FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

252 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 zwei Fälle im Monat. 2012 sah es nicht viel anders aus. Auch hier gab es nur 74 reguläre Fälle, die an die Stelle herangetragen wurden, aber ein eifriger Anwalt machte auf einen Schlag 781 Eingaben. Ist ein Fall nämlich vor die Ombudsstelle gebracht, zögert das die Verjährung hinaus. Hier wurde die Ombuds- stelle einfach als praktischer Zeitpuffer für den Anwalt benutzt. Das ist aber nicht Sinn und Zweck der Om- budsstelle für Investmentfonds, die am 1. Sep- tember 2011 gegründet wurde. „Die Ombuds- stelle ist Ansprechpartner, wenn Verbraucher im Dialog mit der Gesellschaft keine zufrie- denstellende Lösung finden. Sie können sich dann mit ihremAnliegen an die Ombudsstelle wenden, um das Problem auf einfache und schnelle Weise außergerichtlich zu klären. Das gebührenfreie Verfahren der Ombudsstelle trägt dazu bei, langwierige und teure Gerichts- verfahren zu vermeiden“, heißt es in der Ein- leitung des Tätigkeitsberichts 2012. Offenbar muss unter den Verbrauchern erst noch eine gewisse Streitkultur etabliert werden und auch das Interesse wachsen, damit sie die Stellen tatsächlich in Anspruch nehmen. Ein Grund, warum Verbraucher bisher nicht in viel größerem Umfang Gebrauch von den eigens für sie installierten Streitschlichtern machen, mag sein, dass es eine verwirrend hohe Anzahl von Ombudsstellen mit unter- schiedlichen Verfahrensordnungen gibt. So ist beispielsweise der Ombudsmann für Invest- mentfonds nicht für Beratungsprobleme zu- ständig – es sei denn, die Kapitalverwaltungs- gesellschaft (KVG) hätte den Kunden direkt beraten, was so gut wie nicht vorkommt. Im Gegensatz dazu ist der Ombudsmann für Ver- sicherungen auch für Streitigkeiten zwischen Versicherungsvermittlern oder -beratern und Versicherungsnehmern zuständig. Wann man sich an welche Stelle zu wenden hat, dürfte vielen Verbrauchern nicht klar sein, und dann beauftragen sie lieber gleich einen Anleger- schutzanwalt, der sie eher nicht an eine kos- tenlose Ombudsstelle verweisen wird. Verfahrensordnung geändert Berater könnten hier zur besseren Nutzung der Ombudsstellen beitragen, indem sie ihre Kunden darüber aufklären. Dazu müssen sie aber selbst informiert sein, was durch einen regelmäßigen Blick auf die relevanten Home- pages möglich ist. Dort ist beispielsweise zu lesen, dass im Ja- nuar 2014 die Kompetenz der Ombudsstelle für Investmentfonds erweitert wurde. Zum einen ermöglicht die Verfahrensordnung der Ombudsstelle nun verbindliche Entschei- dungen zugunsten von Verbrauchern. Die Schlichtungsvorschläge des Ombudsmanns können Bindungswirkung gegenüber Gesell- schaften bis zu einem Wert von 10.000 Euro entfalten. Bei Verbraucherbeschwerden, deren Wert über 10.000 Euro hinausgeht oder bei denen der Ombudsmann zu grundsätzlichen Fragen Stellung beziehen muss, gibt er wei- terhin Empfehlungen ab. Außerdem wurde durch die Neuordnung der Verfahrensordnung die Zuständigkeit der Ombudsstelle um Ver- braucherbeschwerden zu geschlossenen Fonds nach dem KAGB erweitert. Zuvor wurden nur Beschwerden zu offenen Fonds ange- nommen. Gut zu wissen ist auch, dass die Schlichter, die sich bewährt haben, bleiben: Anfang Au- gust bestätigte der BVI die beiden Schlichter seiner Ombudsstelle, Dr. h.c. Gerd Nobbe (ehemals Vorsitzender Richter am Bundesge- richtshof) und Wolfgang Arenhövel (ehemals Präsident des Hanseatischen Oberlandesge- richts in Bremen). Ihr Mandat wurde um wei- tere drei Jahre bis 2017 verlängert. Die Fälle, die an die Schlichtungsstelle her- angetragen wurden, konzentrierten sich im ersten Rumpfgeschäftsjahr 2011 sowie in den Jahren 2012 und 2013 überwiegend auf Streitigkeiten rund um die Schließung von of- fenen Immobilienfonds (OIFs). Diese Welle ist nun vorüber. „Die Fälle sind mittlerweile bunt gemischt und reichen von Beschwerden wegen der Performance eines Geldmarktfonds in der Finanzkrise über Fondsumschichtungen und Kosten bei Riesterverträgen bis hin zu Problemen bei der Verwaltung von Fonds- depots“, erklärt Timm Sachse, Leiter des Büros der Ombudsstelle des BVI, und gibt ein Beispiel: „Kürzlich beschwerte sich ein Pensionär bitter über die besseren Kondi- tionen einer Fondsgesellschaft bei der On- line-Depotführung. Das sei Altersdiskrimi- nierung. Der Ombudsmann hat das anders gesehen.“ FP vertrieb & praxis I ombudsstelle Foto: © Sachse, DOMCURAI Christian Legien, DOMCURA: „Ich sehe kein Potenzial für Prämienreduktionen bei den VSH-Versicherungen.“ Timm Sachse, Ombudsstelle für Investmentfonds: „Die Fälle, die hier landen, sind mittlerweile bunt gemischt.“ Beschwerden der Ombudsstelle für Investmentfonds im Überblick: Zeitraum 2011 2012 2013 1. Halbjahr 2014 Beschwerden 93* 924** 74 41 Im Kalenderjahr 2012 gab es bei der Ombudsstelle für Investmentfonds insgesamt 924 schriftliche Eingaben, von denen 855 in die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle fielen. Diese 855 Eingaben unterteilen sich in 74 reguläre Ein- gaben und in 781 Einzelanträge zu einem Immobilienfonds, die gegen Ende des Jahres von einer Rechtsanwalts- kanzlei eingereicht wurden. Aus verfahrensökonomischen Gründen hat der Ombudsmann diese miteinander verbun- den und gemeinsam verhandelt (Verbundverfahren). Allerdings wirbelten diese 781 Anträge die Statistik für das Jahr 2012 kräftig durcheinander. Ohne dieses Verbundverfahren betrafen im Jahr 2012 rund 70 Prozent der produktbe- zogenen Streitigkeiten offene Immobilienfonds, 20 Prozent Aktienfonds und je 2,5 Prozent Renten-, Geldmarkt-, Hybrid- und Mischfonds. *Rumpfgeschäftsjahr vom 1. 9. – 31. 12. 2011 | **Vor Sondereffekten (Sammelverfahren mit über 781 Beschwerden) Quelle: Ombudsstelle für Investmentfonds

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