FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

277 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 sich neben Anleihen, Aktien und Fonds auch Zertifikate, Rohstoffe oder Hedge- fonds. Nach der Lehman-Pleite gerieten komplexe Finanzprodukte in Verruf. Wie sehen die Depots der Kunden denn inzwischen aus? Die Depotstrukturen sind noch „bunter“ ge- worden. Denn die Kapitalmarktsituation, in der wir uns derzeit bewegen, ist eine ganz be- sondere. Wir werden gerade Zeugen des größ- ten geldpolitischen Experiments, das es je ge- geben hat. Die Folge davon ist, dass wir in der Zinswüste leben. Das erfordert ein Umdenken, wie Portfolios zu strukturieren sind. Zum ei- nen müssen die Depots noch internationaler werden, Investments in deutsche Staatsanlei- hen und den Dax reichen nicht mehr. Außer- dem werden wir durch diese stärkere Interna- tionalisierung Währungen aktiver managen müssen. Doch ein breiter diversifiziertes Ak- tien- und Rentenportfolio ist noch nicht hin- reichend, auch der Anteil alternativer Invest- ments und Anlagekonzepte muss steigen, seien es marktneutrale Hedgefonds, Rohstoffe oder Private-Equity-Investments. Volatilität wird zukünftig als Renditequelle eine noch größere Rolle spielen, dazu kommen Themen wie Infrastruktur. Alles in allem ist dieses neue Umfeld für professionelle Vermögensverwal- ter durchaus positiv: „Buy and Hold“ funk- tioniert nicht mehr, weder bei Anleihen noch bei Aktien, und „Do it Yourself“ ist für die wenigsten Anleger empfehlenswert. Kurzum: Wenn Beta nicht mehr in dem Ausmaß vor- handen ist wie früher, wird Alpha wichtiger. Haben Sie eigentlich selbst noch Zeit, re- gelmäßig Kundengespräche zu führen? Oh ja! Ich spreche fast jeden Tag mit Kunden, vor allem über große, komplexe Privatvermö- gen, sowie mit institutionellen Investoren. Das ist extrem wichtig, da nehme ich viel mit, was für unsere Kunden gerade relevant ist. Unsere Klienten geben in der Regel ein sehr offenes Feedback, das hilft uns sehr weiter. Und wo drückt die Kunden der Schuh? Ich glaube, viele Privatanleger wissen noch gar nicht so richtig, wo der Schuh bald drücken wird: auf der Rentenseite. Die Kun- den haben über Jahrzehnte die Erfahrung ge- macht, dass Renten eine sichere Anlage sind, die zudem noch auskömmliche Erträge ab- werfen. Jetzt müssen wir ihnen klarmachen, dass das in Zukunft ganz anders aussehen kann und dass es sehr wahrscheinlich notwen- dig sein wird, den Rentenanteil zu reduzieren und dafür die besseren Zinspapiere ins Depot zu nehmen: nämlich Dividendenaktien. Mit sicheren Anleihen gelingt der Vermögenser- halt real nach Steuern jedenfalls nicht mehr. Sie sind nicht nur Vorstandschef, son- dern nach wie vor auch Chefanlagestra- tege der Bank … … bekomme aber nur ein Gehalt (lacht). Kommen Sie noch dazu, sich intensiv den Finanzmärkten zu widmen? Steht auf Ihrem Schreibtisch noch ein Bloom- berg-Terminal? Aber ja! Ich bin zwar nicht mehr ganz so dicht an den Märkten wie früher, habe aber ein sehr gutes Team um mich, auf das ich mich verlassen kann, sowohl auf der CIO- wie auch auf der CEO-Seite. Da bin ich gut organisiert, denn anders ließen sich die zwei Jobs auch nicht unter einen Hut bringen. Ich finde das übrigens eine gute Kombination, und auch von den Kunden bekomme ich positive Rückmeldungen. Ich bin eben nicht der CEO, der sich auf „Wining and Dining“ konzentriert, ich spreche mit den Kunden lieber über Inhalte. Natürlich kann ich mit unseren Klienten auch über die Festspiele in Bayreuth und Salzburg reden. Doch dafür kommen die Kunden nicht zu uns – sondern sie wollen mit uns Fragen rund um ihr Ver- mögen klären. Fernab vom Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden dient Sal. Oppenheim als „Quant-Boutique“ innerhalb der Deut- schen AWM. Sie waren es, der die Quant-Plattform nach IhremWechsel zu Sal. Oppenheim 2007 deutlich ausgebaut hat. Sind Sie erleichtert, dass Ihr „Baby“ wächst und gedeiht, während quasi das gesamte restliche Fondsgeschäft ver- schwunden ist? Bei den eigenen Kindern freut man sich immer, wenn sie sich gut entwickeln. Das ist bei den Quant-Strategien, in denen inzwischen 16 Milliarden Euro verwaltet werden, ohne Frage der Fall. Wir hatten das Glück, in Köln etwas aufgebaut zu haben, was der Deutschen AWM noch fehlte – das hat den Fortbestand des Portfoliomanagementteams gesichert. Nun kommt uns zugute, dass wir die Strategien über die Vertriebspower der Deutschen Bank international anbieten können. Wir konnten beispielsweise ein Mandat eines britischen Versicherers gewinnen, eines in der Schweiz, waren schon in Asien unterwegs und bekom- men sogar Interesse aus Australien signali- siert. Das hätte Sal. Oppenheim allein nie stemmen können. Vielen Dank für das Gespräch. BErND MIKOSCH | FP » Im Moment bieten wir Honorar- beratung nicht an, weil unsere Kunden sie nicht nachfragen. « Wolfgang Leoni, Sal. Oppenheim Wolfgang Leoni: „Ich bin nicht der CEO, der sich auf ,Wining and Dining‘ konzentriert, ich spreche lieber über Inhalte. Natürlich kann ich auch über die Festspiele in Bayreuth reden. Doch dafür kommen die Kunden nicht zu uns.“

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=