllen. So ist es ihnen beispielsweise grundsätzlich verboten, Zu- wendungen von Dritten anzunehmen. Gibt es ein Produkt nicht ohne Provision, muss sie „unverzüglich nach Erhalt und ungemindert an den Kunden“ ausgekehrt werden. Bezeichnungsschutz: Wesentlicher Lohn der Mühen ist der Bezeichnungsschutz. „Honorar-Finanzanlagenberater“ darf sich bloß nennen, wer eine Zulassung nach Paragraf 34h GewO vorweisen kann. Für den KWG-Bereich wurde Paragraf 36d in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) ein- geführt. So darf die Bezeichnung „Honorar-Anlageberater“ oder „Honorar-Anlageberatung“ nur verwenden, wer im entsprechenden BaFin-Register eingetragen ist. Dies gilt laut Gesetz auch für Begriffe „in abweichender Schreib- weise“ und für „eine Bezeichnung, in der diese Wörter enthalten sind“. Offene Fragen: Weil das Gesetz zunächst nur die Worte „Honorar-Finanzanlagenberater“ und „Honorar-Anlagebe- rater“ schützt, stellt sich die Frage, wer den Ausdruck „Honorarberater“ verwenden darf. Kann sich so zum Bei- spiel auch ein 34f-Vermittler nennen, der mal gegen Pro- vision und mal gegen Honorar arbeitet? Die BaFin, die für die Überwachung des Bezeichnungsschutzes zuständig ist, äußert sich nicht eindeutig. „Ob die Voraussetzungen des Paragraf 36d WpHG erfüllt sind, ist jeweils im Ein- zelfall zu entscheiden“, teilt die Behörde lediglich mit. Klar ist aber, dass einem 34f-„Honorarberater“ Ärger mit Kollegen oder Instituten droht, die sich dem neuen Gesetz unterworfen haben. „Sollte sich ein Anlageberater ‚Hono- rarberater‘ nennen, obwohl er Provisionen einnimmt, kann dies ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Bestim- mungen, zum Beispiel das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, darstellen“, so die BaFin. Freie Finanzberater oder Banken, die nicht unter dem neuen Gesetz arbeiten und auf Nummer sicher gehen wollen, sollten den Aus- druck „Honorarberatung“ also schleunigst von ihrer Web- site tilgen. Einige Anwälte meinen sogar, diese Bezeich- nung sei nur KWG-Instituten vorbehalten. Das hieße, dass sich selbst gewerbliche 34h-Berater nicht „Honorarbe- rater“ nennen dürften. Ob die BaFin oder ein Richter das genauso sehen, ist freilich noch offen. Mögliche Konsequenzen: Wird der Bezeichnungsschutz lax gehandhabt, dürfte sich weiterhin jeder „Honorarbe- rater“ nennen. In diesem Fall hätte man sich das Gesetz wohl sparen können, denn die wenigsten Verbraucher wer- den im Internet gezielt nach einem „Honorar-Anlagebe- rater“ suchen. Legt die BaFin den neuen Paragraf dagegen streng aus, hat auch das eine ungewünschte Nebenwir- kung: Dann könnten mit dem Schlagwort „Honorarbera- tung“ nur noch die neun Institute aus dem BaFin-Register werben. Die Suche nach einem Honorarberater wäre dann deutlich erschwert. Von einer Förderung dieses Vergü- tungssystems, die der Gesetzgeber eigentlich bezweckt hat, könnte dann keine Rede mehr sein. Die BaFin – hier die Niederlassung in Frankfurt – wacht über die Bezeichnung „Honorar-Anlageberatung“.
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