FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

Kunden, die ihre Geldanlage gewissermaßen selbst in die Hand nehmen, auf der anderen Seite hochprofessionelle Berater. Der Zug fährt schon in diese Richtung, er ist nicht mehr aufzuhalten. Das Mengengeschäft, wie wir es kannten, lässt sich nicht aufrechterhal- ten. Ich vermute, dass bis Ende des Jahres mindestens 10.000 der 34f-Berater aus dem Markt ausscheiden werden, weil sie entweder das nötige Wirtschaftsprüfertestat nicht be- kommen oder merken, dass das Geschäft wegen der höheren Anforderungen und den damit verbundenen Kosten für sie unrentabel geworden ist. Und ehrlich gesagt: Wer nicht weiß, wie man ein vernünftiges Portfolio auf- stellt, hat in diesem Markt nichts verloren. Hammer: Mit Einführung der Paragrafen 34f und h GewO haben wir endlich eine Quali- fizierung in diesem Markt bekommen, eine Mindestnorm. Eines Tages muss der nächste Schritt folgen: Steuerberater und Wirtschafts- prüfer müssen ein Studium abschließen – warum nicht auch ein Finanzberater? Mertens: Die Finanzberaterkammer bleibt dennoch ein Fernziel. Wir dürfen nicht ver- gessen, wo die Branche herkommt. Früher galt doch: Wo kann man ohne Quali- fikation schnell viel Geld verdienen? Mit Drogen, Waffen oder als Finanz- dienstleister. Wir sind nach wie vor damit beschäftigt, solche Leute aus dem Markt zu drängen. Bis man bei einem echten Standesberuf ist, dauert es Jahre. Juretzek: Dem will ich widerspre- chen. Man könnte mit einer Über- gangsregel vorschreiben, dass ab einem bestimmten Stichtag ein Stu- dienabschluss nötig ist. Das hatten wir schon in den 1950er Jahren: Da- mals war ein Dentist ein Handwerker. Der wurde plötzlich – quasi durch Handauflegen – zum Zahnarzt. Alle, die danach kamen, mussten studieren. Auf diesem Weg lässt sich ein Markt sehr schnell professionalisieren. Da- rum an dieser Stelle mein – wirklich ernst gemeinter – Appell an die Bran- che, das Projekt Finanzberaterkam- mer noch einmal anzugehen. Wenn alle Beteiligten an einem Strang zie- hen, lässt sich dieses Ziel erreichen. Herr Mertens, Sie sprachen vorhin vom Unterschied zwischen Beratung und Verkauf. Mit einer strikteren Trennung hätten beide Bereiche ihre Daseinsberechti- gung. Wie wäre es denn, wenn der Vermittler nicht mehr beraten dürfte und der Berater nicht mehr vermitteln? Klare Verhältnisse wie bei Arzt und Apotheker. Der Berater erstellt eine Finanzplanung, mit der der Anleger dann zum professionellen Vermittler geht. Der bekommt den Kunden auf dem Silbertablett geliefert: Er muss keine Geeignetheitsprü- fung oder Risikotragfähigkeitsanalyse mehr machen, sondern sucht nur noch das beste Produkt heraus. In einem solchen System ließen sich Beratung und Vermittlung deutlich effizienter organisieren als heute. Rauch: Meiner Meinung nach bringt das Pro- visionssystem nicht nur Qualitäts-, sondern auch betriebswirtschaftliche Probleme mit sich. Mit Provisionsmodellen können Sie beispielsweise keine Sozietät aufbauen. Wer Angestellte bezahlen muss, braucht stabile Einnahmen. Auf Provisionsbasis können Sie nur ein Heer von Verkäufern beschäftigen, das immer neue Abschlüsse tätigen muss. Auf Honorarbasis dagegen lässt sich ein Unternehmen mit Beratern führen, die den vorhandenen Bestand betreuen, statt immer neue Kunden anzuwerben. Wir haben ja auch das Demografieproblem: Die Kinder, die 1980 nicht geboren wurden, kann ich heute nicht als Neukunden gewinnen. Dazu kom- men aktuelle Entwicklungen wie zuletzt das Lebensversicherungsreformgesetz, das für niedrigere Abschlussprovisionen sorgen wird und damit hoffentlich das leidige Thema der Umdeckungen beendet. Wie man es auch dreht und wendet: Das Provisionsmodell ist am Ende. Hammer: Man muss allerdings aufpassen, dass der Kleinstsparer nicht auf der Strecke bleibt. Die Altersvorsorge ist heute schon eine riesige Herausforderung. Wer gar keine Beratung erfährt, legt auch überhaupt kein Geld mehr zur Seite. Dann wird die Alters- armut zum volkswirtschaftlichen Problem. Dieter Rauch: „Die meisten Berater sind es gewohnt, eine Produktlösung zu bieten. In der Honorarberatung dagegen spielt das Produkt nur eine nachgeordnete Rolle.“ Philipp Mertens, BMS: „Früher galt doch: Wo kann man ohne Qualifikation schnell viel Geld verdienen? Mit Drogen, Waffen oder als Finanzdienstleister.“ Foto: © Christoph Hemmerich honorarberatung spezial I roundtable ? ! HN www.fondsprofessionell.de | 3/2014 232 »Wer nicht weiß, wie man ein vernünftiges Portfolio aufstellt, hat in diesem Markt nichts verloren.« Rainer Juretzek, Analytica Finanz

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