FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

226 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 fen getrimmt worden. Es ist gar nicht einfach, das aus den Köpfen herauszubekommen. Bei uns gibt es keine Produkte zu verkaufen, son- dern höchstens ein Konzept.“ Auch wenn die Quirin-Banker ohne Ver- kaufsdruck beraten können: Leistung bringen müssen sie trotzdem. „Ein Berater kann rea- listisch rund 150 Kunden betreuen. Das heißt, dass wir noch etwas Luft nach oben haben“, so Schmidt. Derzeit kommen etwa 100 Kun- den auf jeden Berater. Wer bei Quirin arbeitet, erhält neben seiner Fixvergütung einen Anteil an dem von ihm generierten Honorarvolu- men. Ein Berater, der bei 50 oder 60 Kunden stehen bleibt, wird früher oder später wohl zum Gespräch gebeten. „Wir sind ein Wirt- schaftsunternehmen, das profitabel arbeiten muss“, sagt Schmidt. „Was für die Bank als Ganzes gilt, gilt auch für den einzelnen Bera- ter. Letztendlich muss jeder von ihnen auch für Wachstum sorgen.“ Allzu streng scheint das Regime bei der Quirin Bank aber nicht zu sein: Die Fluktuation der Berater liegt bei unter fünf Prozent. Nicht nur die Berater, auch die Kunden bleiben der Bank in aller Regel treu. „Vier von fünf Klienten empfehlen uns weiter“, sagt Schmidt und verweist auf entsprechende Kun- denumfragen. Der wichtigste Grund für einen Wechsel ist die Unzufriedenheit mit der alten Bank. Bis es so weit kommt, muss allerdings viel passieren, gelten deutsche Bankkunden doch generell als sehr treu. „In Zeiten wie die- sen ist die Wechselbereitschaft noch geringer als ohnehin schon“, berichtet Schmidt. „Denn wenn es an den Kapitalmärkten nach oben geht, hat der Kunde das Gefühl: Es kommt Rendite an. Das reicht ihm oft schon, auch wenn er den Märkten in aller Regel hinterher- hinken wird.“ Ein weiterer Punkt, der das Neugeschäft nicht gerade befeuern wird, ist das generell niedrige Ansehen der Branche. „Wegen der Finanzkrise ist die gesamte Industrie in einem Abfalleimer gelandet. Wir hören oft: ‚Ihr seid doch auch nur eine Bank.‘ Dann müssen wir sagen: ‚Halt! Gib uns fünf Minuten Zeit, um den Unterschied zu erklären!‘“ Dass Quirin nicht so schnell durchstarten konnte, wie sich Schmidt und seine Aktionäre das einst erhofft hatten, hat womöglich einen ganz profanen Grund: Das Institut kämpft in vielen Bereichen mit den gleichen Problemen wie jede andere Bank auch. FP honorarberatung spezial I quirin bank ? ! HN Foto: © Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) „Quirion“: Die neue Onlinevermögensverwaltung der Quirin Bank hat auch Kritiker Wer sein Geld von der Quirin Bank managen lassen möchte, muss dafür keine Niederlassung aufsuchen. Mit „Quirion“ bietet die Bank seit November 2013 eine Ver- mögensverwaltung an, die ganz auf das Internet setzt – und das schon ab 10.000 Euro. „Zielgruppe ist eine neue Generation von Anlegern, die gut informiert und selbst- bestimmt nach einer intelligenten Finanzanlage im Netz sucht“, so Bankchef Karl Matthäus Schmidt. Simpler Ansatz: Wer auf der Quirion-Seite seine Anlage- summe und die gewünschte Zielrendite eingibt, dem wird ein Musterportfolio mit drei möglichen Wertentwicklungs- szenarien vorgestellt. Angezeigt werden auch der maximal mögliche Verlust aus der Vergangenheit sowie die Zeit, die man benötigt hätte, um den Rückgang wieder aufzu- holen. Eine Besonderheit von Quirion: Wer eine explizite Meinung über die zukünftige volkswirtschaftliche Entwick- lung hat, kann sein Portfolio entsprechend aufstellen las- sen. Rechnet der Anleger etwa mit einem Euro-Crash, wird das Depot automatisch mit globalen Anleihen, etwas Gold und Aktien aus den Schwellenländern ausgestattet. Keine Einzelwerte: In den Portfolios finden sich vor allem ETFs und Fonds von Dimensional Fund Advisor, die Anlageklassen noch breiter abdecken als herkömmliche Indexprodukte. Dass Manager durch geschickte Einzeltitelaus- wahl