FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

sind nach Meinung des Aktuars Peter Schramm aufgrund der vielen regulatorischen Anforderungen an die Assekuranz kaum noch zu senken, zumindest nicht kurzfristig. Eine weitere mögliche Rolle bei diesen komplexen Berechnungen spielt die Finanz- kraft des Unternehmens. Wenn ein Versicherer beispielsweise eine Abschlusscourtage über 25 Promille zahlen möchte, muss er den da- rüber hinausgehenden Betrag wie erwähnt aus den eigenen Mitteln vorfinanzieren und sie sich später aus den Verwaltungsgebühren zurückholen. Schramm meint aber, dass die Versicherer grundsätzlich genug Eigenmittel haben müssten, um zumindest eine gewisse Vorfinanzierung stemmen zu können. Die Finanzlage der Assekuranz wirkt sich möglicherweise auch darauf aus, wann die neuen Vergütungsmodelle eingeführt werden. Davon könnte etwa abhängen, ob ein Versi- cherer eine Zeitlang weiterhin die alten Pro- visionen zahlen kann, um sich einen Wettbe- werbsvorteil zu verschaffen. Denkbar ist auch, die anfänglichen Einbußen der angeschlosse- nen Makler abzupuffern, indem die Courtage nur schrittweise reduziert wird. Der wichtigste Grund dafür, dass die Anbieter nicht alle gleichzeitig reagieren, dürfte jedoch anderswo liegen: Es ist sehr aufwendig, die komplexe IT auf die neuen Tarife und Vergütungsmo- delle umzustellen. Bei Gesellschaften mit Ausschließlichkeitsorganisation kommt hinzu, dass die nötigen Verträge nicht so schnell geändert werden können. Einbußen noch verkraftbar Auch wenn Makler Einbußen verkraften müssen, sollte sich die Umstellung nur für wenige zu einem echten Problem auswach- sen. Schließlich konzentriert sich kaum ein unabhängiger Vermittler nur auf das Geschäft mit klassischen Lebens- und Rentenversiche- rungen oder Fondspolicen. „Das Gesamtein- kommen eines Maklers setzt sich schon aus Haftungsgründen aus verschiedenen Bestand- teilen zusammen“, sagt Kiener. „Und bei den anderen wichtigen Sparten wie den Sachver- sicherungen, den Kranken- oder BU-Versiche- rungen ändert das LVRG nichts.“ Makler müssten infolge des LVRG mit einem Rück- gang ihrer Gesamteinnahmen zwischen fünf und zehn Prozent rechnen, was für die meis- ten aber noch verkraftbar sei. Sachgeschäft bietet Ausgleich Vonseiten der Maklerpools müssen die Ver- mittler in der Regel keine weiteren Provi- sionseinbußen befürchten. Die von FONDS professionell befragten großen Pools gaben alle an, dass ihr Anteil an den Provisionen prozentual analog zu den Einbußen der Ver- mittler sinken wird. Eine Ausnahme ist Blau Direkt: Das Lübecker Unternehmen will auf den bislang selbst vereinnahmten Anteil ver- zichten und die Abschlusscourtagen der Part- ner möglichst auf dem bisherigen Niveau belassen. Auch bei der laufenden Bestands- provision steckt Blau Direkt künftig zurück. Der Pool will sich stattdessen künftig aus- schließlich über Beiträge der Makler finan- zieren, nicht mehr über Provisionen. Andere Pools greifen ihren Partnern unter die Arme, indem sie ihr Angebot in Sparten wie Sach oder Biometrie ausbauen: „Ein wichtiger Punkt ist sicher das Sachgeschäft. Hier haben wir unsere eigene Mannschaft be- reits verstärkt“, sagt beispielsweise Netfonds- Vorstand Karsten Dümmler. Und Sebastian Grabmaier, Vorstandschef von Jung, DMS & Cie., kündigte an, ab April exklusiv mit dem neuen Sachvergleichsrechner von