FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

284 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 bank & fonds I vergütungssysteme Foto: © Iriksavrasik | Dreamstime.com Z unächst geisterte es nur als Gerücht durch das niedersächsische Warden- burg, dann wurde daraus doch Gewiss- heit: Der Anlageberater der örtlichen Sparkas- se, im Ort bekannt und geschätzt, hatte einer 76-jährigen Rentnerin einen LBS-Bauspar- vertrag angedreht. Das war im Herbst 2007. Knapp 15 Jahre später sollte das Bauspardar- lehen ausbezahlt werden. „Natürlich haben wir solche Sachen verkauft, was das Zeug hielt“, sagt der Berater heute. „Es fanden rich- tige Wettbewerbe statt, bei denen es nur da- rum ging, wer die meisten LBS-Verträge ver- kauften konnte.“ Ob die Kunden das Produkt brauchten oder nicht, war zweitrangig. Schließlich flossen 20 Prozent der Provision, die es für jeden verkauften Bausparvertrag gab, direkt in den persönlichen Bonustopf. In Köln berichtet eine ehemalige Anlage- beraterin der Deutschen Bank von ähnlichen Vertriebspraktiken. „Als ich 2006 Kleinanle- gern geschlossene Fonds für Riesenräder in Peking verkaufen sollte, hat es mir gereicht“, sagt sie. Sie stieg aus und kehrte der Finanz- welt den Rücken. Drei Jahre später demon- strierten Rentnergruppen vor einer Münchner Filiale der damaligen Citibank, weil deren Be- rater ihnen Zertifikate der US-Investmentbank Lehman Brothers aufgeschwatzt hatten. Exzesse sind Vergangenheit Verkaufen ohne Sinn für den Kunden, Ver- kaufen mit dem Ziel, Provisionen zu kassie- ren, den umsatzorientierten Bonus in die Hö- he zu treiben und möglichst noch den coolen Incentive-Trip nach Dubai mitzunehmen; sol- che Exzesse sind für Anlageberater der großen deutschen Privat- und Genossenschaftsbanken sowie der Sparkassen Vergangenheit. Denn nach dem Zusammenbruch von Lehman im Herbst 2008 hat die Europäische Union die Vergütungs- und Anreizsysteme von Kredit- instituten ins Visier genommen. „Insbesondere die variablen Anteile der Vergütung standen dabei immer im Fokus der Regulierung“, sagt Werner Buchta, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei Buchta/Bagnoli/von Varel in Hof. Die neuen gesetzlichen Vorgaben zeigen Wirkung: Die jüngste EU-Richtlinie MiFID II ist zwar noch gar nicht in deutsches Recht umgesetzt, die Banken halten sich dennoch bereits heute freiwillig an wesentliche Vorgaben des Regel- werks. Immerhin haben sie ein Image aufzu- polieren. Verschärfte Vorschriften Beim Ersinnen neuer Rechtsnormen für die Anlageberatung hat die EU seit 2008 Ehrgeiz gezeigt. In Deutschland ist die grundlegende Vorschrift Paragraf 33 Wertpapierhandels- gesetz (WpHG). Der Paragraf wurde imApril 2011 durch das Anlegerschutz- und Funk- tionsverbesserungsgesetz erweitert. Seither steht eindeutig fest: Banken müssen ihre Ver- triebsvorgaben so gestalten, dass sie Kunden- interessen nicht beeinträchtigen. Im Juli 2013 verabschiedete die EU-Wertpapieraufsicht ESMA zudem neue Vergütungsrichtlinien für Banken, die die erste MiFID-Richtlinie ver- schärfen. Der deutsche Gesetzgeber setzte die strengeren Leitlinien mit Paragraf 25 Kredit- wesengesetz (KWG) und der Institutsvergü- tungsverordnung um, die beide seit 1. Januar 2014 gelten. Der Bonus eines Anlageberaters darf seither nicht höher sein als sein Festge- halt. Bonuszahlungen dürfen zudem nicht mehr allein am Erreichen quantitativer Ziele Die Regulierung der Bankberatung verändert auch die Vergütung der Angestellten: Im Zentrum stehen nun qualitative Ziele wie Kundeninteresse und Teamgeist. Verpönte Gier Die Zeiten, da Bankmitarbeiter für ihre Verkaufsleistung mit hohen Bonifikationen rechnen durften, sind vorbei. Rein umsatzabhängige Boni sind heute verboten. Und Erfolgsprämien, die zusätzlich zu den Fixgehältern bezahlt werden, sind meist nicht mehr nur von der eigenen Leistung abhängig, sondern werden für Team- oder Filialerfolge vergeben.

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