FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015
174 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 „Traditionell wurden Investmentbestände mit dem Drei- bis Siebenfachen des jährlichen Courtageumsatzes bewertet, doch ein solcher Ansatz hat mit der betriebswirtschaftlichen Realität nichts zu tun“, sagt Adams. Thomas Öchsner, Geschäftsführer des Resultate Insti- tuts für Unternehmensanalysen und Bewer- tungsverfahren, pflichtet Adams bei: „Ein Umsatzmultiplikator blendet die Kosten völlig aus und lässt keine Aussagen über die Ertrags- kraft eines Unternehmens zu. Außerdem han- delt es sich um eine Stichtagsbetrachtung, die Trends außen vor lässt. Der Erwerber kauft aber nicht die Vergangenheit, sondern die Zahlungsströme der Zukunft.“ Sicht des Investors entscheidet Für den Kaufpreis entscheidend ist Adams zufolge letztlich die Sicht des Käufers, der kalkuliert, ab wann sich die Investition für ihn auszahlt: „Bis zur Lehman-Krise 2008/2009 haben Investoren bei Käufen Amortisations- zeiten nach Steuern und Zinsen von bis zu zwölf Jahren und mehr akzeptiert. Heute variieren sie je nach Risikoaffinität zwischen fünf und maximal sieben Jahren.“ Das drückt den Preis: Ein Verkäufer könne heute realistisch das 2,5- bis 4,5-Fache des um Sonderfaktoren bereinigten Jahresüber- schusses für sein Unternehmen erwarten, so Adams. Solche Größenordnungen seien aller- dings nicht mehr als eine erste Annäherung. „Um einen realistischen Firmenwert zu ermit- teln, analysieren wir Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Unternehmens“, sagt Adams. „Auch die Region spielt eine Rolle: Kunden aus Stuttgart oder München haben schließlich andere Depots als in Mecklenburg-Vorpommern.“ Gerade kleinere Finanzdienstleister werden es Adams zufolge künftig noch schwerer haben als bisher. „Die Preise für Unterneh- men, deren Kundendepots im Schnitt unter 50.000 Euro groß sind, werden wohl weiter sinken“, sagt er. Als Gründe dafür nennt er neben der strengeren Regulierung und dem demografisch bedingten Überangebot den zunehmenden Wettbewerb durch das Internet und die Probleme, heutzutage junge Men- schen für den Beruf des Finanzberaters zu begeistern. „Das Segment mit Kunden über 250.000 Euro im Depot ist dagegen bei nahezu allen Marktteilnehmern begehrt. Hier steigen die Preise.“ Auch wenn es theoretisch möglich sei, dass sich ein großer Finanzdienstleister mehrere kleine einverleibe, komme das in der Praxis eher selten vor, so Adams. „Ein Unternehmen, das schon 250 Millionen Euro betreut, hat wenig Interesse an einer Gesellschaft, die nur vertrieb & praxis I nachfolgeplanung & bestandsverkauf Vom Einzelmakler zur GmbH Problem: Eine Firma lässt sich deutlich einfacher ver- kaufen als ein Bestand. Übernimmt der Käufer das ganze Unternehmen, tritt er die Gesamtrechtsnachfolge an – alle Rechte und Pflichten sind mit der juristischen Person, etwa der GmbH, verbunden. Beim Bestandsverkauf dage- gen muss jeder einzelne Kunde schon aus Datenschutz- gründen der Übertragung auf den neuen Vermittler zu- stimmen, es sei denn, die alten Verträge mit den Klienten sehen eine solche Übertragung bereits vor. Umwandlung: Damit der Ein-Personen-Makler sein Unternehmen eines Tages als GmbH verkaufen kann, sind zwei Schritte nötig, erläutert Clemens Christmann, Geschäftsführer der Beratungsfirma CMC aus Wiesbaden. Zunächst lässt sich der Makler ins Handelsregister eintra- gen und wird damit zum „eingetragenen Kaufmann“ (e.K.). Danach gründet er eine juristische Person, etwa eine Unternehmergesellschaft (UG), eine GmbH oder eine AG, in die er alle Rechte und Pflichten einbringt. Diese Gesell- schaft wiederum wird an den Käufer veräußert. Todesfall: Die GmbH hat weitere Vorteile, etwa im Erbfall. Bei Einzelkämpfern können Maklerverträge und Bestandspflegecourtagen mit dem Tod des Maklers erlö- schen, warnt Jens Reichow von der Kanzlei Michaelis. Den Erben fehlt zudem oft die Gewerbeerlaubnis, um das Geschäft fortführen zu können. Die GmbH bleibt dagegen über den Tod des Gründers hinaus erhalten, und die Erben können einen qualifizierten Geschäftsführer einsetzen. Kosten: Die Gründung einer GmbH ist nicht umsonst zu haben. Die Kanzlei Michaelis beziffert die Kosten für die rechtliche und steuerliche Begleitung inklusive der Rech- nung des Notars bei einem Makler mit mittlerem Aufwand auf rund 6.500 Euro. Dazu kommt das Stammkapital von 25.000 Euro, das allerdings auch als Sacheinlage einge- bracht werden kann. Kaufpreis: Wie der Käufer den erworbenen Bestand oder das Unternehmen bezahlt, kann frei vereinbart werden. Der Sofortkauf birgt für den Erwerber die höchsten Risiken, daher wird er in diesem Fall einen Rabatt verlangen. Ein beliebtes Modell ist laut CMC-Chef Christmann, 50 Pro- zent des Kaufpreises sofort zu bezahlen, 30 Prozent nach einem Jahr und die restlichen 20 Prozent wieder zwölf Monate später. Auch eine Art „Altersvorsorge“ ist möglich: In diesem Fall partizipiert der Verkäufer über einige Jahre hinweg oder auf Lebenszeit an der laufenden Courtage. Alternative: Als „interessantes Modell“ bezeichnet Unternehmensberater Christmann die Beteiligung des Verkäufers an einer GmbH & Co. KG: Der Verkäufer wird zum Kommanditisten, er ist dem Unternehmen weiterhin verbunden und darf nicht in Wettbewerb treten. Geregelt werden kann dann auch, dass der Verkäufer seine Aus- schüttung vorrangig erhält, bevor der Restgewinn unter den anderen Eigentümern ausgeschüttet wird. Foto: © Starblue | Dreamstime.com, Dr. Adams & Associates, Hemmerich Martin Steinmeyer, Netfonds: „Wir wollen unsere Partner dabei unterstützen, ihr Geschäft zu professionalisieren.“ Stefan Adams, Dr. Adams & Associates: „Es wird häufig versäumt, die Braut frühzeitig ‚hübsch‘ zu machen.“
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