Softfair an den Markt zu gehen. Kleine Schritte, die in Summe jedoch helfen können, die Einbußen aus dem Leben-Geschäft abzufedern. Magerzinsen belasten Allerdings zeichnet sich ab, dass das Ver- gütungsniveau langfristig noch weiter sinken wird: Das Niedrigzinsumfeld wird Experten zufolge dazu führen, dass die Versicherer Pro- bleme bekommen könnten, die vertraglich zugesicherte Ablaufleistung einer Police zu erwirtschaften. Um dieses Problem zu lösen, müssten die Versicherer entweder die Laufzeit der Verträge verlängern, beispielsweise auf 30 und mehr Jahre, oder die Kosten reduzieren. Bevor sich die Anbieter an ihren mitunter auf- geblasenen Verwaltungsapparat heranwagen, werden sie versuchen, die Abschlusskosten weiter zu senken. Sollten die Versicherer nicht selbst die Kosten senken, müssen sie übrigens damit rechnen, dass die Politik eingreift – und doch noch einen Provisionsdeckel einführt. Einen Präzedenzfall für einen solchen Schritt gibt es bereits: die private Krankenversiche- rung. Und dass die Politik mitunter überra- schend schnell handeln kann, hat sie erst im vergangenen Jahr bewiesen. JENS BREDENBALS | FP Markus Kiener, Fonds Finanz: „Das Gesamteinkommen setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen.“ 292 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 fonds & versicherung I versicherungsprovisionen Ausländische Versicherer Gesetz: Von den neuen Regeln des LVRG nicht betroffen sind ausländische Lebensversicherer mit Sitz im EU-/ EWR-Raum, für die die Rechnungslegungsvorschriften des jeweiligen Heimatlandes gelten. Im Gegensatz zu ih- ren deutschen Mitbewerbern haben sie die Möglichkeit, ihre bisherigen Provisionsmodelle beizubehalten. Denn das LVRG hat sowohl Teile des Versicherungsaufsichts- gesetzes (VAG) als auch des Versicherungsvertragsgeset- zes (VVG) geändert beziehungsweise ergänzt. Das deut- sche VAG – und damit die dort geregelten Bilanzierungs- vorschriften – gelten für ausländische Versicherer aus dem EU-/EWR-Raum aber nicht. Sie müssen ihren Produkt- vertrieb in Deutschland der Finanzaufsicht Bafin nur an- zeigen, ansonsten sind für sie die Aufsichtsbehörden in ihren Stammländern zuständig, und es gelten die dortigen Aufsichtsgesetze. Ausländische Versicherer aus anderen Teilen der Welt einschließlich der Schweiz, die ihre Pro- dukte hier nur vertreiben dürfen, wenn sie in Deutschland eine eigene Tochtergesellschaft gegründet haben, unter- liegen hingegen dem deutschen VAG. Entsprechend müs- sen sie ihre Provisionsmodelle überprüfen. Reaktionen: Trotzdem haben sich bekannte Namen ent- schieden, sich den deutschen Mitbewerbern anzuschlie- ßen. „Für 2015 sehen wir keine Veranlassung, unsere Courtagezusagen anzupassen“, erklärte die liechtenstei- nische Prisma Life. Dennoch werde man ebenfalls dazu übergehen, die Abschlussvergütung zugunsten höherer laufender Vergütungen zu senken. Auch Standard Life, ein Unternehmen mit britischen Wurzeln, plant, die Ab- schlussvergütungen zu senken und die laufende Courtage zu erhöhen. Canada Life, rechtlich zu Canada Life Assu- rance Europe gehörend, hat bislang keine Änderungen an ihrem Vergütungsmodell vorgenommen. Eine Entschei- dung darüber, ob dies in der Zukunft doch geschieht, habe man noch nicht getroffen, teilte das Unternehmen mit. Foto: © Fonds Finanz

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