FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

313 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 Regelfall sind, sagt die Behörde nichts. „Der Absatz ist und bleibt Auslegungssache. Man kann aus ihm durchaus weiterreichende Kon- trollen der Versicherer ableiten“, meint Wirth. Sein Münchner Kollege Johannes Fiala pflichtet ihm hier grundsätzlich bei. Strengere Kontrolle erwünscht Diese Diskussion, die laut Experten auch die mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung ausgestatteten Maklerpools betrifft, könnte rein theoretisch bleiben. Aller- dings bekommen die Formulierungen der BaFin vor dem Hintergrund einiger kürzlich von Versicherern erhobenen Forderungen eine gewisse Brisanz. So wurde beispielsweise einem Makler nahe Berlin von einem Versi- cherer im September 2014 mitgeteilt, dass er im Rahmen einer Neuanbindung ein polizei- liches Führungszeugnis vorlegen sollte, was nicht vom VAG gefordert wird. Pikant: Über eine Zweitfirma war dieser Makler längst an den Versicherer angeschlossen, eine Überprü- fung wäre daher eigentlich unnötig gewesen. Eine Begründung für ihr Vorgehen gab das Unternehmen nicht, Fachleute wie Wirth oder Fiala sind aber der Meinung, dass ein solches Vorgehen durch das neue Rundschreiben gedeckt sein könnte. Dass die Versicherer grundsätzlich eine strengere Kontrolle der Makler befürworten, zeigt auch ein – letztlich erfolgloser – Vorstoß des Gesamtverbandes der Deutschen Versi- cherungswirtschaft (GDV). In seiner Stellung- nahme zum Kapitel, das die Makler betrifft, hatte er gefordert, dass regelmäßige Anfragen bei der AVAD möglich sein sollen. Zur Begründung schreibt der GDV, dass sich bei einem bereits längere Zeit im Vermittlerregis- ter eingetragenen Makler Änderungen in den Umständen zur Beurteilung der Vermögens- verhältnisse ergeben haben können, die den Erlaubnisbehörden nicht bekannt geworden seien. Und weiter: „Zur Erfüllung ihrer Pflicht nach Paragraf 64a VAG sollte es den Versicherungsunternehmen daher möglich sein, eine aktuelle Überprüfung durchzufüh- ren, um die unter Ziffer A des Rundschreibens genannten Risiken (Anm.: unzulängliche oder fehlgeschlagene interne Prozesse, mitarbeiter- und systembedingte Ausfälle oder externe Vor- fälle sowie Rechts- und Reputationsrisiken) wirksam vermeiden zu können.“ Auf Basis des GDV-Verhaltenskodex, einer Selbstver- pflichtung der Branche, fordern einige Anbie- ter übrigens schon länger weitergehende Überwachungsmöglichkeiten bei Maklern. Einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Rundschreiben und dem Kodex sieht der GDV allerdings nicht. Aufsicht lässt Fragen offen Die grundsätzlichen Äußerungen der BaFin zu Paragraf 64a VAG, der sich mit dem Risi- komanagement der Versicherer befasst, sorgen unter Juristen ebenfalls für Kontroversen, was ihre Auswirkungen auf die unabhängigen Makler anbelangt. Aber der Reihe nach: „Im Rahmen des Paragrafen 64a VAG muss auch eine angemessene Einbeziehung und Überwa- chung sowie Dokumentation der Vertriebs- risiken gewährleistet werden“ , schreibt die BaFin im stark überarbeiteten Kapitel über das Risikomanagement. „Nicht ausreichend ist, lediglich anlassbezogene Prüfungen, z.B. im Rahmen der Überprüfung von Unregelmä- ßigkeiten, durchzuführen. Ziel muss es sein, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Compliance auch im Vertriebsbereich umfas- send zu gewährleisten.“ Die BaFin selbst hat zur Klärung der Frage, was dies für Makler konkret bedeutet, nichts beigetragen. „Soweit das Rundschreiben sich auf das Risikoma- nagement und den Paragraf 64a VAG bezieht, ist es für das Verständnis wichtig, dass die Versicherer sich im Rahmen der Vorschrift verstärkt mit dem Thema Vertrieb auseinan- dersetzen und beispielsweise nicht erst dann tätig werden, wenn ein meldepflichtiger Tat- bestand gegeben ist“, führt die Behörde in einer Antwort an FONDS professionell an. „Art und Umfang sind jedoch ganz erheblich davon abhängig, wie (z.B.) der Vertrieb bei dem einzelnen Versicherer oder im Konzern organisiert ist und mit welcher Art von Ver- mittlern eine Zusammenarbeit stattfindet.