FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

295 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 So schätzen die Maklerpools die Auswirkungen des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) ein Oliver Lang, BCA: „Einige durch das LVRG angestoßene Veränderungen werden zu vehementen Konsequenzen in der Maklerbranche führen. Etwa die gesetzliche Intention, wonach Versicherer ihre Vertriebskosten senken sollen, oder die voraussichtlich sinkende Nachfrage nach klas- sischen Lebensversicherungsprodukten ab 2015. Da sich die Versicherungsgesellschaften mit Bezug auf die kon- kreten LVRG-Auswirkungen derzeit selbst noch in der Analysephase befinden, ist es noch zu früh, um die Aus- wirkungen zur Gänze abschätzen zu können. Erste Gesprä- che mit Anbietern zeigen aber, dass wir voraussichtlich nicht von einer Veränderung des Gesamtniveaus der Vergütung ausgehen müssen, sondern vielmehr von einer Reduzierung der einmaligen Abschluss- hin zu einer Stärkung der Bestandsprovisionen.“ Oliver Drewes, Maxpool: „Durch die Reduzierung der bilanziell absetzbaren Ab- schlussprovision wurde ein Eingriff vorgenommen, der aus meiner Sicht schlicht- weg zu weit geht. Diese recht deutliche Veränderung wird Maklerbetriebe sicher strapazieren. Allerdings glaube ich daran, dass unabhängige Makler auch mit diesem neuen Problem zurechtkommen werden. Aktuell traut sich kaum ein Ver- sicherer aus der Deckung, sodass die Aussagen über künftige Vergütungen bislang wenig konkret sind. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Provisionsumsätze der Branche 2015 insgesamt sinken werden. Ich glaube nicht an das große ,Maklersterben‘, von dem aktuell viel zu lesen ist. Allerdings ist die Frage aus meiner Sicht nicht nur mit Schwarz oder Weiß zu beantworten. Sicherlich wird es auch einzelne Makler geben, die ihren Geschäfts- betrieb einstellen, fusionieren oder dergleichen. Bestimmt wird es auch gewisse Verschiebungen in den Sparten und in den Produkten der Altersversorgung geben.“ Boris Beermann, Amexpool: „Das LVRG selbst tangiert uns nur am Rande, da wir zu 90 Prozent im Kompo- sitgeschäft tätig sind. Jene Kollegen, die bisher von den ,hohen‘ Abschluss- provisionen gelebt haben, werden ihr Geschäftsmodell aber kurzfristig umstellen und andere Versicherungs- sparten aufnehmen müssen. Gerade im Kompositgeschäft nimmt der Wettbewerb schon jetzt spürbar zu.“ Oliver Pradetto, Blau Direkt: „Das Gesetz stellt die Branche vor sehr große Herausforderungen, weil die Einmalvergü- tung in der Vergangenheit überhaupt erst den Neueinstieg von Vermittlern möglich gemacht hat. Die Branche wird Antworten darauf finden müssen, wie sie das Problem löst, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern. Ich bin mir sicher, dass die Lebensversicherer bei dieser Aufgabe ebenso versagen werden wie bei allen marktstrategischen Entscheidungen der letzten Jahre. Der Maklervertrieb wird sich entsprechend kon- solidieren und eigene Lösun- gen finden müssen. Für schätzungsweise 30 Prozent der heutigen Makler wird es den ausschlaggebenden Schlusspunkt setzen, sich beruflich umzuorientieren. Die Ausschließlichkeitsorga- nisationen der Lebensversicherer werden meines Erach- tens nach nicht vom LVRG profitieren. Der Gesetzgeber ist glücklicherweise nicht den Vorstellungen des GDV ge- folgt. Nun versucht man es durch eine Novellierung des Versicherungsaufsichtsgesetzes durch die Hintertür erneut. Sebastian Grabmaier, Jung, DMS & Cie.: „Der Makler- vertrieb wäre von einer Reduzierung der Abschluss- courtagen stärker betroffen als die Ausschließlichkeit, da die Vermittler in der Ausschließlichkeit neben der Vergü- tung in Geld an vielen Stellen von ihrem exklusiven Pro- duktgeber unterstützt werden. Es wird sich jetzt also zei- gen, welche Versicherer auch in Zukunft auf den Makler- vertrieb setzen und weiterhin angemessene Courtagen zahlen. Durch die Reduzierung der Garantieverzinsung rechnen