FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
Hans Heuser (FONDS professionell): Das Honoraranlageberatungsgesetz ist nun seit wenigen Wochen in Kraft. Was ist Ihrer Meinung nach das Bemerkenswer- teste an den neuen Regeln? Philipp Mertens (BMS Rechtsanwälte): Ich finde drei Punkte bemerkenswert. Erstens die Tatsache, dass es überhaupt ein Gesetz gibt, das eine Vertriebsart derart prominent regu- liert. Zweitens ist es beachtlich, dass es nun erstmals einen Bezeichnungsschutz für eine Berufsgruppe im Finanzsektor gibt – ein sol- ches Privileg genossen bislang nur Banken und Sparkassen. Dieser Bezeichnungsschutz ist meiner Meinung nach ganz entscheidend, weil er ein echtes Alleinstellungsmerkmal bie- tet. „Vermögensverwalter“ dagegen darf sich bekanntlich jeder nennen. Doch das führt mich gleich zum dritten Punkt: Die BaFin äu- ßert sich bislang nicht klar zur Frage, wie streng sie den Bezeichnungsschutz auslegen wird. Konsequent wäre es, wenn den Begriff Honorarberatung nur verwenden dürfte, wer auch Honoraranlageberatung im Sinne des neuen Gesetzes erbringt. Dazu fehlt aller- dings eine klare Ansage der Aufsicht. Christian Hammer (NFS Netfonds): Ich finde es beachtlich, dass der Gesetzgeber doch eine gewisse Marktkenntnis bewiesen hat. Er hat festgestellt, dass es solche und solche Hono- rarberater gibt. Daher finde ich es nur konse- quent, wenn ein Honorarberater nun über- haupt keine Provision mehr nehmen darf, was in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall war. Die Kehrseite des Gesetzes: Ich hätte mir gewünscht, dass es auch eine Gebührenverordnung gibt, ähnlich wie bei Rechtsanwälten. Das hätte vieles vereinfacht. Thorsten Jehn (Jehn & Kollegen): Grund- sätzlich ist die Idee der Honorarberatung richtig. Das neue Gesetz geht allerdings an der Praxis vorbei. Die meisten freien Finanz- dienstleister und deren Kunden sind auf die Honorarberatung nicht vorbereitet. Da müs- sen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten, bei den Beratern wie bei den Anlegern. Rainer Juretzek (Analytica Finanz): Das Ge- setz ist Stückwerk. Ich habe schon bei den Anhörungen zum Finanzanlagenvermittler- gesetz vorgeschlagen, eine einheitliche Insti- tution für alle aus der Branche zu schaffen, egal ob aus Banken oder dem freien Markt: eine Finanzberaterkammer. Bekommen haben wir stattdessen neue Regeln in der Gewerbe- ordnung (GewO). Im Ergebnis bedeutet das nur Mehraufwand, aber keinerlei Reputa- tionsgewinn. Der neue Paragraf 34h trägt nur zur Zersplitterung des Marktes bei. Der Kun- de weiß nicht mehr, wen er vor sich hat. Oliver Lang (BCA): Dem stimme ich zu. Es ist gut, dass unsere Branche inzwischen vom „Provisionsmodell am Ende Die Diskussionsteilnehmer (v.l.n. r.): Oliver Lang (BCA), Philipp Mertens (BMS Rechtsanwälte und Berufsverband deutscher Honorarberater/BVDH), Thorsten Jehn (Jehn & Kollegen), Christian Hammer (NFS Netfonds Financial Service), Dieter Rauch (VDH und BVDH), Rainer Juretzek (Analytica Finanz und Europäische Akademie für Finanzplanung) 228 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 honorarberatung spezial I roundtable ? ! HN Fotos: © Christoph Hemmerich Der Finanzvertrieb wird sich in den nächsten Jahren weiter professionalisieren. Die Honorarberatung ist nur ein Baustein von vielen. Noch stellen nur wenige Berater ihr Vergütungsmodell um. Doch der Trend nimmt Fahrt auf. »Grundsätzlich ist die Idee der Honorarberatung richtig. Das neue Gesetz geht allerdings an der Praxis vorbei.« Thorsten Jehn, Jehn & Kollegen
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