“ Gericht muss entscheiden Einmütigkeit herrscht unter Juristen da- rüber, dass Paragraf 64a Absatz 4, der von den Versicherungsfirmen die Kontrolle von aus- gelagerten Dienstleistungen fordert, auf große Makler, die Serviceleistungen für Versicherer übernehmen, anwendbar ist. Ob diese Passage des Rundschreibens oder die Gesetzeslage auch Kontrollen kleinerer Makler zulassen, die keine genuinen Aufgaben der Versicherer übernehmen, ist dagegen umstritten. Der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM) und Norman Wirth sehen dies nicht. „Dass der 64a nur für Großmakler gilt, halte ich für gewagt“, widerspricht Rechtsanwalt Fiala. „Je schlechter es ums Eigenkapital der Versicherer steht, umso mehr braucht es Risi- kovorsorge, die der Paragraf behandelt. Der Trend der Rechtsprechung geht ja dahin, dass die Versicherer auch für ihre Makler und deren Fehler haften.“ Allerdings kann es sein, dass die entspre- chenden Passagen des Rundschreibens noch geändert werden müssen oder rausfallen. Denn die Inhalte des Paragrafen 64a wurden in der kürzlich verabschiedeten Novelle des VAG, das wegen der Umsetzung der euro- päischen Solvency-II-Richtlinie in deutsches Recht angepasst werden musste, auf mehrere Paragrafen verteilt und teilweise geändert. Ob die Versicherer die Makler mit Verweis auf das BaFin-Rundschreiben nun tatsächlich stärker kontrollieren können, ist noch nicht ausgemacht. Im Fall der Fälle gibt es nur eine Instanz, die entscheiden kann, welches Vor- gehen durch das Schreiben gedeckt ist: ein Gericht. Zumindest in diesem Punkt sind sich die Juristen einig. JEnS BREDEnBAlS | FP BaFin-Rundschreiben 10/2014 (VA) Primäre Zielgruppe: Das Rundschreiben wendet sich vor allem an gebundene Vermittler oder Ausschließlich- keitsorganisationen (AO), also Vermittler gemäß Paragraf 34d Abs. 4 Gewerbeordnung – ihnen sind die meisten Punkte des Dokuments gewidmet. Allerdings gehen die Meinungen von Juristen auseinander, ob der Wesensgehalt des Schreibens hier im Vergleich zum Vorläufer aus dem Jahr 2007 deutlich geändert und die Kontrollen über Ver- mittler verschärft wurden oder ob es sich im Wesentlichen um Ergänzungen und Konkretisierungen handelt. Anforderungen an AO: Neben den generellen Ausfüh- rungen zum Risikomanagement im Vermittlerbereich be- tont das Schreiben, Vermittler müssten zuverlässig sein und in geordneten Vermögensverhältnissen leben. Die BaFin verfügt auch, dass die „Versicherungsunternehmen sicherstellen, dass die Vermittler über die zur Vermittlung der jeweiligen Versicherung angemessene Qualifikation verfügen. Alle diese Punkte sind vor der Zusammenarbeit zu klären.“ Neu sind die Ausführungen zu sogenannten Ventillösungen beziehungsweise Haftungsdächern. Das Kapitel über die Zusammenarbeit mit produktakzesso- rischen Vermittlern wurde ebenfalls überarbeitet. Tippgeber: Vollkommen neu ist das Kapitel über die so- genannten Tippgeber, deren Tätigkeit die Behörde zur Freu- de der Branche zum ersten Mal klar definiert. Die BaFin fordert, dass nicht nur gebundene Vermittler, sondern auch Makler eine schriftliche Vereinbarung mit Personen haben müssen, die ihnen helfen, eine Police abzuschließen, wie Juristen mehr oder weniger unisono meinen. Ein weiteres allgemeines Kapitel erläutert detailliert die Bearbeitung von Beschwerden, die Aufbewahrung von Unterlagen sowie Arbeitsanweisungen und Vollmachten.

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