FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

Chancen von Scope im Kampf um die Vor- machtstellung unter den europäischen Ra- tingagenturen sind zumindest gestiegen. Erst im vergangenen Jahr ist das medial vielbe- achtete Projekt einer europäischen Rating- agentur an der Finanzierung gescheitert. Dem Ex-Roland-Berger-Manager Markus Krall war es nicht gelungen, im Markt die für den Start benötigten 300 Millionen Euro einzuwerben. Angesichts solcher Dimensionen stellt sich die Frage, wie schlagkräftig Scope in finanzieller Hinsicht ist. Schon einmal, im Jahr 2006, musste man das eigene Geschäftsmodell massiv konsolidieren. Nach umstrittenen Verkaufsempfehlungen für einige offene Immobilienfonds war man in der Branche erheblich unter Beschuss ge- raten. In dieser Phase hatten sowohl Scopes Strukturen als auch die Kapitalausstattung dem rasanten Wachstum der Anfangsjahre nicht standgehalten, wie Florian Schoeller später in einem Interview mit FONDS pro- fessionell einräumte. Daraus hat man offensichtlich Lehren gezogen. Um den internationalen Wachs- tumskurs zu finanzieren, strebt Scope nach einer ersten Kapitalerhöhung Ende 2013 derzeit eine weitere Finanzierungsrunde an. Dem Vernehmen nach geht es zumindest um mehrere Millionen Euro, die überwiegend von Privatinvestoren zur Verfügung gestellt werden. Wer sich hier engagiert, darüber hüllt sich Florian Schoeller, der selbst größ- ter Stakeholder bleibt, in Schweigen. Füh- rende und bekannte Persönlichkeiten aus der europäischen Industrie und aus dem Finanz- wesen sollen darunter sein. Schoeller, der Scope mit nur 28 Jahren gegründet hat, übernimmt künftig den Vor- sitz im Aufsichtsrat. Die operative Leitung liegt in Torsten Hinrichs Händen, der nicht zuletzt Schoellers lang gehegten Traum von Europas führender Ratingagentur erfüllen soll. Ob am Ende tatsächlich der große Wurf gelingt, wird man sehen. Dass Scope, deren Heimatmarkt immerhin zu den größten Finanzplätzen der Welt zählt, künftig auch international eine stärkere Rolle im Rating- geschäft spielt, wäre zumindest aus deut- scher Sicht wünschenswert. FP 255 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Die Geschichte von Scope 2002: Die Fondscope AG, ein Start-up der Bankgesell- schaft Berlin und Vorläufer von Scope, rutscht nach einer geplatzten Finanzierungsrunde in die Zahlungsunfähigkeit. Das Geschäftsmodell sieht neben dem Vertrieb von geschlossenen Fonds auch deren Analyse vor, was auf Kritik wegen fehlender Neutralität stößt. Das Bewer- tungssystem hat Textilmaschinenfabrikant Manfred Schoeller entwickelt, Vater von Fondscope-Vorstand Florian Schoeller. Mithilfe privater Investoren gründen Schoeller Junior und Vorstandskollege Martin Witt die Fondscope GmbH, die alle Rechte an der AG erwirbt und das Geschäft fortführt. 2003: Fondscope erzielt erstmals Gewinn. 2004: Fondscope benennt sich in Scope Group Holding GmbH um, gliedert Geschäftsbereiche in Tochtergesell- schaften aus und kündigt das Rating offener Immobilien- fonds an. Nach Frankfurt wird auch in New York ein Büro eröffnet, da Scope das Qualitätsrating für US-Settlement- Companies startet. Im Früh- jahr heuert Alexandra Merz, ehemals Analystin für offe- ne Immobilienfonds bei Moody’s, bei Scope an. Zwischen 2002 und 2004 hatte Moody’s im Auftrag des BVI Ratings für offene Immobilienfonds erstellt. 