auf Dauer den Markt schlagen können, glaubt Quirin-Chefvolkswirt Philipp Dobbert nicht. „Marktprognosen sind wie das Wahrsa- gen aus der Kristallkugel“, sagt er. Niedrige Kosten: Die jährliche Managementgebühr für die Vermögensverwaltung beträgt lediglich 0,48 Prozent, in der Einführungsphase waren sogar nur 0,38 Prozent fällig. Hinzu kommen noch die Kosten der Produkte in Höhe von durchschnittlich 0,43 Prozent. Damit unterbietet Quirion deutlich die Preise, die in der Branche sonst üblich sind. Auch das Konkurrenzangebot der Comdirect-Tochter Ebase, die gemeinsam mit Financescout 24 eine inter- netbasierte Vermögensverwaltung anbietet, ist teurer. We- gen der geringen Kosten ist eine individuelle Betreuung nicht leistbar – das Geld der Anle- ger fließt vielmehr in standardisierte Strategien. „Bei 0,48 Prozent und einem Anlagevolumen von 10.000 Euro ergibt sich eine jährliche Ge- samtvergütung von 48 Euro“, rechnet Andreas Grünewald, Chef des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter (VuV), vor. „Werden die Nebenkosten mitberücksichtigt, ist auch nur eine Arbeitsstunde eines qualifizierten Dienstleisters kaum profitabel darstellbar. Somit ist es nicht im Ansatz mög- lich, eine individuelle Vermögensverwaltung zu erbringen, die den nötigen Standards entspricht.“ Kritik: Quirion wirbt damit, die erste Honoraranlageplatt- form im Internet zu sein, da sämtliche anfallenden Provi- sionen, Vertriebsgebühren und Kick-backs dem jeweiligen Kundenkonto gutgeschrieben werden. Ob dies ausreicht, um das Etikett „Honorarberatung“ zu tragen, ist jedoch umstritten. Unabhängige Vermögensverwalter bemängeln vor allem die fehlende persönliche Kommunikation mit dem Anleger. Oftmals müssten wichtige Informationen im Gespräch erst „erarbeitet“ werden, weil der Kunde sich über seine persönlichen Anlageziele nicht im Klaren sei und seine Risikobereitschaft über- oder auch unterschätze. „Der Vergabe eines Mandats gehen sinnvollerweise per- sönliche Begegnungen und Gespräche zwischen Kunden und Vermögensverwalter voraus. Dabei können die indi- viduellen Ansprüche erkannt und umgesetzt werden“, sagt Walter Sommer, Geschäftsführer des Vermögensverwalters GS&P Grossbötzl, Schmitz & Partner. „Nur so kann Ver- trauen entstehen und bewahrt bleiben. Dazu braucht es weitaus mehr als einen Animationsfilm und ein paar Mausklicks auf einer Internetseite.“ VuV-Chef Grünewald schließt sich an: „Eine onlinebasierte Beratung zu einer Vermögensverwaltung erscheint allenfalls in Ausnahme- fällen denkbar, denn analog zur Medizin braucht es eine umfassende Anamnese, treffsichere Diagnose und anschließend eine sachgerechte ‚Behandlung‘ – und das im persönlichen, individuellen Austausch. Vertrauen lässt sich nicht vollständig digitalisieren.“ Erste Erfolge: In den ersten sechs Monaten seit dem Start legten 121 Kunden bei Quirion insgesamt 3,5 Millionen Euro an. Das entspricht im Schnitt rund 29.000 Euro pro Kunde. Das zeigt, dass sich dieses und andere vergleich- bare Angebote für aufgeklärte und internetaffine Anleger als kostengünstige Alternative zu einer traditionellen Ver- mögensverwaltung etablieren können. Um Honorarbera- tung im klassischen Sinne handelt es sich aber nicht. Beratung per Telefon: Auch bei Quirion ist eine persön- liche Beratung möglich, wenn auch nur per Telefon. Ein 15-minütiges Gespräch kostet 37,50 Euro. Um die knappe Zeit sinnvoll zu nutzen, gibt der Kunde vorab per Frage- bogen Infos über seine Anlageziele und Wünsche, seinen zeitlichen Horizont sowie seine Wertpapiererfahrungen. Die Nachfrage nach telefonischer Beratung ist jedoch gering: Seit dem Start von Quirion wurde lediglich im Ausmaß von zwei vollen Arbeitstagen telefonisch beraten. Andreas Grünewald, Vorstandsvorsitzender des VuV: „Vertrauen lässt sich nicht vollständig digitalisieren.“ ? HONORAR- BERATUNG ! HN

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