FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

D er Einstieg von Standard & Poor’s (S&P) ehemaligem Deutschland-Chef Torsten Hinrichs als CEO bei Scope ist ein Signal. Die Ratingagentur will wachsen, und zwar kräftig. Auch die Stoß- richtung ist dabei klar. Im Fahrwasser der großen US- Agenturen will sich das Berliner Unternehmen als die europäische Ratingalternative eta- blieren. Die aktuelle Offensive ist nicht der erste Versuch in diese Richtung, aber einer, den man erst- mals ernst nehmen muss. Dass da ein kleiner Konkurrent zumAngriff bläst, haben Fitch, Moody’s und S&P bereits zu spüren bekommen, denn etli- che ihrer früheren Mitarbeiter haben inzwi- schen bei Scope in führenden Positionen an- geheuert. Der Aufstieg zur Full- Service-Agentur kann nur mit erfahrenen Leuten gelingen, und deren Expertise kann eigentlich nur von den Marktfüh- rern kommen. Da bildet der neue CEO keine Ausnahme, auch wenn Hinrichs seinem alten Arbeitgeber schon Anfang Januar den Rücken gekehrt hat. An- geblich passierte dies, „um sich neue berufliche Herausforderungen zu suchen“, wie die FAZ damals schrieb. Dass der Mann, der mehr als 15 Jahre lang das Frankfurter Büro der größten R a t i n g - agentur der Welt leitete, ausgerechnet bei Sco- pe fündig wurde, ist ein Coup für die Berliner. Gemessen am Marktanteil ist der Wechsel von Frankfurt in die Hauptstadt allerdings ein Abstieg. Auf Basis der Umsatzerlöse entfallen 34,61 Prozent des europäischen Rating- geschäfts auf S&P. Für Scope weist die Sta- tistik der Wertpapieraufsicht ESMA einen Marktanteil von lediglich 0,10 Prozent aus. Nur fünf der 22 ESMA-registrierten Agentu- ren sind noch kleiner (siehe Grafik). Hier muss man schon einige Fantasie mitbringen, um an das große Ziel zu glauben. „Das Wich- tigste ist, dass ich bei Scope im Vergleich zu anderen Agenturen in Europa eine schlüssige Strategie sehe, die es in meinen Augen wirk- lich ermöglicht, Scope zu einer echten euro- päischen Ratingagentur und europäischen Alternative zu den nordamerikanischen Ratingagenturen aufzubauen“, so Hinrichs Anfang September im Interview mit FONDS professionell ONLINE. Wechselvolle Geschichte Dabei ist der Wunsch, Scope als Gegenge- wicht zur Ratingdominanz der großen US- Agenturen in Stellung zu bringen, praktisch so alt wie das Unternehmen selbst. Dass man bislang daran gescheitert ist, liegt nicht zuletzt an der eigenen wechselvollen Geschichte, die – gekennzeichnet von Rückschlägen und einem handfesten Skandal – 2002 sogar mit einer Pleite begann und 2006 fast ein jähes Ende gefunden hätte (siehe Kasten auf der nächsten Seite). Auch Hinrichs dürf- te diese Entwicklung verfolgt ha- ben. Mag sein, dass ihn das Ange- bot einer direkten Beteiligung an Scope motiviert hat. Laut Scope- Gründer Florian Schoeller ist der neue CEO auch Aktionär der Muttergesellschaft Scope Corpo- ration AG (siehe Interview ab Seite 256). Zeitpunkt gut gewählt? So gesehen ist der Zeit- punkt von Hinrichs Wechsel gar weise gewählt. Die Torsten Hinrichs, Scope: „Ich sehe im Vergleich zu anderen Agenturen in Europa eine schlüssige Strategie.“ vertrieb & praxis I scope 254 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Foto: © Scope Unter der Führung von Ex-S&P-Mann Torsten Hinrichs unternimmt die Ratingagentur Scope einmal mehr den Versuch, in Europa Fuß zu fassen. Neue Spitze, alter Traum Marktanteile der Ratingagenturen in Europa 1. Economist Intelligence 4,65 % 2. Cerved Group 2,60 % 3. DBRS Ratings 0,97 % 4. Feri Euro Rating Services 0,81 % 5. ICAP Group 0,77 % 6. AM Best Europe-Rating 0,72 % 7. Creditreform Rating 0,49 % 8. Axesor 0,39 % 9. CRIF 0,34 % 10. GBB-Rating 0,33 % Quelle: ESMA, Stand 2014 Moody's 34,75% Standard & Poor's 34,61% Fitch 17,66 % 12,88 % Scope Ratings 0,1 % Rest (18 Rating- agenturen ø 0,72 %) Die Top 10 der „Kleinen“ Für Scope Ratings weist die Statistik der Wertpa- pieraufsicht ESMA einen Marktanteil in Europa von lediglich 0,10 Prozent aus. Nur fünf der 22 ES- MA-registrierten Agentu- ren sind noch kleiner.

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