FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2014

Wendepunkte, an denen sich die Meinung von Investoren zu einem bestimmten Thema oder dem Unternehmen selbst verändert. Und ge- nau an diesen Punkten kommt es zu großen Bewegungen der Kurse. Heuser: Wie lange müssen Anleger denn in der Regel warten, bis eine Story, auf die Sie gerade setzen, auch wirklich aufgeht? Ho: Das ist kaum zu beantworten, denn so etwas wie eine durchschnittliche Wartezeit gibt es dabei nicht. Ich investiere oft in Unternehmen, für die ich aus bestimmten Gründen eine gute Entwicklung erwarte, ohne dabei zum Zeitpunkt des Kaufs wirklich sagen zu können, wann diese gute Entwick- lung eintreten wird. Dazu braucht es natürlich einerseits eine besondere und intensive Nähe zu dem jeweiligen Unternehmen, weil ich nur so mehr darüber erfahre, als lediglich aus der Aktienkursentwicklung abzulesen ist. Und dazu gehört natürlich auch eine besondere Überzeugung, die sich eben in der starken Konzentration auf eine kleine Zahl von Werten im Fonds ausdrückt. Daher müssen sich Investoren im Klaren darüber sein, dass mein Fonds zum einen bei Weitem nicht den gesamten Aktienmarkt in China abbildet und zum zweiten sicher immer eine erhöhte Vola- tilität aufweisen wird. Aber bisher wurden die Anleger dafür ja auch durch eine vergleichs- weise gute Performance entlohnt. Und ich werde auch in Zukunft daran arbeiten, dass das so bleibt. Heuser: Wenn Sie von einer erhöhten Volatilität sprechen, bis wohin geht das im Hinblick auf die Schwankungsbreite des Fondspreises oder des maximalen Draw- downs? Worin liegt das größte Risiko, und wie begrenzen Sie das? Ho: Einmal abgesehen vom Betarisiko des Aktienmarktes an sich: Da der Fonds in erster Linie in Small Caps investiert, besteht das größte Risiko natürlich in der Liquidität der Aktien, in die ich investiere. Daher hätte ich ein ernsthaftes Problem damit, in ein Unter- nehmen zu investieren, dessen Aktie ich auf- grund einer zu geringen Liquidität nicht innerhalb von fünf Tagen auch wieder pro- blemlos verkaufen könnte. Gefangen zu sein in einer Aktie, die sich nicht zu einem ange- messenen Preis liquidieren lässt, das könnte sich sehr schnell zu einem Desaster ent- wickeln. Ein wichtiger Aspekt dabei ist zudem die Tatsache, dass ich wie gesagt themen- und nicht branchenorientiert arbeite. Aus diesem Grund gilt es natürlich stets darauf zu achten, dass durch bestimmte Investments nicht ungewollt einzelne Fakto- ren ein zu starkes Übergewicht erhalten, sei es nun das Thema Währungs- oder Export- abhängigkeit meiner Investments oder auch bestimmte Branchen wie Immobilien oder Finanzwerte. Moeller: Das alles klingt ja nach einer sehr starken Überzeugung, nach der Sie Ihre Investments aus- wählen. Wie lässt sich Ihre „Con- viction“ messen? Ho: Vereinfacht gesagt lassen sich meine Anlageentscheidungen nach zwei Kategorien unterscheiden, die für eine hohe oder eine weniger hohe Überzeugung stehen. Ich differenziere dabei im Prinzip nach „Fünf- Prozent-Investments“ und „Drei-Prozent- Investments“, bezogen auf den jeweiligen Anteil am Gesamtvermögen des Fonds. Als Kriterien für diese Entscheidung dienen einerseits die Glaubwürdigkeit des Unter- nehmensmanagements, aber auch die Wachs- tumsaussichten der entsprechenden Gesell- schaft im Besonderen und der entsprechen- den Branche im Allgemeinen sowie auch die Entwicklung des Gewinnwachstums des jeweiligen Unternehmens. Deshalb ähnelt mein Investmentansatz weniger einem struk- turierten Vorgehen als vielmehr der Strategie in einem Schachspiel. Denn man darf nicht vergessen, dass die Möglichkeiten, mit einem Anteil von fünf Prozent des Fondsvermögens oder mehr in ein Wertpapier zu investieren, aufgrund der UCITS-Regeln, denen der Fonds unterliegt, in gewisser Weise durchaus begrenzt sind. Heuser: Welche Rolle spielt dabei die Divi- dendenpolitik von Unternehmen in China? Hat sich an der Qualität der Dividenden- zahlung etwas verändert? Ho: Die meisten Unternehmen in China schenken dem Thema Dividende nach wie vor nur sehr wenig Aufmerksamkeit, weil sie sich selbst in erster Linie immer noch als Wachstumsunternehmen betrachten, die ihre Gewinne lieber thesaurieren sollten, statt ihren Anlegern hohe Dividenden zu zahlen. Mit einem schwächer werdenden Wachstum und der zunehmenden Bedeutung der Qualität des Wachstums, das ein Unternehmen aufweist, wird aber in dieser Hinsicht eine Art Rerating stattfinden, durch das sich auch beim Thema Dividende einiges verändern wird. Anna Ho: „Andere Fondsmanager legen sehr viel Wert auf Disziplin und strukturiertes Arbeiten. Die einzige Disziplin, die ich besitze, ist die Tatsache, dass ich neugierig bleibe und mir immer einen positiven Blick auf die Börsen erhalte.“ » Von echten Fortschritten bei der Unternehmensführung in China zu sprechen wäre über- trieben. Wo sich Veränderungen erkennen lassen, das sind Denkweise und Geisteshaltung von Unternehmern. « Anna Ho, Nestor China Fonds Alle Fotos: © Sarah Weal KREUZ VERHÖR 62 www.fondsprofessionell.de | 3/2014 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=