FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

305 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 den auch nach der Umsetzung der Richtlinie unterschiedliche Beratungsmodelle aus Hono- rar- und Provisionsberatung weiter bestehen bleiben“, so Stolzenburg. Allerdings werde die Beratung auf Basis von Provisionen nur dann zulässig sein, wenn deren Zahlung zu einer weiteren Verbesserung der Qualität der Dienstleistung eines Beraters führe. Außer- dem dürften sich künftig nur noch jene Be- rater als unabhängig bezeichnen, die auf eine Entgegennahme von Vertriebsprovisionen verzichten. Was unter „Verbesserung der Qualität der Dienstleistung eines Beraters“ genau zu ver- stehen ist, hat vor Kurzem ESMA-Chef Steven Maijoor selbst vor Journalisten in Wien erläutert. Dieser Nachweis soll laut Maijoor mithilfe eines sogenannten „Quality Enhancement Tests“ erfolgen. Er nannte dafür zwei Beispiele, die die ESMA ausgearbeitet hat: Eine Qualitätssteigerung sei zum einen dann erkennbar, wenn durch Provisionsbe- ratung ein breiteres Produktangebot gewähr- leistet werden könne. Nutzenstiftend sei auch, wenn die Beratung nicht nur am Point of Sale stattfinde, sondern ein Kunde während der gesamten Haltedauer eines Produktes betreut werden kann – im Prinzip also das, wofür die freien Berater eigentlich schon immer gestan- den haben. Der endgültige Ausgang in Sachen Mifid bleibt weiterhin abzuwarten. Er sei zwar opti- mistisch, dass es am Ende nicht zu einem Provisionsverbot kommen werde, erklärte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BVI, in seinem Vortrag am FONDS professionell KONGRESS in Mannheim. Endgültig ausschließen könne man das aber noch nicht. Richter wusste wahrscheinlich auch schon damals: Wenn bei einem Projekt wie der Umsetzung von Mifid II der Ball wieder in der Spielhälfte der ESMA liegt, dann weiß man nie so genau, was am Ende dann noch so alles neu hin- zukommt. Das jedenfalls legt seine jüngste Äußerung gegenüber der „Börsen-Zeitung“ nahe. Darin wies er darauf hin, dass die ESMA mitunter auch Details zu Punkten entwickle, die nicht im eigentlichen Gesetzes- text stünden. Als Beispiel nannte er neue Regeln zum Umgang mit bezahltem Rese- archmaterial oder Best-Execution-Anfor- derungen, die künftig auch für Asset Manager gelten sollen. Von diesen Themen habe die Branche erst im Rahmen des Konsultations- verfahrens erfahren, so Richter, der monierte: „So wichtige Themen kann man auch anders vorbereiten.“ HAnS HEUSER | FP Zeigte sich optimistisch, dass es nicht zu einem Provi- sionsverbot kommen wird: Thomas Richter vom BVI. Thilo Stolzenburg (Moventum): „Unterschiedliche Bera- tungsmodelle bleiben weiter bestehen.“ Hat die Bedeutung einer Verbesserung der Beratungs- qualität konkretisiert: ESMA-Chef Steven Maijoor. Extreme Unterschiede in der Wahrnehmung Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte die britische Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) ihren Bericht zu den Auswirkungen der Umsetzung des soge- nannten „Retail Distribution Review“ (RDR) veröffentlicht. Diesen nahm der Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH) Anfang März zum Anlass, in einer Pressemittei- lung zu verkünden: „In Großbritannien hat das Verbot von Provisionen in der Finanzberatung zu einer Professiona- lisierung des Beratungsmarktes geführt.“ Das Beispiel Großbritannien zeige, dass ein Provisionsverbot bei Finanzprodukten sowohl für Anleger als auch für Finanz- berater viele Vorteile habe. Die Veröffentlichung unter dem Titel „Post-implementation review of the Retail Distribution Review“ bescheinige dem Markt für Finanzberatung in Großbritannien eine zunehmende Professionalisierung gegenüber der Situation vor Einführung des Gesetzes. Mit Blick auf den Zugang sämtlicher Bevölkerungsschichten zu Finanzberatung hätten sich keine Einschränkungen belegen lassen, hieß es weiter vom BVDH. Es zeige sich zudem, dass die häufig formulierte Kritik eines unzu- reichenden Zugangs zur Finanzberatung für weite Bevöl- kerungskreise nicht stichhaltig sei. Außerdem sei die Zahl der Finanzberater in Großbritannien seit Einführung des Provisionsverbots gleich geblieben, gleichzeitig habe sich die Qualifikation der Berater erhöht. Eine solche Wahrnehmung seitens der Verantwortlichen beim BVDH lässt nur den Schluss zu, dass sie den zweiten Teil des sogenannten Heath-Reports nicht kennen. Den hatte Garry Heath, ehemals Chef des britischen IFA- Verbandes, auf der Basis einer Vielzahl externer Befra- gungen und Studien wie auch eigener Analysen zu den Auswirkungen des RDR in Großbritannien nur wenige Tage vor der BVDH-Veröffentlichung publiziert. Heath kommt darin zu einem vollkommen anderen Schluss, was die Auswirkungen der RDR-Umsetzung angeht. Demnach haben seit Einführung des Provisionverbots in Groß- britannien inzwischen 16,5 Millionen Menschen mittler- weile keinen Zugang zu einer Finanzberatung. Gleichzeitig haben laut Heath insgesamt 13.500 Berater die Branche verlassen, das Potenzial für weitere Austritte von IFAs sei sogar noch viel größer. „Die FCA hat stets argumentiert, die Umsetzung des RDR sei unbedingt nötig, um Fehl- beratungen künftig zu verhindern, die die Kunden in der Vergangenheit jährlich 223 Millionen Pfund gekostet hät- ten“, schreibt Heath. „Jetzt stellt sich heraus, dass die RDR-Implementierung die Menschen hierzulande satte 340 Millionen Pfund pro Jahr kosten wird.“ Schon selt- sam, wie unterschiedlich Wahrnehmungen und Inter- pretationen zu ein und demselben Thema ausfallen können.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=