FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

Michael Mellinghoff, Fintech-Experte 283 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 den Austausch von Formularen“, erklärt Frei- tag. Neben dem Start-up Zinspilot, bei dem Anleger ihr Geld auf verschiedenen Tages- geldkonten im In- und im Ausland anlegen können, brachte die Bank mit Fairr.de ein jun- ges Unternehmen an den Markt, das Riester- Sparpläne vertreibt. Riester-Sparer zahlen bei Fairr.de eine Verwaltungsgebühr zwischen ei- nem halben und zwei Prozent der angesparten Summe und eine Depotgebühr von 30 Euro pro Jahr. Außer den internen Fondskosten fal- len keine weiteren Gebühren an. Die Arbeit ist klar aufgeteilt: Das Fintech kümmert sich um Marketing und Vertrieb, und die Bank übernimmt den Rest. Wenn ein Riester-Spar- plan-Antrag über die Website von Fairr.de bei der Sutor Bank eintrifft, bearbeitet diese den Antrag und eröffnet das Depot. Die Sparbei- träge fließen in die hauseigene Vermögensver- waltung, die auf ETFs und Anlageklassen- fonds setzt. So profitieren beide Seiten von der Zusammenarbeit. „Für uns ist die Welt der ,Finanzdienstleister der nächsten Generation‘ keine Bedrohung, sondern eine Chance, um als kleine Bank unseren Aktionsradius digital zu vergrößern und unsere Dienstleistungen über neue Angebote dem Markt anzubieten“, so Freitag. „Was auf keinen Fall funktioniert, ist Fintech-Ignoranz – die erstaunlicherweise immer noch stärker verbreitet ist, als wir an- fangs gedacht haben.“ Bank der Zukunft Die fortschreitende Digitalisierung stellt die Bank der Zukunft vor einige Herausforderun- gen: „Der Kunde erwartet individualisiertes Banking, alles aus einer Hand und möglichst kostenlos. Und der Service sollte 24 Stunden erreichbar sein“, so Analyst Dapp. „Multika- nal heißt nicht, dass man dem Mitarbeiter am Servicetelefon noch einmal erklären muss, was man vorher mühevoll in die Onlinemaske eingegeben hat.“ Dapp mahnt ein anderes Denken im Umgang mit Daten an. Er wünscht sich insbesondere eine schnellere Verarbeitung und Vernetzung der Kundenda- ten. „Zur Digitalisierungsstrategie der Kredit- institute sollte auch gehören, dass man Roh- daten aus verschiedenen Quellen wie Audio, Video oder Bilder maschinenlesbar macht“, sagt Dapp. Gleichzeitig fordert er von den Verantwortlichen Mut zum „Trial and Error“. Vielleicht kann eine Kooperation mit einem Fintech dabei helfen. MARCUS HIPPLER | FP Michael Mellinghoffs Top 3 der Fintechs aus dem Bereich der Vermögensverwaltung Moneymeets Auf der Internetseite veröffentlichen Nutzer ihre realen Depots und lassen die Netzgemeinschaft an ihren Anlageentscheidungen teilhaben. Als Belohnung erhalten sie die Ausgabeaufschläge und Teile der Innen- provision der über die Plattform gehandelten Produkte erstattet. Das Kölner Unternehmen besitzt sowohl eine Li- zenz als Finanzanlagenvermittler als auch als Versiche- rungsmakler und veröffentlicht sämtliche Provisionen und Vergütungen aller handelbaren Wertpapiere. Mittlerweile ist das Fintech, das zur Handelsblatt-Gruppe gehört, auch im Versicherungsbereich aktiv: Wer seine Verträge regis- trieren beziehungsweise auf Moneymeets übertragen lässt, streicht Teile der Bestandsprovision ein. Nach Angaben des Unternehmens erhält der Kunde bei Sachversiche- rungen durchschnittlich rund zehn Prozent der Jahresbei- träge rückerstattet, und dies ohne den Anbieter wechseln zu müssen. Cashboard.de bietet eine Onlinevermögensverwaltung auf ETF-Basis ab einem Betrag von 1.000 Euro an. Neben den traditionellen Assetklassen kann man