FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

176 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 zehn Millionen Euro verwaltet. Denn der Auf- wand für die Prüfung und die rechtliche Begleitung ist der gleiche wie für ein Unter- nehmen mit 80 Millionen Euro Bestand.“ Möchte sich ein Vermittler in den Ruhe- stand verabschieden, ist der Kaufpreis oft jedoch nur der zweitwichtigste Punkt. Das größte Problem sei es, überhaupt einen ge- eigneten Nachfolger auszumachen, meinten 83,6 Prozent der befragten Vermittler in der Leipziger Vers-Studie. „Es ist sehr schwierig, den richtigen Käufer zu finden“, sagt auch Resultate-Institut-Chef Öchsner. „Die Suche sollte einerseits recht breit angelegt sein, um keine Optionen zu verschenken, andererseits muss sie diskret ablaufen. Wenn die anderen Vermittler vor Ort nämlich mitbekommen, dass man aussteigen will, fangen sie an, die Kunden abzuwerben.“ Über 100 Kunden besucht Wahrscheinlich suchen die meisten Makler aus genau diesem Grund zunächst in ihrem eigenen Netzwerk nach einem Nachfolger. So ist es auch Doris Biersack-Press, Geschäfts- führerin der Mando-Finanz aus Regensburg, gelungen, ihr Unternehmen auszubauen: Sie kannte den 76-jährigen Vermittler, dessen Investmentbestand sie im vergangenen Jahr übernahm, schon seit vielen Jahren aus dem Partnerkreis der BCA. „Das hat die Sache sehr vereinfacht“, sagt Biersack-Press. „Wenn man sich nur aus den Verkaufsverhandlun- gen kennt, ist es für den abgebenden Makler sicherlich schwierig festzustellen, ob der Käufer auch als Mensch zu den eigenen Kunden passt.“ Ihrer Meinung nach steht und fällt der Er- folg einer Bestandsübergabe mit der Frage, wie stark sich der Vorgänger einbringt. Über ein Jahr hinweg besuchten Biersack-Press und ihr 76-jähriger Kollege zusammen die wich- tigsten Kunden – mehr als 100 an der Zahl. „Mein Vorgänger hatte jedes Gespräch tele- fonisch angekündigt und erläutert, dass er nun eine Nachfolgerin gefunden habe. Die Über- gabegespräche liefen sehr gut, kein einziger Kunde ist abgesprungen. Inzwischen finden die ersten Anschlusstermine statt“, berichtet Biersack-Press. Auch wenn die vielen Gesprä- che viel Zeit gekostet hätten, habe sich der Aufwand in jedem Fall gelohnt. Nun wird sie noch die kleineren Klienten anschreiben, damit auch diese wissen, an wen sie sich künftig wenden können. Einen fixen Kaufpreis hat Biersack-Press nicht bezahlt, vielmehr partizipiert ihr Vorgänger in den kommenden Jahren an der Bestandsprovision seiner früheren Kunden. Ein solches Modell findet auch WK-Vor- stand Kantner interessant: „Ich zahle lieber in Raten und dafür etwas mehr, als den gesam- ten Kaufpreis auf einen Schlag zu über- weisen.“ Das ist eine seiner Lehren aus den Erfahrungen, die er mit unehrlichen Be- standsverkäufern gemacht hat. Seine zweite Lehre: „Die ersten beiden Transaktionen haben wir ohne die Hilfe eines Beraters ab- gewickelt. Das war rückblickend ein Fehler.“ Inzwischen lässt er die Bücher jedes Über- nahmekandidaten von einem Profi checken. Fehler vermeiden So vorbildlich wie bei Doris Biersack-Press verläuft ein Bestandsübertrag wohl selten. „Viele Vermittler begehen den Fehler, das Neugeschäft in den Jahren vor ihrem geplan- ten Ruhestand schleifen zu lassen und mehr oder weniger vom Bestand zu leben“, sagt Öchsner. „Für den Verkauf des Unternehmens ist das jedoch sehr schädlich, weil der Käufer merken wird, dass der historische Trend nach unten zeigt. Diesen Abschwung wird er in sei- ne Kalkulation einpreisen.“ Adams berichtet aus seiner Beratungspraxis außerdem von ungeeigneten Rechtsformen wie dem „einge- tragenen Kaufmann“ und schlecht aufgear- beiteten Unterlagen. „Es wird häufig ver- säumt, die Braut frühzeitig und seriös vor dem Verkauf ‚hübsch‘ zu machen“, sagt er. Geschäft professionalisieren Am zielführendsten ist es natürlich, die eigene Firma schon heute professionell auf- zustellen – und nicht erst kurz vor dem ge- planten Ruhestand. Das Interesse daran ist durchaus vorhanden. Der Vortrag „Der Fi- nanzberater als Unternehmer“, den Netfonds- Vorstand Martin Steinmeyer am diesjährigen FONDS professionell KONGRESS in Mann- heim hielt, war so gut besucht, dass viele Gäste mit einem Stehplatz vorliebnehmen mussten. „Wir wollen unsere angeschlossenen Partner dabei unterstützen, ihr Geschäft zu professionalisieren“, sagt Steinmeyer. Dafür hat Netfonds unter anderem den „Unterneh- mensreport“ gestartet. Wer seine Kundendaten ordentlich pflegt, kann über die Netfonds- Software auf Knopfdruck eine 24-seitige Analyse abrufen, die detaillierte Einsichten in das eigene Geschäft erlaubt, etwa mit Blick auf Kundenstruktur, Bestandsentwicklung, Anzahl und Streuung von Produkten sowie mögliche Klumpenrisiken. Auch automati- sierte Empfehlungen sind dort zu finden. Ein hilfreiches Tool hat auch die BCA mit der Werbeagentur Marcapo entwickelt: Über „Marketing plus“ können sich Vermittler vom Schreibtisch aus professionell vermarkten. Sie können Anzeigen in jeder Lokalzeitung der Republik buchen, Plakatwände bestücken lassen oder straßenzuggenau Postwurfsendun- gen starten. Selbst Bierdeckel oder Trainings- anzüge für ein Sportsponsoring lassen sich per Mausklick mit dem eigenen Logo schmücken. Natürlich gab es schon früher Makler, die sich und ihr Unternehmen professionell in der Öffentlichkeit präsentiert haben, doch Kosten und Zeitaufwand sind durch die neue Technik ohne Frage gesunken. Vielleicht hilft all das ja dabei, die Zahl der echten Unternehmer in der Branche zu erhö- hen. Selbstständige Finanzdienstleister gibt es schließlich schon genug. BERND MIKoSCH | FP vertrieb & praxis I nachfolgeplanung & bestandsverkauf Foto: © Resultate Institut Trends am Markt für Investmentbestände Kundenschwerpunkt* Unternehmenswerte Nachfrage Angebot < 50.000 Euro fallend hoch stark steigend 50.000 bis 250.000 Euro konstant hoch/steigend konstant > 250.000 Euro konstant/steigend sehr hoch niedrig *gemessen an der üblichen Depotgröße Quelle: Dr. Adams & Associates GmbH & Co. KG Thomas Öchsner, Resultate Institut: „Es ist sehr schwierig, den richtigen Käufer zu finden.“

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