wir mit einem anziehenden Jahresendgeschäft, weil es für fast alle Kunden attraktiver ist, noch 2014 ab- zuschließen. Die konkreten Auswirkungen auf unser Ge- schäftsmodell wird man dann erst sehen, wenn konkrete Courtageregelungen mit Beginn 2015 feststehen. Am Be- darf der Kunden an Altersvorsorgelösungen ändert sich durch das LVRG nichts, damit bleibt das Absatzpotenzial der Lebensversicherung unverändert. Da sich aber zum einen verunsicherte aktive Makler aus der Lebensversi- cherung zurückziehen und aufgrund reduzierter Abschluss- courtagen ein Markteintritt für junge Makler immer schwieriger wird, wird die Zahl der LV-Versicherungsver- mittler und Makler zurückgehen. Makler sollten bereits heute ihr Geschäftsmodell auf verschiedene Standbeine stellen, um Einbußen im Bereich Leben zu kompensieren. Ein großer Sachbestand liefert beispielsweise kontinuier- liche Einnahmen.“ Markus Kiner, Fonds Finanz: „Die Versicherer werden die Abschlusskosten in Zukunft anders verteilen als bisher. Der Maklervertrieb muss sich also auf diese neuen Model- le einrichten. Entscheidend ist letztlich jedoch, dass die Gesellschaften mit ihren Pro- dukten aus dem Lebensver- sicherungsbereich auch noch nach dem 1. Januar 2015 Umsatz erzielen möchten. Dafür brauchen sie die freien Vermittler und müssen diese auch künftig adäquat entlohnen. Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl an Regulierungen in beinahe allen Bereichen unserer Branche erlebt – und jedes Mal wurde dem Maklervertrieb eine schwarze Zukunft prophezeit. Fakt ist, heute gibt es immer noch eine Vielzahl freier Vermittler und eine ganze Reihe an Maklerpools. Ich bin daher auch beim LVRG fest davon überzeugt, dass es bei den Vermittlern zu keiner großen Konsolidierungswelle kom- men wird. Beim Absatzpotenzial von Lebensversicherun- gen mache ich mir ebenso keine Gedanken. Solange sich der Staat aus der Absicherung der Altersvorsorge und den biometrischen Risiken zurückzieht, wird es weiterhin Bedarf geben, privat vorzusorgen." Michael Neumann, Quality- pool: „Momentan spielt das LVRG in erster Linie im Stimmungsbild der Makler eine Rolle. Wir stellen der- zeit noch keine wahrnehm- bare Veränderung im Ta- gesgeschäft fest. Da sich eigentlich die komplette Produktlandschaft im Le- bensversicherungsbereich wandeln muss, werden die Veränderungen jedoch merk- bar sein. Noch ist aber offen, wie die Versicherer konkret reagieren werden. Vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen aus dem LVRG gehen wir von einer Reduzierung der Marktteilnehmer aus. Auch die in Brüssel in Beratung befindliche Neufassung der Versicherungs- vermittlerrichtlinie (IMD 2) wird weitere Auswirkungen auf den Vermittlermarkt haben. Sehr positive Zukunftschancen bestehen für Makler, die ab 2016 zumindest zirka 50 Pro- zent ihres Einkommens aus wiederkehrenden Courtagen und höchstens zu 50 Prozent aus Abschlussvergütungen erzielen.“ Stefan Liebig, VFM: „Freie Vermittler, die ihr Geschäfts- modell bislang hauptsäch- lich auf Abschlussvergütun- gen begründet haben, wer- den Probleme bekommen. Jene Vermittler, die ein sol- ches Szenario vorherge- sehen und Rücklagen gebil- det haben oder über aus- reichende Kompositbestän- de verfügen, werden die nächsten Jahre dennoch gut meistern. Zumal uns diverse Versicherer bereits signalisiert haben, dass die Vergütung in Summe nicht zur Dispo- sition steht, lediglich die Systematik und Verteilung der Provision neu geordnet werden muss.“ Bernd Plitschuweit, All- finanztest.de : „Unser Ge- schäftsmodell ist seit jeher nicht auf Abschlussprovi- sionen mit Zillmerung hin orientiert. Die Courtagezah- lungen erfolgen pro rata temporis – also wie verdient – ratierlich. Das ist aus meiner Sicht sowieso der einzige Punkt, der den Vermittler treffen könnte – und auch nur jene, die nicht gewinnträchtig arbeiten und Liquiditätsengpässe vor sich herschieben.“

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