2005: Nachdem Scope im Dezember 2004 das Rating des SEB Immoinvest auf die Watchlist mit negativem Ausblick gesetzt hatte, es- kaliert ein Streit mit der Geschäftsführerin der SEB- Immobilien-Investment, Barbara Knoflach, die gegen Scope und deren Analystin Alexandra Merz eine einstwei- lige Verfügung erwirkt. Im Markt gibt es vereinzelt Kritik am Scope-Rating. Im selben Jahr veröffentlicht die Agen- tur zunächst ein neuartiges Rating für Aktienfonds, später auch für Dachfonds und steigt auch in die Bewertung von Zertifikaten und deren Emittenten ein. 2006: Eine umstrittenene Verkaufsempfehlung für zwei offene Immobilienfonds von KanAM führen Anfang des Jahres innerhalb von 48 Stunden zu Abflüssen von 800 Millionen Euro und zur vorübergehenden Schließung der Fonds. Scope sieht sich massiver Kritik aus der gesamten Branche ausgesetzt, die die Existenz der Ratingagentur bedrohen. Im Mai verlässt Immobilienfondsanalystin Alexandra Merz das Unternehmen. Florian Schoeller kün- digt eine Umstrukturierung und eine privat finanzierte Kapitalerhöhung von mehr als einer halben Million Euro an. Von sieben Konzerngesellschaften bleiben am Ende nur noch zwei übrig. 2006: Rückschlag für Scope. Die gemeinsam mit der Börse Düsseldorf entwickelte Handels- und Informa- tionsplattform GEFOX wird mangels Nachfrage eingestellt. Auch das Rating für Aktien- und Rentenfonds wird ein- gestellt. 2009: Scope erweitert sein Ratingangebot um ETFs. 2011: Die Berliner steigen ins Rating für vermögensver- waltende Fonds und deren Anbieter ein. Bis heute wurde nur eine Handvoll Produkte und Gesellschaften bewertet. 2012: Mit der Übernahme des Mitbewerbers PSR Rating baut Scope als drittes Geschäftsfeld neben dem Invest- ment- und dem Management-Rating das Credit Rating auf. Der Kauf ebnet den Weg zu einer europäischen Ratingagentur mit Akkreditierung bei der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA. 2013: Mit „Structured Finance“ wird ein weiteres neues Rating-Segment erschlossen. Die Scope Holding GmbH wird in die Scope Corporation AG um- gewandelt. 2014: Als bislang letztes Ge- schäftsfeld werden im Frühjahr erstmals Ratings für Banken (Fi- nancial Institutions) vorgestellt. Das dafür zuständige Team ope- riert von London aus. Im Septem- ber übernimmt Torsten Hinrichs, der ehemalige Deutschland-Chef von Standard & Poor’s, die Posi- tion des CEO der Scope Ratings AG. Florian Schoeller wechselt in den Aufsichtsrat. Standorte: Berlin und London Mitarbeiter: 60 Anzahl ratings: Emittent/Produkt Financial Institutions: 20/629 Corporates: insgesamt 35 Structured & Project Finance: 9 Alternative Inv. Funds: 1.530 Quelle: Scope, eigene Recherchen; Stand 2013/2014 SCopE CoRpoRATIoN AG Vorstand (CEO): Florian Schoeller / Bereichsvorstand: Torsten Hinrichs EigEntümEr / AktiOnärE: 79,56 % Schoeller Corporation GmbH (Eigentümer Florian Schoeller) 12,50 % Thomas Morgenstern (inzw. übernommen von F. Schoeller) 5,00 % Dr. Peter Gloystein (Unternehmensberater) 2,94 % Canzler Beteiligungsgesellschaft (Sebastian Canzler) Scope Ratings AG Vorstand: T. Hinrichs Aufsichtsrat: F. Schoeller EigEntümEr: 100 % Scope Corporation AG Scope Capital Services GmbH Geschäftsführer: F. Schoeller EigEntümEr: Scope Corporation AG Scope Analysis GmbH Geschäftsführer: F. Schoeller EigEntümEr: Scope Corporation AG Die Scope-Fakten

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