FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
Regulator Grenzen aufgezeigt bekommt – das gibt Orientierung. Allerdings muss auch der Anleger abgeholt werden, denn der hat keine Orientierung mehr. Betonen möchte ich, dass die Qualität der Beratung nichts mit der Vergütungsform zu tun hat. Es gibt in bei- den Systemen gute und schlechte Berater. Beratung muss auch für Kunden mit geringe- rem Vermögen bezahlbar bleiben. Abgesehen davon unterstützen wir alle Geschäftsmodel- le, egal ob im Maklerpool oder im Haftungs- dach, und prüfen ganz genau, was wir den Honorarberatern anbieten können. Dieter Rauch (VDH): Auch ich bin mit dem Gesetz nicht zu 100 Prozent glücklich. Die Auswirkungen auf den Markt werden eher gering bleiben. Ich habe mich kürzlich auf den Internetseiten einiger mir bekannter Honorarberater umgeschaut. Viele von ihnen sind im 34f geblieben und bezeichnen sich jetzt nicht mehr als Honorarberater, sondern als „Vermögensberater auf Honorarbasis“. Die neuen Regeln bringen eben viele Ein- schränkungen mit sich, denen kaum Vorteile gegenüberstehen. Dennoch muss ich an die- ser Stelle auch mal die eigene Seite kritisie- ren: Wenn schon ein Gesetz eigens für Hono- rarberater geschaffen wurde, dann sollten sich Honorarberater diesem Gesetz auch un- terwerfen. Sonst müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen, jahrelang nur die Rosinen mitgenommen und einen untadeligen Begriff zu Marketingzwecken eingesetzt zu haben – nur um dann zu kneifen, wenn es ernst wird. Mertens: Hätte sich die BaFin von Anfang an klar zum Bezeichnungsschutz geäußert, wäre das Interesse an den neu geschaffenen Be- rufsbildern wohl deutlich größer gewesen. Bernd Mikosch (FONDS professionell): Sind Sie unterm Strich denn froh, dass es das Gesetz gibt? Immerhin wird nun viel über Honorarberatung berichtet, was die Be- kanntheit dieses Modells steigern dürfte. Rauch: Das ist in der Tat ein großer Vorteil. Viele Kunden erfahren nun zum ersten Mal, dass es eine Alternative zum Provisionsmo- dell gibt. Einen Boom der Honorarberatung durch das Gesetz sehe ich allerdings nicht. Lang: Dazu gibt es auch noch zu viele Un- klarheiten. Die Marktteilnehmer müssen erst einmal herausfinden, was noch erlaubt ist und was nicht. Da muss sich die Branche erst noch sortieren. Fakt ist aber, dass die Honorarberatung politisch gewollt und daher entsprechend gefördert wird. Jehn: Entscheidend wird sein, wo die Be- rater, die schon seit zehn oder 20 Jahren im Markt sind, ihre Vorteile als Unternehmer sehen. Aufsichts- rechtlich hat sich seit Beginn 2013 unheimlich viel getan. Die Kunst wird sein, die Geschäfts- modelle an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Der zweite Punkt sind die Bestands- pflegeprovisionen: Wer 20 Millionen Euro Bestand aufgebaut hat, kann davon gut leben. Als Honorarberater darf er die- se Provision nicht mehr nehmen. Die Frage ist: Was ist das Substitut? Eine Lö- sung wäre eine Servicegebühr, doch dann muss der Berater definieren, welche Dienstleistung er dafür erbringt. Rauch: Genau das ist der Haken. Die meisten Berater sind es gewohnt, eine Produktlösung zu bieten. In der Honorar- beratung dagegen spielt das Produkt nur eine nachgeordnete Rolle. 50 Jahre lang fand die Bezahlung aus der Produktver- mittlung statt – das fällt in der Honorarbera- tung weg. Also gilt es, eine neue Dienstleis- tung zu definieren, etwa Financial Planning. Jehn: Kann jemand, der sich mit dem Ver- kauf von Fonds 15 Millionen Euro Bestand aufgebaut hat, künftig Financial Planning anbieten? In den meisten Fällen nicht. Die Politik hat ein Gesetz verabschiedet, ohne sich zu fragen, ob der Markt, für den das Gesetz gemacht wurde, überhaupt die er- wünschte Dienstleistung erbringen kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass es in Summe um 30 bis 40 Milliarden Euro in Fonds geht, die die freien Berater vermittelt haben. Mertens: Wir müssen differenzieren zwi- schen Beratern und Verkäufern. Da gibt es eine große Divergenz im Markt. Vielleicht liegt das Verhältnis bei 20 zu 80, wahrschein- lich ist die Relation noch krasser. Da stellt sich die Frage, ob der Markt überhaupt so viele Produktverkäufer braucht. Die andere Frage aber ist: Wer braucht denn tatsächlich eine fortlaufende Beratung in Finanzdingen? Das sind doch nur ganz wenige Verbraucher. Und diejenigen sind problemlos in der Lage, diese Beratung auch zu bezahlen. Das ma- chen sie in anderen Bereichen ja auch, etwa beim Steuerberater oder Rechtsanwalt. Wer zwei Millionen Euro mitbringt und möchte, dass jemand dieses Depot permanent im Blick behält, bezahlt dafür eben eine laufen- de Gebühr. Es wird aber nicht gelingen, den jetzt bestehenden Verkäufer- und Berater- markt eins zu eins auf einen reinen Berater- markt umzustellen. Das ist nicht darstellbar. Lang: Dann hätten 90 Prozent der Bevölke- rung gar keinen Ansprechpartner mehr für Finanzangelegenheiten. Bei uns bringt der Endkunde im Schnitt eher 20.000 Euro De- potvolumen mit und keine zwei Millionen. Heuser: Was können Sie dem entgegnen, Herr Rauch? 229 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Oliver Lang, BCA: „Es ist gut, dass unsere Branche inzwischen vom Regulator Grenzen aufgezeigt be- kommt – das gibt Orientierung.“ »Wenn schon ein Gesetz eigens für Honorarberater geschaffen wurde, dann sollten sich Honorarberater diesem Gesetz auch unterwerfen.« Dieter Rauch, VDH ? HONORAR- BERATUNG ! HN
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