FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015
316 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 steuer & recht I investmentsteuerreform Foto: © KPMG D ie Besteuerung von Fonds ist so kom- pliziert, dass selbst viele Anlageberater sie im Detail nicht verstehen – ge- schweige denn die Kunden. Bei der nun geplanten Änderung geht es aber nicht etwa um eine Vereinfachung, sondern darum, die bisherige Benachteiligung ausländischer Fonds zu beenden. Eine Bund-Länder-Ar- beitsgruppe des Bundesfinanzministeriums arbeitet an einer Reform, die in erster Linie Publikumsfonds betreffen soll. Eine der Über- legungen besteht darin, Dividenden aus deut- schen Quellen und Einkünfte aus deutschen Immobilien mit einer Steuer auf Fondsebene von 15,825 Prozent (inklusive Solidaritäts- zuschlag) zu belasten und dafür Steuerer- leichterungen auf Anlegerebene einzuführen. Eine endgültige Linie zeichnet sich aber noch nicht ab. Experten rechnen noch vor der Sommerpause mit einem Konzept des BMF. „Der Hintergrund für die angedachte Än- derung ist eine europarechtliche Problematik“, erklärt Andreas Patzner, Rechtsanwalt und Steuerberater bei KPMG. Es kam nämlich immer wieder zu Beschwerden, dass ausländi- sche Fonds gegenüber deutschen Produkten benachteiligt würden. „Das könnte tatsächlich der Fall sein, denn Dividenden von deutschen Aktiengesellschaften sind mit einer 26,375- prozentigen Kapitalertragsteuer belastet, wenn sie dem Fonds zufließen. Ein deutscher Fonds bekommt die gesamte Kapitalertragsteuer erstattet, während ausländische Fonds in der Regel nur 11,375 Prozent erhalten. Auf den verbleibenden 15 Prozent bleiben ausländi- sche Fonds im Regelfall sitzen.“ Eine Anrech- nung im Domizilland sei üblicherweise nicht möglich, da Investmentfonds in den meisten Ländern steuerbefreit seien. EuGH macht Druck Diese Ungleichbehandlung ist kein rein deutsches Phänomen. Einen gewissen Be- kanntheitsgrad erreichte die Klage einiger Fondsgesellschaften gegen Frankreich, der sich unter anderem Santander Asset Manage- ment, Allianz Global Investors und Generali Investments Deutschland angeschlossen hat- ten. Nach einer französischen Steuerregel un- terliegen Dividenden, die an nicht in Frank- reich ansässige Publikumsfonds ausgeschüttet werden, einer Quellensteuer von 25 Prozent. Ein französischer UCITS-Fonds muss die Dividenden dagegen nicht versteuern. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2012 ist klar: EU-Staaten dürfen keine Regelungen erlassen, die ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine ver- schleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs darstellen. „Auch Deutschland wurde verschiedentlich wegen ähnlicher Regelungen insbesondere mit Blick auf ausländische Kapitalgesellschaf- ten und Pensionsfonds gerügt“, so Patzner. Im Prinzip bleiben zwei Optionen: Der Fiskus kann entweder ausländische Fonds entlasten oder deutsche Fonds belasten. Bei der ersten Option könnte die Politik die Kapitalertrag- steuer auf deutsche Dividenden abschaffen und sich damit begnügen, dass die dividen- denzahlende Gesellschaft ja schon Körper- schaft- und Gewerbesteuer entrichtet hat. Dann gäbe es keine Benachteiligung auslän- discher Fonds. Beim zweiten Weg müsste der Fiskus deutsche Fonds bei deutschen Aktien- und Immobilienerträgen stärker besteuern. Diesen Vorschlag verfolgt ein Konzept aus dem Jahr 2012, das eine Arbeitsgruppe unter der Federführung von Bund, Hessen und Nordrhein-Westfalen erarbeitet hat. Da dann aber Kritik laut wurde, dies könne negative Auswirkungen auf die private Altersvorsorge in Deutschland haben, gab das BMF beim dä- nischen Analysehaus Copenhagen Economics eine Studie in Auftrag, die im Oktober 2014 abgeschlossen wurde. Die Studie untersucht, wie sich die Einführung einer Steuer auf Fondsebene von 15,825 Prozent auf deutsche Dividenden und Immobilien auswirken würden. Die negativen Effekte sind angeblich minimal, so das Fazit der Forscher. Umstrittene Studie Die Studie gehe von falschen Grundannah- men aus, kritisiert der Branchenverband BVI. „Von einer Investmentsteuerreform sind Mil- lionen von Fondsanlegern und deren Alters- vorsorge betroffen. Sämtliche Maßnahmen sollten daher sorgfältig auf ihre Wirkungs- weise hin überprüft werden“, sagt BVI-Haupt- geschäftsführer Thomas Richter. „Wir begrü- ßen ausdrücklich, dass das BMF dazu den Rat externer Experten einholt. Es kann aber nicht sein, dass eine weitreichende Reform wie die des Investmentsteuerrechts auf einer mangel- haften Grundlage gestartet wird.“ Auch die Immobilienwirtschaft will Scha- den abwehren. „Die Konturen der Reform sind im Augenblick noch so unscharf, dass man nicht ausschließen kann, dass es zu punktuellen Verschlechterungen kommt“, sagt Roland Franke vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA). „Diese müssen aber im Interesse des Fondsstandorts Deutschland und der notwendigen Investitionen in Immobilien vermieden werden.“ Die Länder drücken unterdessen aufs Tem- po. Sie wollen die Investmentsteuerreform mit geplanten Änderungen des Körperschaft- steuergesetzes verknüpfen, in denen es um die Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen geht. Womöglich liegt daher tatsächlich noch vor der Sommerpause ein Referentenentwurf auf dem Tisch. „Das würde allerdings die Konsultationsfrist für den ersten Entwurf extrem verkürzen, selbst wenn das BMF pünktlich liefert“, bedauert ZIA-Ex- perte Franke. „Die Zeit bis Ende Juni ist dann einfach zu schnell um.“ AnKE DEMBowSKi | FP Bisher waren deutsche Fonds gegenüber ausländischen Portfolios steuerlich bevorzugt. Das soll nun durch eine Änderung der Steuergesetze anders werden. Neue Regeln am Horizont Andreas Patzner, KPMG: „Ein deutscher Fonds bekommt die gesamte Kapitalertragsteuer erstattet.“
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