FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

314 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 steuer & recht I kapitalmarktunion Foto: © Paulgrecaud | Dreamstime.com, Mittelstandsvereinigung Bayern, BVR, EFAMA K aum ist die Bankenunion unter Dach und Fach, nimmt sich die Europäische Kommission das nächste Projekt vor: Binnen fünf Jahren soll die Kapitalmarktunion geschaffen werden. Sie soll den europäischen Kapitalmarkt effizienter, wettbewerbsfähiger und vielfältiger machen – und damit auch wi- derstandsfähiger gegen mögliche Schocks. Die Fondsbranche kennt und schätzt einen solchen Binnenmarkt schon lange: Durch die UCITS-Gesetzgebung existiert bereits seit 1989 ein einheitlicher Binnenmarkt für Invest- mentfonds. Nun will Brüssel auch für die übrigen Kapitalmarktinstrumente einen gren- zenlosen EU-Markt schaffen, etwa für Dar- lehen, Beteiligungen, Aktien oder Anleihen. Abhängigkeit reduzieren Einen konkreten Plan für die Kapitalmarkt- union will EU-Finanzmarktkommissar Jona- than Hill bis Sommer 2015 vorlegen. Sein Ziel besteht primär darin, Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt mithilfe einheit- licher Rahmenbedingungen zu erleichtern. Wer Aktien, Anleihen und andere Kapital- marktinstrumente an Investoren verkaufen will, soll das europaweit problemlos tun kön- nen. Ein solcher Kapitalmarkt soll auch die Abhängigkeit von Bankkrediten verringern – während in den USA nur 20 Prozent der Un- ternehmensfinanzierungen via Kredit erfolgen, sind es in Europa rund 80 Prozent. Wenn die Kapitalmarktunion funktioniert, wird es in Zu- kunft deutlich mehr Venture Capital, Private Equity, Börsengänge, Unternehmensanleihen und Verbriefungen von Firmenkrediten geben als bisher. Und das eröffnet auch der Fonds- industrie neue Aufgabenfelder, denn in der Folge wird man wohl auch entsprechend spezialisierte Fonds benötigen. Bislang ist das aber noch Zukunftsmusik, denn insbesondere in den Ländern der Euro- Peripherie kommt all das Geld, das die Euro- päische Zentralbank in den Markt pumpt, nicht bei den Unternehmen an. Der Transfor- mationsmechanismus über die Banken funk- tioniert nicht, weil diese nach wie vor ihre Bilanzen sanieren. Betroffen sind nicht nur spanische oder italienische Unternehmen, sondern auch deutsche Mittelständler. „Die Misere begann mit der Euroeinführung, als die Banken ihre Geschäftsmodelle massiv umgebaut haben“, berichtet Stefan Musiol, Vorstand der Mittelstandsvereinigung Bayern. Damals seien viele der Firmenkundenberater, die noch den direkten Kontakt zu den Unter- nehmenslenkern hatten, entlassen worden. „Die Kreditentscheidungen bei den großen Geschäftsbanken werden jetzt überwiegend nach Aktenlage und Ampelsystem getroffen, und nach Aktenlage können die Bankmitar- beiter das Potenzial eines mittelständischen Unternehmens, das vielleicht eine vielverspre- chende Idee, aber wenig Kapital hat, nicht einschätzen“, sagt Musiol. Zwar wurden jede Menge Programme mit Förderkrediten aufgelegt, aber die laufen über das Hausbankenprinzip, das Musiol zufolge nicht funktioniert. „Es ist ja gerade das Pro- blem, dass die Hausbanken die Bonität klei- nerer Unternehmen nicht richtig einschätzen können – das gelingt allenfalls noch den regional gut vernetzten Sparkassen und Volks- banken. Wir beklagen, dass die Hausbanken durch kurzfristige Kreditkündigungen viele mittelständische Unternehmen in die Pleite geschickt haben, und setzen große Hoffnun- gen auf die geplante Kapitalmarktunion.“ Das EU-Projekt „Kapitalmarktunion“ soll einen europäischen Kapitalmarkt für Unternehmen schaffen und damit ihre Abhängigkeit von Bankkrediten verringern. Kredit? Nein, danke! Die Europäische Kommission (im Bild die Zentrale in Brüssel) treibt die Idee einer Kapitalmarktunion voran. Der EU-Binnenmarkt für Finanzinstrumente soll Unternehmen den Zugang zu Kapital erleichtern. Denn die Europäische Zentralbank überschwemmt den Markt zwar mit Liquidität, bei den Unternehmen kommt das Geld aber nicht an.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=