FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

311 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 Natürlich stellt sich die Frage, ob es sinn- voll ist, für die reine Forderungsanmeldung einen hoch qualifizierten und gut bezahlten Vertreter zu bestellen. „Ja, das kann durchaus sinnvoll sein“, erklärt Daniel Bauer, Mitglied des Vorstandes der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, „denn dadurch spart man sich am anderen Ende Kosten, zum Bei- spiel für eine Vielzahl von Forderungsprü- fungen. Das muss man jedoch im Einzelfall betrachten.“ Ein Grund dafür, dass so viele Rechtsan- wälte bei FuBus gegen einen gemeinsamen Vertreter sind, mag sein, dass dieser exklusiv die Vertretung im Insolvenzverfahren über- nimmt und somit auch nur er die Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden darf. Die Rechtsanwälte würden somit an diesen Man- daten für die Forderungsanmeldung nichts mehr verdienen. Auch würden durch die Bestellung des gemeinsamen Vertreters sämt- liche bereits angemeldete Forderungen als nicht angemeldet gelten. Handlungsstärke RA Rotter führt als Argument die Kosten an: „Für den einzelnen Mandanten sind die Kosten geringer, wenn ein gemeinsamer Ver- treter bestellt wird, als wenn jeder einen eige- nen Anwalt beschäftigt.“ Er gibt ein Zahlen- beispiel: „Ein Rechtsanwalt bekommt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eine 0,5 Gebühr für die Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle. Bei einem Forderungs- betrag von 10.000 Euro sind das zum Beispiel 355,81 Euro, bei einem Forderungsbetrag von 50.000 Euro wären es 715,79 Euro. Die Ver- gütung des gemeinsamen Vertreters wäre deutlich geringer.“ Im Gesetz steht zur Vergü- tung des gemeinsamen Vertreters nur, dass er eine „angemessene Vergütung“ erhält und sei- ne Kosten von der Masse getragen werden. Neben dem Kostenvorteil ist sicher auch ein Argument, dass ein gemeinsamer Vertreter gemäß § 19 Abs. 3 HS 2 SchVG zur Forde- rungsanmeldung die Schuldverschreibungs- urkunde nicht vorlegen muss. Ansonsten müsste jeder Schuldverschreibungsgläubiger oder dessen Vertreter dem Insolvenzverwalter die Urkunde im Original vorlegen. Dies würde natürlich bei einem Masseverfahren wie FuBus einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand bedeuten, da nicht damit zu rechnen ist, dass alle Schuldverschreibungs- gläubiger ihre Urkunden mit der Anmeldung vorlegen werden. Nachteile für Einzelne möglich Für einzelne Anleger kann die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters aber auch nach- teilig sein: Da er aus der Masse bezahlt wird, schmälert es diese, was die Quote für alle An- leger reduziert. Außerdem kann er von Nach- teil für die besonders engagierten Gläubiger sein, denn für sie springt umso mehr heraus, je weniger Gläubiger ihre Forderung anmel- den. „Der gemeinsame Vertreter meldet für alle Investoren die Insolvenzansprüche an. Wird kein gemeinsamer Vertreter bestellt, melden erfahrungsgemäß maximal 75 Prozent der Berechtigten ihre Ansprüche an – der Rest geht leer aus“, so Rotter. Ob man die bevor- zugte Behandlung der Engagierten für gerecht hält oder nicht, ist Ansichtssache – hier gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“. Außerdem stellt sich die Frage, ob und wie ein Gläubiger rechtsschutzversichert ist. Trägt seine Rechtsschutzversicherung die indivi- duellen Anwaltskosten, ist er womöglich we- niger an der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters interessiert, denn die geringeren Kosten stellen für ihn dann keinen Vorteil dar. Die Versicherungsgesellschaft ARAG teilt hierzu mit, dass Kapitalanlagestreitigkeiten in den Versicherungsbedingungen bis 2008 durch die Vertragsrechtsschutzversicherung gedeckt, seit 2008 aber ausgeschlossen sind. „Sind die Voraussetzungen für den Rechts- schutz gegeben, zahlen wir bei einem gemein- samen Vertreter entsprechend der Quote des Kunden an die Masse“, teilt die ARAG mit. Je nachdem, wo sich ein Ratsuchender er- kundigt, gibt es unterschiedliche Interessen- lagen – insofern sind auch die Ratschläge ent- sprechend vorsichtig zu werten: Insolvenz- verwalter Kübler tut sich bei seiner Arbeit leichter, wenn es einen gemeinsamen Vertreter gibt – aus seiner Sicht am liebsten einer für sämtliche Tranchen. Aber der Versuch, einen einzigen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, ist am 13. Mai 2014 gescheitert. „Andererseits wird bei der Vergütung des Insolvenzverwal- ters berücksichtigt werden, wenn er mangels Bestellung eines gemeinsamen Vertreters Mehraufwand bei der Abwicklung der For- derungsanmeldungen hat“, gibt Rotter zu bedenken. Bei FuBus im 15-Minuten-Takt Momentan finden im Insolvenzverfahren FuBus aufgrund der gescheiterten Wahl eines einzigen gemeinsamen Vertreters für alle Serien an drei Tagen in der Woche beim Amtsgericht in Dresden Termine zur Wahl eines gemeinsamen Vertreters statt. Dabei werden im 15-Minuten-Takt einzelne Serien aufgerufen, und in der jeweiligen Serie wird darüber abgestimmt, ob und – wenn ja – wer als gemeinsamer Vertreter bestellt wird. „Der Fall ist sehr komplex, da es sich hier um eine Vielzahl unterschiedlich ausgestalteter Orderschuldverschreibungen handelt“, meint Bauer. Wie eingangs erwähnt: Die Frage, ob die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters sinn- voll ist oder nicht, ist nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten, aber sie stellt sich. FP RA Klaus Rotter: „Wird ein gemeinsamer Vertreter bestellt, sind die Kosten für den Einzelnen geringer.“ Frank Günther, One Square Advisors: „Finanzrestruktu- rierungen sind ein betriebswirtschaftliches Thema.“

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