FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

meinem Engagement bei Carlson In- vestment Management haben Geduld und gute Performanceleistungen schließ- lich für ein gehöriges Wachstum beim Fondsvermögen gesorgt. Jake Moeller (Lipper): Aber was be- deutet ein Fondsvolumen von gut 3,6 Millionen Euro denn nun aus Ihrer Sicht: Vorteil oder Nachteil? Ho: Ich behaupte: weder noch! Die ideale Größe eines auf kleinere und mit- telgroße Unternehmen spezialisierten China-Aktienfonds dürfte wohl bei 100 bis 300 Millionen US-Dollar liegen – nicht zu groß, um weiterhin aktiv im Segment der Small und Mid Caps handlungsfähig zu sein, groß genug, um externe Dienstleister zu beschäftigen und unabhängiges Research einkaufen zu können. Das heißt aber nicht, dass ein sehr kleines Fondsvolumen auch gleich einen Nachteil darstellt. Ich habe auch früher schon bei Carlson mit einem sehr kleinen Team an Analysten gearbeitet. Heute beschäftige ich einen eigenen Broker und habe ansonsten so viel wie möglich an Aufgaben outge- sourct, um mich auf das Management des Fonds konzentrieren zu können. Es wäre na- türlich schön, mehr Mittel für unabhängiges Research zur Verfügung zu haben, denn auf das Material der Sell-Side-Broker sollte man sich sicher nicht verlassen. Moeller: Wie groß ist das Universum, in das Sie mit dem Fonds investieren? Ho: Es sind rund 30 bis 40 Unternehmen, die ich für das Management des Nestor China Fonds täglich und sehr genau beobachte. Das investierbare Universum bei chinesischen Small Caps ist natürlich insgesamt sehr viel größer, daher muss man als Fondsmanagerin sicher immer im Auge haben beziehungs- weise möglichst früh erkennen, wo sich eine attraktive Investmentmöglichkeit eröffnet oder wo sich hinsichtlich der Kursentwicklung oder der Nachrichtenlage neue Situationen ergeben. In meiner täglichen Arbeit für den Fonds ist es die genannte Zahl von Werten, deren Entwicklung ich sehr genau beobachte. Im Unterschied zu anderen Fondsmanagern gehe ich dabei nicht nach einem Screening oder der Analyse von Benchmarkbestand- teilen vor. Meine Auswahl ist vielmehr the- matisch bestimmt, um mich auf die wirklich interessanten Werte zu konzentrieren. Heuser: Welches Thema oder welcher Sektor erscheint Ihnen zurzeit besonders interessant? Ho: Momentan beobachte ich den Finanzsek- tor sehr genau. Die gesamte Branche wird derzeit imAllgemeinen sehr schlecht beurteilt vom Markt, weil vor allem die großen Ban- ken als zu bürokratisch und viel zu schlecht gemanagt betrachtet werden. Wenn dieser Sektor nun im Nachgang der Finanzkrise vor einer Reform und einer stärkeren Regulierung steht, dann muss man sich doch als Fondsma- nager die Frage stellen: Wer wird von dieser Entwicklung profitieren? Werden es tatsäch- lich die jungen, kleineren Banken sein, und welche Unternehmen haben dabei die besten Aussichten? Wobei man dabei nie aus den Augen verlieren sollte, dass viele Marktteil- nehmer und Strukturen in China im- mer noch sehr stark von Korruption geprägt sind, das gilt nicht nur für die Finanzbranche, sonst gäbe es nicht die Anti-Korruptions-Initiativen seitens der Regierung und der OECD. Moeller: Lassen sich denn Fort- schritte hinsichtlich des Themas Governance bei Unternehmen in China feststellen? Ho: Von wirklichen Fort- schritten bei der Unterneh- mensführung in China zu sprechen wäre sicher übertrieben. Wo sich sehr wohl Veränderungen erken- nen lassen, das sind Denkweise und Geisteshaltung chinesischer Unterneh- mer. Nach mehr als 20 Jahren eines immer intensiver gewordenen Kon- takts mit Unternehmen in den ent- wickelten Ländern haben die Chine- sen schon sehr gut verstanden, worauf es tatsächlich ankommt, sowohl im geschäftlichen Austausch mit west- lichen Partnern als auch wenn es darum geht, sich an ausländischen Unternehmen zu beteiligen oder diese vielleicht ganz zu übernehmen. Das zeigen Beispiele von Übernahmen wie Volvo oder IBM. Wenn Chinesen heute ein Unternehmen in den USA oder Europa kaufen, dann geht es ihnen nicht mehr darum, sich damit in ihrer Heimat zu brüsten oder gar zu prahlen. Es geht vielmehr darum, ein gutes Geschäft, eine gute Technologie oder hervorragende Ma- nagementfähigkeiten einzukaufen. Heuser: Was erklären Sie einem Investor, der zwar bereit ist, das Risiko einerAktien- anlage einzugehen, aber eben noch nicht in Asien oder speziell in China? Ho: Es ist nach wie vor so, dass ein Invest- ment gerade in den chinesischen Aktienmarkt enormen Zyklen hinsichtlich unterschiedlicher Marktphasen und damit auch der entsprechen- den Performanceergebnisse unterliegt. Wer dafür bereit ist, kann das sicher am besten mit den Fonds großer Gesellschaften tun, deren Fonds häufig von makroökonomischen Ge- sichtspunkten getrieben sind. Mein Invest- mentstil ähnelt mehr dem Abonnement einer Zeitschrift. Ich versuche, interessante Storys oder interessante Entwicklungen in Unter- nehmen, die sich an einem Wendepunkt be- finden, aufzuspüren. Denn es sind solche Anna Ho: „Ich versuche, interessante Storys oder interessante Entwicklungen in Unternehmen, die sich an einem Wendepunkt befinden, aufzuspüren.“ KREUZ VERHÖR 60 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör Alle Fotos: © Sarah Weal » Viele Marktteilnehmer und Strukturen in China sind immer noch sehr stark von Korruption geprägt, das gilt nicht nur für die Finanzbranche. « Anna Ho, Nestor China Fonds

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