FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
Lang: Oder es kommt ein staatlich verordne- tes Zwangsprodukt, ein Volks-Riester oder ein Volks-Sparplan. Und das kann natürlich auch nicht im Sinne unserer Branche sein. Juretzek: In einer Sozietät könnten auch Menschen mit wenig Geld beraten werden, wenn dort neben einigen Topberatern auch Spezialisten für Baufinanzierung oder Versi- cherungen arbeiten. Die verdienen nicht so viel, also kommt man mit 60 oder 70 Euro die Stunde hin. Betriebswirtschaftlich wäre das machbar. Die Berater fahren nicht mehr zum Kunden raus, sondern der Kunde kommt zu ihnen. Dort müsste es ein Wartezimmer geben, in dem fünf oder sechs Leute sitzen. Mertens: Das Problem ist nur: Die Leute ha- ben keine Schmerzen. Sie gehen zum Arzt, weil ihnen was wehtut. Bei den Finanzen ver- spüren sie höchstens schleichende Schmer- zen. Außerdem ist das Produkt völlig unsexy: Es riecht nicht, es schmeckt nicht und macht auch sonst keinen Spaß. Ohne motivierten Zwischenhändler lässt sich ein solches Pro- dukt nicht zum Kunden bringen. Mikosch: Wie groß ist das Interesse Ihrer Pool- und Haftungsdachpartner an der Honorarberatung denn schon? Hammer: Im Haftungsdach werden an- fangs neun Partner auf Honoraranlagebe- ratung umsteigen – von insgesamt über 280. Das ist eine überschaubare Zahl. Es ist aber nicht zu übersehen, dass die Re- gulierung in diese Richtung geht. Darum ist der Geschäftsbereich für die kommen- den Jahre per se spannend. Im Poolbe- reich kamen bislang sehr wenige Anfra- gen, dennoch werden wir auch dort Ho- norarberater anschließen. Wir rechnen aber nur mit einer einstelligen bis kleinen zweistelligen Zahl von Partnern, die in die Honorarberatung wechseln werden. Im Haftungsdach wird sich da mehr tun, schon wegen der Möglichkeit, Kunden ganzheitlich zu beraten. Gerade vermö- gendere Anleger haben häufig Anleihen, Aktien oder Zertifikate im Depot. Mit Gewerbeerlaubnis kann ich denen nur sa- gen: „Du darfst mir das Geld überweisen, aber beraten darf ich dich dazu nicht.“ Wie soll ich da einen Kunden gewinnen? Lang: In der Bank für Vermögen stehen einige Partner dem Thema sehr positiv gegenüber, daher überlegen wir, eine eigene Haftungsdachstufe für Honorarberater einzu- führen. Im Pool ist auch bei uns die Nachfra- ge sehr gering. Wir werden unsere Partner anschreiben, um das Interesse zu sondieren. Entsprechende Angebote wären für uns mit Investitionen verbunden. Darum kann als Er- gebnis auch stehen, dass wir Honorarberater eventuell an einen anderen Pool weiterleiten. Jehn: Letztlich läuft alles auf die Professio- nalisierung des Beraters hinaus. Das ist schon beim Thema Servicegebühren zu se- hen. Die meisten Finanzdienstleister schlie- ßen nun zum ersten Mal einen Vertrag mit ihren Klienten ab, der Rechte und Pflichten definiert. Die Beziehung zum Kunden wird dadurch erstmals auf eine zivilrechtliche Ba- sis gestellt. Das ist schon ein Quantensprung. Mikosch: Wie können die Pools den Bera- tern denn bei den ersten Schritten hin zur Honorarberatung helfen? Hammer: Unser Job ist zunächst das Back- Office, also etwa die automatisierte Kick- back-Rückerstattung. Darüber hinaus bieten wir Seminare an nach dem Motto: „Lernen von den Besten“. Dort geben erfolgreiche Honorarberater ihr Wissen preis. So erfahren Interessenten, was im Markt funktioniert und was nicht. Wir geben aber nur Ideen weiter, keine vorgefertigten Konzepte. Lang: Die BCA hat einen starken Vertriebs- außendienst, der beim Partner vor Ort schaut, wie wir ihn unterstützen können. Wir bringen die, die es tun, mit denen, die es tun wollen, zusammen. Das ist allerdings eine sehr gra- nulare Arbeit. Wir haben insgesamt 10.000 Finanzdienstleister angebunden. Es wäre sehr schwer, sie alle auf ein neues Vergü- tungsmodell umzustellen. Rauch: Wir haben in den Anfangsjahren des VDH Seminare angeboten, sind damit aber, offen gesagt, gescheitert. Honorarberatung beginnt dort, wo der Standard aufhört. Ein Unternehmen kann seinen Beratern konkret vorschreiben, wie sie Honorarberatung um- zusetzen haben. Als Pool ist das schwierig. Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass man seinen angebundenen Partnern die maxi- male unternehmerische Freiheit geben muss. Das Preismodell etwa muss jeder für sich selbst entwickeln. Jehn: Meiner Erfahrung nach zeigen vor al- lem die eher großen Marktteilnehmer Interes- se an der Honorarberatung – das sind diejeni- gen, die etwas zu verlieren haben. Die wollen von uns wissen, wo die Leitplanken sind, also die aufsichtsrechtlichen und zivilrecht- lichen Grenzen, aber auch mit Blick auf das Geschäftsmodell. Da werden ganz einfache Fragen gestellt wie etwa: „Welchen Stunden- satz muss ich verlangen, um meine Kosten tragen zu können?“ Heuser: Erstaunlich, dass die Berater das nicht wissen. Jehn: Ja. In unserer Branche gibt es viele Selbstständige, aber nur wenige Unternehmer. Heuser/Mikosch: Wir bedanken uns für eine interessante Diskussion! FP Rainer Juretzek: „Wie wäre es denn, wenn der Vermitt- ler nicht mehr beraten dürfte und der Berater nicht mehr vermitteln? Wie bei Arzt und Apotheker.“ 234 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 honorarberatung spezial I roundtable ? ! HN Foto: © Christoph Hemmerich »Man muss aufpassen, dass der Kleinstsparer nicht auf der Strecke bleibt.« Christian Hammer, NFS Netfonds
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