FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

bemessen werden. Qualitative Vorgaben wie Kundenzufriedenheit oder -bindung müssen zwingend einfließen. Neue Regeln definiert die im Mai 2014 verabschiedete MiFID-II-Richtlinie, die die Mitgliedsstaaten ab Januar 2017 anwenden müssen. MiFID II sieht ein generelles Zuwen- dungsverbot vor: Wer eine „unabhängige“ Anlageberatung anbietet, darf von Produktan- bietern künftig weder Vertriebsprovisionen noch Sachprämien oder Incentives annehmen. Verpönte Incentives Sachprämien und Incentives, mit denen Emittenten den Absatz ihrer Produkte fördern möchten, gelten bei allen großen Privatban- ken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen allerdings schon längst nicht mehr als statt- haft. „Solche Anreize sind zwar noch nicht verboten, sie werden aber stark zurückgefah- ren“, sagt Mark Roach von der Berliner Ver- di-Bundesverwaltung, Fachbereich Finanz- dienstleistungen / Fachgruppe Banken. Verkauf in Produktgruppen Provisionen für den Vertrieb von Anlage- produkten gibt es noch. „Sie fließen jedoch meist in den Gesamtertrag des Kreditinstituts ein“, erklärt Roach. Den variablen Vergü- tungsanteil des einzelnen Anlageberaters er- höhen sie dann nur noch indirekt. Etwas an- ders läuft es bei der Targobank, der früheren Citibank. „Wir haben einheitliche Ausgabe- aufschläge eingeführt“, sagt Boris Kämmner, Leiter Vertrieb Vermögensberatung. Das beseitigt den Anreiz, verstärkt Produkte mit hohen Provisionen zu verkaufen. Für den Ausgabeaufschlag fließen dem Filial- oder Verkaufsteam nach einem bestimmten System berechnete Punkte zu. Diese tragen direkt dazu bei, dass das Ertragsziel erreicht wird. Bei allen anderen großen Instituten wird der Verkauf ausgewählter Einzelprodukte nicht einmal mehr gemessen, zeigt eine Umfrage von FONDS professionell (siehe Tabelle nächste Seite). „In unseren Zielvereinbarun- gen spielt stattdessen der Verkauf in Produkt- gruppen eine Rolle“, heißt es bei der Hypo- vereinsbank (HVB). Ein gängiges Modell bei vielen Banken und Sparkassen, das der Bo- nusgier Einhalt gebieten soll. Verdi-Experte Roach findet das Wort „Gier“ in Bezug auf Filialberater allerdings übertrieben. „In der öffentlichen Diskussion um Banker-Boni ist der Eindruck entstanden, die Berater hätten sich vor Lehman eine gol- dene Nase verdient“, sagt er. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Für die Vorstandseta- gen oder das Investmentbanking möge dies zutreffen. Die Boni der Berater „an der Front“ seien aber selbst zu den besten Zeiten an 100 Prozent ihres Festgehalts nie auch nur annä- hernd herangekommen. „Und heute ist das erst recht nicht mehr so“, sagt Roach. Oliver Popp vom Deutschen Bankangestell- ten-Verband (BDV) in Düsseldorf bestätigt dies: „Anlageberater von Privatbanken ver- dienen nach dem aktuellen Tarifvertrag monatlich maximal 4.603 Euro brutto.“ Der bank & fonds I vergütungssysteme Foto: © Alexfiodorov | Dreamstime.com, Buchta, Targobank, Verdi Boris Kämmner, Targobank: „Wir haben einheitliche Ausgabeaufschläge eingeführt.“ Rechtsanwalt Werner Buchta: „Die variablen Anteile der Vergütung standen immer im Fokus der Regulierung.“ Die aktuelle Rechtslage Europäische Union und deutscher Gesetzgeber haben Exzessen im Vertrieb von Finanzprodukten einen Riegel vorgeschoben. FONDS professionell gibt einen Überblick, was die zahlreichen neuen Rechtsnormen für die Vergü- tung der Anlageberater bei Banken bedeuten. Provisionen: Vertriebsprovisionen sind noch zulässig. Dies gilt für Zahlungen, die ein Anlageberater von seiner Bank erhält, etwa für den Verkauf hauseigener Finanzpro- dukte. Auch Vermittlungs- und Bestandsprovisionen, die Produktanbieter an Banken zahlen, sind aus re- gulatorischer Sicht erlaubt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof klar- gestellt: Anlageberater müssen ihre Kunden seit 1. August 2014 über alle Provisionen auf- klären, die ihnen das betreffende Geschäft bringt – Innenprovisio- nen inklusive (Az.: XI ZR 147/12). Sachprämien/Incentives: Die geltenden Regelungen erlauben, dass Emittenten von Anlageinstrumenten Berater bei Banken für die Vermittlung ihrer Produkte mit Sach- prämien oder Incentives belohnen. Auch die Kreditinstitute dürfen ihren Mitarbeitern solche Anreize bieten. Verhältnis Bonus/Festgehalt: Besteht die Vergütung aus einer variablen und einer fixen Komponente, müssen beide in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist nicht der Fall, wenn der Bonus das Festgehalt über- schreitet. Qualitative Ziele: Boni dürfen nicht nur auf- grund quantitativer Ziele wie Umsatz oder Anzahl der verkauften Finanzinstrumente be- messen werden. In die Zielvorgaben müssen ebenso qua- litative Parameter wie Kundenzufriedenheit, Teamfähigkeit oder eine geringe Beschwerdequote einfließen. Drehen der Depots: Es ist nicht zulässig, verstärkt Pro- dukte mit kurzer Laufzeit zu verkaufen, nur um Prämien für die Wiederanlage des Instruments zu erhalten. Auch dürfen Anlageberater das Depot eines Kunden nicht allein zu diesem Zweck mehrfach umschichten. MiFID II: Die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II, die ab Januar 2017 angewendet werden muss, sieht ein Zu- wendungsverbot vor. Für „unabhängige“ Anlageberatung dürfen Institute keine Vertriebsprovisionen von Produkt- anbietern annehmen. Auch Sachprämien und Incentives sind verboten, sofern sie nicht als geringfügig eingestuft werden können. Rechtliche Grundlagen: § 33 Abs. 1 S. 2 Nr. 3a WpHG; § 25a Abs. 5 KWG; InstitutsVergV; MaComp, BT 8; MiFID II 286 www.fondsprofessionell.de | 1/2015

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