FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen ba- sierende Modell allerdings zu konservativ und hinkt demMarkt hinterher. Galiplan trennt sich von dem verantwortlichen Portfoliomanager und liquidiert den Fonds 2012. „Die fehlenden Einnahmen aus dem Fonds haben wir durch- aus gespürt. Doch zum Honorargedanken passt es einfach nicht, eigene Produkte zu haben“, sagt Lenzenhuber. 90 bis 150 Euro die Stunde In der Vermögensverwaltung zahlen Kunden nun unterm Strich 0,9 Prozent des Depotvolu- mens: Galiplan erhält 1,2 Prozent, die Depot- bank verlangt inklusive aller Transaktionen 0,2 Prozent; davon abgezogen werden die Be- standsprovisionen, die sich im Schnitt auf 0,5 Prozent belaufen. Die Vermö- gensverwaltung macht rund zwei Drittel von Lenzenhubers Geschäft aus, der Rest entfällt auf die Beratung gegen Honorar. Je nachdem, ob ein jün- gerer Mitarbeiter oder er selbst den Kundentermin wahrnimmt, stellt er 90 bis 150 Euro je Stunde in Rechnung. „Ich habe viele Kunden, die sich gut an den Kapitalmärk- ten auskennen und ihr Depot selbst verwalten. Die kommen nur ein- bis zweimal im Jahr, um sich professionelles Feedback geben zu lassen“, sagt Lenzenhu- ber. „Das ist ein klassischer Fall für die Honorarberatung auf Stundenbasis.“ Soll Lenzenhu- ber ein Depot dagegen lau- fend betreuen, schließt er ei- nen Vermögensverwaltungs- vertrag ab. „Ich will nicht bei 80 bis 100 Kunden anrufen müssen, um derenAktienquote im Portfolio anpassen zu können. Das geht nicht ohne Zeitverzug, außer- dem wäre dann jedes Mal ein Beratungsprotokoll nötig.“ In der Honorarberatung geht es nicht immer nur ums Depot. „Ich hatte auch schon ein junges Paar hier sitzen, das wissen wollte, was sich durch die Heirat alles ändert“, sagt Lenzenhuber. Eine andere Mandantin hatte 400.000 Euro ge- erbt und dieses Geld vier Jahre lang auf Festgeldkonten geparkt. „Im Gespräch stellte sich schnell heraus, dass sie eher ängstlich war und keine Ahnung von den Kapitalmärkten hatte. Eine Wertpapiervermögensverwaltung wäre für sie nicht das Richtige gewesen, also habe ich ihr empfohlen, die 400.000 Euro auf den Festgeld- konten zu belassen. Alles andere hätte für diese Mandantin nur großen emotionalen Stress be- deutet. Das ist ein großer Vorteil der Honorar- beratung: Ich kann einem Kunden auch mal sagen, dass er nichts unternehmen soll. Das geht im Provisionssystem nicht.“ Neue Nischen Lenzenhuber hat sich durch die Honorarbe- ratung auch völlig neue Nischen erschlossen. So beauftragte ihn ein Steuerberater, für einen Mandanten, der eine strafbefreiende Selbstan- zeige stellen wollte, die Erträgnisauf- stellungen der vergangenen zehn Jahre für das Finanzamt zu erstel- len. „Das könnte der Steuerberater zwar auch selbst machen, ohne Wertpapier-Know-how ist das aber sehr zeitaufwendig und feh- leranfällig“, sagt Lenzen- huber. Einen ähnlichen Auftrag hätte er früher wohl nicht an Land gezogen: „Der S t eue r be r a t e r nimmt mich als Kollegen wahr, der wie er gegen Honorar arbeitet. Bei einem Provisionsberater hätte er wahrscheinlich Be- denken, ihn mit seinem Mandanten in Kontakt zu bringen, weil er befürchten müsste, dass sein Kunde mit Produktempfehlungen genervt wird.“ Noch schreibt Galiplan mit der Honorarberatung keinen Gewinn. „Wir spü- ren aber, dass bei den Kun- den und in Teilen der Bran- che ein Umdenken stattfindet. Darum wollen wir uns jetzt entsprechend positionieren“, sagt Lenzenhuber. Sein Ziel ist ein kontinuierliches Wachstum, nicht das Mitnehmen diverser Investmenttrends. „Ich habe in der Vergan- genheit selbst einige Hypes mitgemacht. Wer zur richtigen Zeit das richtige Produkt bieten kann, macht ein tolles Geschäft. Bei Managed- Futures-Fonds hatte ich früher zeitweise vier oder fünf Zeichnungen am Tag. Doch das hatte mit Beratung nichts zu tun.“ Bei der Provi- sionsberatung stehe das Produkt im Vorder- grund, da könne sich der Vermittler hinter der Marketing-Story verstecken. „Der Honorar- berater dagegen ist selbst das Produkt.“ 4 | Honorarberaterin Punkt DE Wer von Berlin kommend in Neuenhagen aus der S-Bahn steigt, dem fällt als Erstes die Ruhe auf. Alte Linden säumen das Kopfsteinpflaster. Die weni- gen Leute, die um neun Uhr morgens unterwegs sind, grüßen sich freund- lich. Dass die pulsierende Hauptstadt nur eine halbe Stunde entfernt ist, mag man kaum glau- ben. Claudia Bischof kam 1992 hierher – sie war eine der Ersten aus Westberlin, die sich in den „neuen“ Osten vorwagten. Damals hat sie die ersten zwölf Jahre im Beruf schon hinter sich. Die Diplom-Mathematikerin hatte sich in einer mittelständischen Kanzlei mit Wirt- schaftsprüfern und Steuerberatern zur Bürolei- terin hochgearbeitet, doch mit kleiner Tochter wurde ihr der Job zu stressig. In Neuenhagen sucht sie 1995 nach einer freiberuflichenArbeit und stößt auf eine Stellenanzeige mit dem Stichwort Vermögens- und Liquiditätsplanung. Das spricht sie an. „In der Kanzlei hatten wir viele Mandanten, die mit ihrer Geldanlage auf die Nase gefallen sind“, sagt Bischof. „Ich dachte mir, dass es so weit eigentlich erst gar nicht kommen muss.“ Bischof arbeitet sieben Jahre lang für ver- schiedene Allfinanzvertriebe. „Die Ernüch- terung war groß“, sagt sie. „Bei keinem der Unternehmen stand am Ende der Mensch im Mittelpunkt, sondern es ging vor allem um den Produktverkauf.“ Also zieht sie die Konse- quenzen und macht sich 2002 selbstständig. Insbesondere ihre Finanzplanung kommt gut an. „Ich hatte eine Umsetzungsquote von 90 Prozent“, sagt Bischof. „Ich habe zwar auf Provisionsbasis gearbeitet – damals hatte ich von Honorarberatung noch nichts gehört –, aber ich habe nur Dinge verkauft, die die Kunden auch tatsächlich brauchten.“ 2006 lernt Bischof die Schattenseiten des Provisionssystems kennen. Für einen ver- mögenden Interessenten, der 1,5 Millionen ? HONORAR- BERATUNG ! HN In der Provisionsberatung könne sich ein Vermittler hinter der Marketing-Story für ein Pro- dukt verstecken, meint Max Lenzenhuber von Galiplan. „Der Honorarberater dagegen ist selbst das Produkt.“ honorarberatung spezial I geschäftsmodelle ? ! HN Foto: © Oliver Schmauch 216 www.fondsprofessionell.de | 3/2014
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