FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015
182 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 ten. So klagen viele Betroffene über fehlerhaf- te Einträge oder darüber, dass negative Krite- rien zu lange gespeichert werden. Zudem wer- den Personen oft verwechselt, gerade wenn sie Allerweltsnamen wie Müller oder Schmidt tragen. Kritisiert wird auch, wie die Agenturen die Bonität ermitteln. So wirft der Bundesver- band der Verbraucherzentralen dem Bran- chenführer Schufa vor, dass die Berechnung des sogenannten Basisscores – ein Prozent- wert, der ein Rating für Privatkunden darstellt – intransparent sei. Teils fragwürdige Datenqualität Der Schwarze Peter liegt jedoch nicht nur bei den Informationsanbietern, sondern auch bei den Versandhändlern, Mobilfunkanbietern oder Stromversorgern. Diese liefern teilweise falsche Daten, auf die die Auskunfteien bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit zurück- greifen. Von diesem Vorwurf sind auch die Banken nicht ausgenommen. Der Daten- schutzbeauftragte des Landes Nordrhein- Westfalen, Ulrich Lepper, beklagt, dass einige Institute heute noch Kunden, die lediglich nach dem Zinssatz für ein Darlehen fragen, mit dem Merkmal „Kreditanfrage“ an die Schufa melden, obwohl dies bereits seit 2006 verboten ist. Wer bei einer Selbstauskunft, die einmal im Jahr kostenfrei möglich ist, erfährt, dass fehlerhafte Daten über ihn gespeichert sind, kann sich wehren: „Neben dem Recht, falsche oder veraltete Einträge löschen zu lassen, bestehen Ansprüche auf Schaden- ersatz, falls durch die falschen Daten ein Nachteil entstanden ist“, so Rechtsanwalt Guido Lenné aus Leverkusen. Es besteht keine gesetzliche Pflicht, sich über die Bonität von potenziellen oder bereits angebundenen Partnern zu informieren. Den- noch hält die Branche an der Prüfung ihrer Vermittler auf Kreditwürdigkeit fest: „Ich sehe keine Gründe, die gegen eine Auskunftsabfra- ge sprechen, wenn der neue Partner die Ein- willigung unterschrieben hat und der Pool die Kosten übernimmt“, so Frank Rottenbacher vom Vermittlerverband AfW. Nur vereinzelt sind kritische Töne zu hören: „Vom Prinzip her ist es nicht schön, dass man neuen Part- nern gegenüber präventiv so misstrauisch ist", sagt Franziska Pohl vom Lübecker Makler- pool Blau Direkt. „Das ist keine Haltung, die unserem Menschenbild entspricht.“ Einige Makler seien verunsichert, wenn es um das Thema Bonitätsauskunft geht. „Aber hier hilft ein Gespräch, um Vertrauen zu bilden.“ Schufa ist erste Wahl Trotz aller Bedenken ist die Schufa für die Pools die erste Wahl unter den Auskunfteien. „Die Schufa kooperiert mit Banken und besitzt dadurch zumeist verlässlichere und schnellere Informationen zur Solvabilität der Kunden als andere Anbieter“, erklärt Pohl. Fonds Finanz wechselte im Herbst vergan- genen Jahres vom Anbieter Infoscore zum Marktführer – und dies auf ausdrücklichen Wunsch der Vermittler, so Porazik. Für die Schufa spricht auch, dass sie nur kredit- und finanztechnische Zahlen nutzt – und keine Geo-Daten. „Andere Auskunfteien stufen Sie allein wegen Ihres Wohngebiets herunter“, sagt Rechtsanwalt Thomas Holl- weck aus Berlin. „Wohnen in Ihrer Nachbar- schaft viele Sozialhilfeempfänger, so fließt dies in den Score ein. Und wenn Sie in der letzten Zeit oft umgezogen sind, kann das ein Hinweis darauf sein, dass Sie versuchen, Ihre Adresse zu verschleiern, um Ihre Schulden nicht bezahlen zu müssen.“ Da die Pools die Schwächen der Informa- tionsanbieter kennen, sind sie kompromiss- bereit: „Bei einem negativen Schufa-Bonitäts- score lehnen wir eine Zusammenarbeit nicht zwangsläufig ab“, so JDC-Manager Grab- maier. „In Grenzfällen sprechen wir den potenziellen Partner an und entscheiden dann individuell.“ Bei Blau Direkt ist selbst ein zu- rückliegender Offenbarungseid kein K.o.-Kri- terium. Der Kandidat erhält jedoch keine Courtagen vorab ausbezahlt. Fondsnet arbeitet ab einem Bonitätsindex von 300 bei Credit- reform („schwache Bonität“) nur noch auf Guthabenbasis mit Vermittlern zusammen. Auch wenn die Pools gesprächsbereit sind, gibt es Grenzen: Kriminelle Machenschaften oder eine fehlende Gewerbeerlaubnis bedeu- ten das sofortige Aus der Geschäftsbeziehung. Die Entscheidung, ob ein Pool mit einem Vermittler zusammenarbeitet oder nicht, ba- siert also nicht nur auf der Bonitätsauskunft. Andere Faktoren wie Berufserfahrung, das persönliche Auftreten sowie der vorhandene Kundenstamm spielen ebenfalls eine große Rolle. Pohl: „Wenn eine Zusammenarbeit von beiden Seiten gewollt ist, finden wir immer auch eine Möglichkeit dazu – egal was früher einmal war.“ MARCuS HIPPLER | FP Foto: © Rechtsanwaltskanzlei Lenné, Axel Gaube Sebastian Grabmaier, Jung, DMS & Cie.: „Wir machen uns ein genaues Bild von unserem Gegenüber.“ Rechtsanwalt Guido Lenné: „Bei falschen Einträgen können Ansprüche auf Schadenersatz bestehen.“ Die größten Bonitätsauskunfteien im Überblick Anbieter Schufa Creditreform Bürgel Deltavista Arvato Infoscore Daten zu: ca. 66 Millionen Personen 48 Mio. personenbez. Negativdaten* > 40 Millionen Personen > 45 Millionen Personen ca. 7,8 Millionen Personen Art der Einträge: Positiv- und Negativmerkmale Positiv- und Negativmerkmale nur Negativmerkmale nur Negativmerkmale nur Negativmerkmale Selbstauskunft Schufa Holding AG Creditreform Boniversum GmbH Bürgel Wirtschaftsinformationen Deltavista GmbH Infoscore Consumer Data GmbH beantragen unter: Postfach 10 25 66 Hellersbergstraße 11 Abteilung Datenschutz Datenschutz, Kaiserstr. 217 Abt. Datenschutz, Rheinstraße 99 44725 Bochum 41460 Neuss Gasstraße 18, 22761 Hamburg 76113 Karlsruhe 76532 Baden-Baden * zu 111 Millionen Adressen | Quelle: Anbieter vertrieb & praxis I bonitätsauskunft
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