auch in Crowd- investing-Angebote investieren oder Geld an Privat- personen verleihen. Depot und Konto werden kostenfrei bei Partnerbanken geführt – unter anderem bei der Augsburger Aktienbank. Bei einem Kauf oder Verkauf fallen 0,5 Prozent Transaktionsgebühren der Partner- banken an. Cashboard verdient an einer jährlichen Gewinnbeteiligung in Höhe von zehn Prozent, aber nur wenn die alten Höchststände übertroffen werden. Das Fintech ist als gebundener Agent unter dem Haftungs- dach der Hanseatischen Portfoliomanagement GmbH tätig. Mydesq.com ist ein junges Schweizer Fintech aus dem B2B-Bereich und möchte die Arbeit von Finanzberatern und Private Bankern erleichtern. Die Firma bietet eine Softwarelösung für den Tablet-PC, die es ermöglicht, von überall auf der Welt einen sicheren Zugriff auf alle Syste- me und Daten des heimischen PCs zu erhalten. Unter- nehmensgründer ist Milan Vora, der mehr als 20 Jahre bei Schweizer Großbanken die Prozesse im Asset Ma- nagement optimiert hat. Kreditinstituten. Start-ups wie Kreditech oder der Lending Club in den USA greifen hier das Herz des Bankgeschäfts an. Es gilt: Sind die technischen Möglichkeiten da, droht bei oligopolistischen Strukturen und/oder über- durchschnittlich hohen Margen zwangsläufig der Markteintritt von Angreifern. Digitalisie- rung ist nichts anderes als technischer Fort- schritt, der mittelfristig in der Lage ist, tradi- tionelle Banken als Mittelsmann zwischen Kunde und Markt komplett auszuschalten. Wie sehen Sie den Markt für Zahlungs- anwendungen? Es gibt zweifelsfrei zu viele Anbieter am Markt, weltweit mehrere tausend Start-ups. Da setzen sich nicht alle durch. Wir werden in diesem Segment einige Fusionen sehen, und viele Firmen verschwinden wahrschein- lich vom Markt. Insbesondere interessant ist – nicht nur für Währungen oder Zahlungsver- kehr – die Blockchain-Technologie, die von einigen niederländischen Banken bereits auf- gegriffen wird. Vereinfacht gesagt ist Block- chain ein digitaler Kontoauszug für Transak- tionen zwischen verschiedenen Computern. Firmen wie Nutmeg, Ayondo oder Mo- neymeets sind im Bereich der Vermö- gensverwaltung aktiv. Wie sieht es dabei mit der rechtlichen Seite aus? Das ist je nach Geschäftsmodell unterschied- lich. In Deutschland besitzen sie in der Regel entweder eine Lizenz nach Paragraf 34f oder sie schließen sich einem Haftungsdach an. Tendenziell sind die jungen Unternehmen eher bereit als die etablierten Player, Graube- reiche in der Regulierung zu nutzen. Die Re- putationsrisiken einer Bank sind oft Chancen für aufstrebende Start-ups, aber auch diese sollten von Anfang an auf ihre Reputation achten. Als ein Beispiel kann man die Online- identifizierung nennen, die seit letztem Jahr bei Kontoeröffnungen im Netz eingesetzt wird. Diese Möglichkeit haben sich einige Start-ups, die dafür Lösungen anbieten, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- aufsicht regelrecht erkämpft. Jetzt nutzt bei- spielsweise auch die Großbank ING Diba die neue Technik. Wie sehen Sie die Zukunft der Fintechs in der Vermögensverwaltung? Es bestehen gute Chancen für Fintechs, sich am Markt zu behaupten, da der Frust von 2008 bei vielen Anlegern noch nachwirkt und es mit dem niedrigen Zinsniveau gleichzeitig einen Trigger gibt, mehr Risiko einzugehen. Der niedrige Einlagenzins macht eine Anlage in risikoreicheren Bereichen schmackhafter. Außerdem ist im Netz anlegen spielend ein- fach geworden, hier gilt: „Convenience“ schlägt die Sicherheitsbedenken.

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