FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014
ob die Bereitschaft der Bevölkerung zur pri- vaten Altersvorsorge durch das LVRG negativ beeinflusst wird, und deshalb gegebenenfalls zur Vermeidung von Altersarmut rechtzeitig gegensteuern müsse. Im Zugzwang Dass es aufgrund der schon jetzt abseh- baren Folgen des LVRG schwerer wird für die Lebensversicherung in Deutschland, bezweifelt kaum einer. Die Versicherer stehen ohnehin unter Zugzwang hinsichtlich ihrer Kostengestaltung in einer Zeit, da die Nied- rigstzinsphase die Zinsüberschussgewinne dahinschmelzen lässt. Gleichzeitig schränken regulatorische Vorgaben das Anlagespektrum der Versicherer im Deckungsstock massiv ein, sodass es kaum noch möglich ist, eine über dem Marktzins liegende Rendite zu erwirt- schaften. Und zusätzlich bringt Solvency II neue Eigenkapitalanforderungen, damit Ga- rantieversprechen überhaupt ausgesprochen werden können. Die von Gesellschaften wie Ergo und Allianz aufgezeigte Tendenz zu alternativen Produkten ohne Garantiezins, aber mit Bruttobeitragsgarantie dürfte deshalb anhalten. Das wird aber dazu führen, dass nicht nur die Komplexität von Produkten weiter zunimmt, durch unterschiedliche zu- sätzliche oder neue Merkmale in den Tarifen wird sich darüber hinaus auch die Vergleich- barkeit von Produkten schwieriger gestalten – ob nun von Seiten der Anbieter bewusst gewollt oder nicht. „Die Möglichkeiten der Produktgestaltung werden zunehmend schwieriger“, glaubt auch Stephan Fischer, Geschäftsführer von Fonds- net Assekuranz, der Versicherungssparte des Maklerpools aus Erftstadt bei Köln. „Unter- scheidungs- oder Alleinstellungsmerkmale verwässern zunehmend, oder es werden Fea- tures kreiert, die im Hinblick auf den Nutzen für den Kunden fragwürdig sind.“ Mit der Umsetzung des Reformgesetzes stelle sich einem Vermittler außerdem zunehmend die Frage, warum er mit einer bestimmten Gesell- schaft arbeiten soll beziehungsweise ob diese Gesellschaft in Zukunft noch als verlässlicher Partner am Markt sein wird. „Schließlich schlagen Serviceschwächen eines Versicherers am Ende auch auf das Renommee eines Ver- mittlers durch, der die jeweilige Gesellschaft ja schließlich seinem Kunden empfohlen hat“, so Fischer. Der Versicherungsexperte geht zu- dem davon aus, dass das LVRG einen neuen Wettbewerb um Courtagen einläuten wird, weil wirtschaftlich starke Gesellschaften über einen längeren Zeitraum erhöhte Courtagen zahlen können, um so mehr Neugeschäft an sich zu binden. „Aus meiner Sicht wird gerade die Absen- kung des Garantiezinses auf 1,25 Prozent im kommenden Jahr große Auswirkungen ha- ben“, glaubt Claus Mischler, Leiter der Pro- duktentwicklung bei Standard Life Deutsch- land. „War für viele Kunden jahrzehntelang die Garantie das entscheidende Kriterium für den Abschluss eines Versicherungsproduktes, verliert sie nun weiter an Bedeutung.“ Es set- ze sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass eine Garantie allein nicht ausreicht, um die bestehende Vorsorgelücke zu schließen. „Dafür muss das Produkt vor allem eine aus- reichend hohe Rendite erzielen“, so Mischler. „Klassische Produkte werden deshalb im Zuge des LVRG weiter stark an Attraktivität verlieren, und Kunden werden sich immer häufiger für innovative, investmentorientierte Vorsorgelösungen entscheiden.“ Andere urteilen da noch viel drastischer. Schon bei Bekanntwerden einer bevorstehen- den Senkung des Garantiezinses auf 1,25 Pro- zent zu Beginn dieses Jahres hatte Axel Klein- lein, Vorstandssprecher des Bundes der Ver- sicherten (BdV), den drohenden Todesstoß für das deutsche System der Lebensversicherung in seiner bisherigen Form prognostiziert. „Wenn die Empfehlung umgesetzt und der Garantiezins auf 1,25 Prozent gesenkt wird, dann ist das der Abschied vom bisherigen deutschen System der Lebensversicherung, wie wir es seit 100 Jahren kennen“, so Klein- lein damals. Kein Grund für den Abgesang In derlei Abgesang will Ansgar Eckert, Bereichsleiter Marketing der WWK Versiche- rungen, nicht einstimmen, im Gegenteil. „Wir halten konventionelle Rentenversicherungen auch nach dem LVRG für eine empfehlens- werte Form der Altersvorsorge, die wir auch künftig aktiv anbieten werden“, erklärt Eckert. Wenn man beispielsweise die Rentierlichkeit einer konventionellen Lebensversicherung damit vergleiche, was ein Anleger bei seiner Bank erhalte oder bei einer Investition in Bun- Dr. Claus Mischler (Standard Life): „Die Absenkung des Garantiezinses wird große Auswirkungen haben.“ 304 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Foto: © Archiv Dr. Guido Bader (Stuttgarter Leben): „Die Politik muss mög- liche Auswirkungen des Gesetzes genau beobachten.“ LVRG – die Kernelemente des Gesetzes Was die Auswirkungen des LVRG angeht, muss zwischen zwei Elementen unterschieden werden: solche mit Aus- wirkungen auf die Bilanz der Versicherer, die am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes wirksam werden, und solche Elemente, die Auswirkungen auf die Produktgestaltung haben werden, aber erst zum 1. Januar 2015 wirksam werden. Elemente mit Auswirkungen auf die Bilanz: • Modifikation der Beteiligung an den Bewertungsreserven • Modifikation der Mindestzuführungsverordnung: a) Erhöhte Beteiligung an Risikogewinnen (von 75 auf 90 Prozent) b) Querverrechnungsmöglichkeit eines negativen Zinsergebnisses mit positivem Risikoergebnis • Ausschüttungssperre von Gewinnen (ohne Gewinnabführungsvertrag) • Erweiterte Eingriffsrechte der BaFin Elemente mit Auswirkungen auf die Produktgestaltung: • Reduktion des Höchstrechnungszinses von 1,75 auf 1,25 Prozent • Reduktion des Höchst-Zillmersatzes von 40 auf 25 Promille • Angabe der Renditeminderung durch Kosten (Effektivkosten, Reduction in Yield) fonds & versicherung I lebensversicherungen
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