FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

130 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 markt & strategie I etfs in der vermögensverwaltung Foto: © FOM Hochschule für Oekonomie & Management Daniel Ziggel | FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Essen „Viele Modelle versagen “ Daniel Ziggel, Professor an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management, über den praktischen Einsatz von Rechenkernen im Portfoliomanagement und die Grenzen quantitativer Anlagekonzepte. O ft werden quantitative Modelle einge- setzt, um in der Vermögensverwaltung die Gewichtung der einzelnen Asset- klassen zu bestimmen. Wie solche Modelle genau funktionieren, ist für viele schwer vor- stellbar. Daniel Ziggel, Professor an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management und Geschäftsführer der Quasol GmbH, forscht im Bereich der Finanzstatistik und entwickelt Rechenkerne für den praktischen Einsatz im Portfoliomanagement. Der Versi- cherer Bâloise setzt Ziggels Rechenkern etwa in der Fondspolice BIF-ETF Secure ARC ein. Im Gespräch mit FONDS professionell erläu- tert Ziggel, wo die Vorteile solcher Quant- Modelle liegen – und wo die Grenzen. Herr Ziggel, Sie programmieren Re- chenkerne für Vermögensverwaltungen. Können Sie für Nichtinformatiker kurz erklären, was Sie da genau machen? Daniel Ziggel: Wir implementieren finanz- statistische Modelle, die teilweise sehr re- chenintensiv und komplex sind. Das Ergebnis wird dann in einem „Rechenkern“ zur Verfü- gung gestellt. Darunter kann man sich bei- spielsweise eine einfache Java-Datei vorstel- len, die in die bestehende IT-Landschaft in- tegriert wird. Füttert man diese Datei nun mit den notwendigen Daten, werden die jewei- ligen Berechnungen durchgeführt und die Ergebnisse zurückgegeben. Sie konzentrieren sich lieber auf die separate Modellierung einzelner Asset- klassen als auf die derzeit beliebten Asset-Allocation-Portfolios. Warum? Für unterschiedliche Assetklassen gelten un- terschiedliche Gesetzmäßigkeiten. Beispiels- weise kann man für Anleihen erwartete Ren- diten sehr verlässlich schätzen, was für Ak- tien nicht möglich ist. Somit werden auch unterschiedliche Werkzeuge benötigt. Der je- weilige Anteil, den eine Assetklasse letztend- lich im Portfolio ausmacht, wird dann durch die Ziele und Risikoneigung des Investors be- stimmt. Dies ist eine Kernaufgabe innerhalb des Beratungsprozesses. Bei einem Misch- fonds beispielsweise wird diese Entscheidung abgegeben und verliert daher an Transparenz. Letztendlich haben Backtests von neuen Mischstrategien auch nur eine sehr geringe Aussagekraft, da sich die Performance der Anleihenbestandteile in der Zukunft nur schwerlich wiederholen lässt. Vielen ist nicht klar, wie man die richti- ge Länder- und Branchenallokation für ein Aktienportfolio mit einem Modell optimieren kann. Können Sie erklären, wie solche Modelle aufgesetzt sind? Einzelne Faktoren wirken sich unterschied- lich auf die Kursentwicklung verschiedener Länder und Sektoren aus. Während etwa einige Branchen und Länder vom fallenden Ölpreis profitieren, ist das für andere ein gro- ßes Problem. Um nun ein gut diversifiziertes Portfolio zusammenzustellen, müssen Bau- steine gefunden werden, die sich nicht zu gleichläufig entwickeln. Dies kann beispiels- weise über die Analyse von Korrelationen erreicht werden. Beruhen Ihre Modelle auf der Annah- me, dass die Korrelationen immer gleich bleiben? Oder anders gefragt: Können Ihre Modelle helfen, mit seinem Port- folio besser durch so schlimme Aktien- jahre wie 2008 zu kommen? Es wurde in zahlreichen Studien nachgewie- sen, dass sich die relevanten Marktparameter regelmäßig ändern. Somit darf auf keinen Fall angenommen werden, dass Korrelatio- nen oder Volatilitäten konstant bleiben. Viele Modelle berücksichtigen dies jedoch nicht und versagen daher gerade dann, wenn sie eigentlich vor Verlusten schützen sollen. Wir gehen hier einen vollkommen anderen Weg und versuchen, gerade aus Änderungen der Parameter Rückschlüsse für Investitionsent- scheidungen zu ziehen. Eines unserer Model- le, das auch im Bâloise-Produkt ETF Secure ARC Verwendung findet, prüft täglich auf Änderungen der Volatilität. Diese Informatio- nen können dann verlässlich in Handelssigna- le transformiert werden. Verluste in Krisen- zeiten können so deutlich reduziert werden. Politische Entscheidungen sind durch Modelle schwer in den Griff zu bekom- men. Wie hat Ihr Modell reagiert, als die Schweizer Nationalbank entschied, den Kurs des Franken freizugeben? Treten sogenannte „Sprünge“ imWertpapier- verlauf auf, ist dies durch Modelle beinahe unmöglich zu erfassen. Es bedürfte schon Verfahren aus dem Hochfrequenzbereich. Die Schweiz ist hier ein gutes Beispiel. Nach der Entscheidung gab es natürlich heftige und plötzliche Ausschläge. Zufällig befand sich zu dieser Zeit sogar ein ETF auf Schweizer Aktien in ETF Secure ARC. Am Ende des Tages hat unser System aber nicht einmal ein einziges Signal in diesem Zeitraum generiert, da sich, in Euro gerechnet, kein negativer Ef- fekt ergeben hat und die währungsbereinigte Schwankung weit weniger ausgeprägt war. Daniel Ziggel: „Treten ‚Sprünge‘ im Wertpapierverlauf auf, ist dies beinahe unmöglich zu erfassen.“

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