FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

266 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 cherung ausgeschlossen, weil Kunden von Anlegeranwälten häufiger zu Klagen animiert würden. „Natürlich sollen Kunden vor Gericht ziehen können, wenn sie betrogen oder falsch beraten wurden. Aber bei den Prozessen geht es ja oft nur um Formfehler“, meint Hagen. So steigen nicht nur die Haftpflichtprämien für die Vermögensverwalter: Wenn zu viele Schadensfälle auftreten, kündigt der Versiche- rer gleich die ganze Police. Und wer ohne VSH-Schutz dasteht, den kann schon ein gro- ßer Prozess an den Rand des Ruins bringen. Tolle Jobchancen – für Juristen Eine weitere Baustelle ist das MiFiD-ii-Ge- bot, die Gremien lizenzierter institute nach „Diversity“-Regeln zu besetzen. Die EU- Richtlinie fordert Diversität nach Alter, Ge- schlecht, Herkunft und Ausbildung. „Die Re- gulierungen sind aber oft widersprüchlich“, meint Hagen, „auf der einen Seite sollen wir unsere Gremien mit Mitarbeitern unterschied- licher Ausbildung besetzen, und auf der ande- ren Seite wurde neulich ein sehr gut qualifi- zierter Compliance-Beauftragter, den wir ein- stellen wollten, von der BaFin nicht aner- kannt, weil er kein Hochschulstudium hatte.“ Gerade bei der Bestellung von neuen Ge- schäftsleitern hat die nationale Aufsicht viel mitzureden, wenn diese nicht schon zuvor genau auf derselben Hierarchieebene und im gleichen Geschäftsbereich unterwegs waren. „Wenn man bei der BaFin einmal nachfragt, auf welcher gesetzlichen Grundlage eine be- stimmte Forderung oder Absage beruht, wird häufig mit der ‚herrschenden Verwaltungspra- xis‘ argumentiert“, beschwert sich Hagen. „Das ist ein Unding, denn das bedeutet ja, dass es gar kein Gesetz dafür oder dagegen gibt, sondern dass die Behörde bestimmte Dinge einfach so handhabt.“ Gerd Bennewirtz, inhaber der Vermögens- verwaltung SJB Fondsskyline aus Korschen- broich, erklärt: „Mittlerweile ist es so, dass ich für unsere Vermögensverwaltung nur noch Juristen und Compliance Officer einbinde. Dabei ist jedem klar, dass Juristen und Com- pliance Officer keinen müden Euro hereinho- len, sondern primär Geld kosten.“ Eine solche Entwicklung mag gut für den Berufsstand der Juristen sein, sorgt aber vermutlich nicht für bessere Ergebnisse der Vermögensverwaltung. Absurde Verordnung Von der Schweiz aus beobachtet Morgen das weitere regulatorische Treiben in der EU. Besonders absurd findet er die von Arbeits- ministerin Andrea Nahles (SPD) vorgebrachte Novelle der deutschen Arbeitsstättenverord- nung, die auch Vermögensverwalter trifft. „Es scheint Zeitgeist zu sein, dass der Bürger um- fangreichst beschützt werden soll und gleich- zeitig eine schrittweise Entmündigung damit einhergeht. Sicherlich ist es richtig, dass es eine Anschnallpflicht beim Autofahren gibt. Aber dass man Heimarbeitsplätze kontrollie- ren soll, ob ein Mitarbeiter auch die richtige Sitzhaltung einnimmt oder ob amArbeitsplatz die Beleuchtung stimmt, ist für mein Empfin- den eher beleidigend“, so Morgen. Schließlich führten die überbordende Regulatorik und die teilweise wenig zielführenden Vorschriften zu höheren Kosten. „Manche sind der Meinung, den Banken und Vermögensverwaltern ge- schehe es recht, wenn sie mit vielen Regeln belastet würden. Sie vergessen dabei aber, dass die vielen Verpflichtungen die Dienstleis- tungen der Vermögensverwalter teurer ma- chen und im Endeffekt sie selbst mehr dafür bezahlen müssen.“ Die Bürokratie und die hohen Einstiegshür- den sorgen aus Sicht der Kunden für einen weiteren Nachteil: Der Wettbewerb der Ver- mögensverwalter untereinander nimmt ab. Wenn kaum neue Mitbewerber auf den Markt drängen, sinkt der Leistungsdruck – schlecht für Anleger, die auf eine gute Performance hoffen. Hagen rechnet insbesondere wegen MiFiD ii mit einer Konsolidierung des Mark- tes. Schon jetzt ist die Zahl der unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland über- schaubar: Mitte Februar hatten nur 687 der BaFin-zugelassenen Finanzdienstleis- tungsinstitute eine Erlaubnis zur Finanzport- folioverwaltung. Für ein Volk von 80 Millio- nen sicherlich keine übertrieben hohe Zahl. Zum Vergleich: in der Schweiz arbeiten mehr als 1.000 Vermögensverwalter – bei acht Mil- lionen Einwohnern. Regulierung verdrängt Leistung Die bankenunabhängigen Vermögensver- walter fristen in Deutschland ohnehin ein Nischendasein. Beispielhaft zeigt sich das an einer Studie des Deutschen instituts für Ser- vice-Qualität (DiSQ), das vor rund zwei Jah- ren – eine neuere Untersuchung gibt es nicht – „26 führende Vermögensverwalter“ unter die Lupe nahm, wie es in der Pressemeldung hieß. Unabhängige Häuser wie Fiduka, PSM, DJE oder Avesco sind dort eindeutig in der Minderheit, vielmehr dominieren die Wealth- Management-Sparten von Banken wie Beren- berg, HSBC Trinkaus, BHF oder Hauck & Aufhäuser das Geschäft. Erstaunlich ist das nicht, belastet doch der schwere Regulierungs-Rucksack die Banken weniger als die unabhängigen Vermögens- verwalter, die in der Regel deutlich kleiner sind. Natürlich gelten für das Wealth Manage- ment der Banken die gleichen hohen Anfor- derungen, aber sie können oft auf zentrale Abteilungen wie Rechnungswesen, Com- pliance oder iT zurückgreifen, sodass die Regulierungskosten nicht ganz so stark ins Gewicht fallen. So steht zu befürchten: Regulierung ver- drängt die Leistung. Aber Dokumentation und Reporting stimmen. ANKE DEMboWSKI | FP vertrieb & praxis I vermögensverwalter Foto: © ICM, Morgen & Partner Heinrich Morgen, Morgen und Partner: „Ich habe eine Allergie gegen Überbürokratie.“ Norbert Hagen, ICM: „Wir füllen pro Quartal mittlerweile fast 100 Einzelmeldebögen aus.“

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