FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015

321 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 BGH bezog sich bei seinem Urteil auch auf frühere Entscheidungen, die der dritte Senat in den vergangenen Jahren gefällt hatte (siehe Infokasten). Das Gericht entschied beispiels- weise schon imApril 2014, dass ein geschlos- sener Fonds für die Altersvorsorge nicht grundsätzlich ungeeignet ist. Das gilt auch dann, wenn der Fonds Investitionen teilweise mit Fremdkapital finanziert und sogar wenn ein Teil des Fondskapitals in Wertpapiere investiert wird (Az. III ZR 389/12). Markantes Urteil zur Haftung Ein besonders heikler Punkt und häufiger Anlass zur Anrufung der Gerichte sind Rück- forderungen von Ausschüttungen bei Beteili- gungen. Etwas mehr Rechtssicherheit brachte hier ein Entscheid des Landgerichts München, das im Dezember des Vorjahres zu dem Schluss gelangte, dass Verkaufsprospekte und Finanzberater auf das Risiko der Anlegerhaf- tung nach dem GmbH-Gesetz hinweisen müssen. Das Urteil vom 19. Dezember 2014 (Az.: 3 O 7105/12) beruft sich auf die Para- grafen 30 und 31 des GmbH-Gesetzes, die demnach auch bei geschlossenen Fonds An- wendung finden. „Diese Regelungen im GmbH-Gesetz sehen vor, dass ein Gesell- schafter alle erhaltenen Auszahlungen zurück- zahlen muss, wenn die Gesellschaft materiell unterkapitalisiert ist. Diese Vorschrift gilt auch für einen Kommanditisten im Verhältnis zu der Kommanditgesellschaft, an der er beteiligt ist“, erklärt Rechtsanwalt Peter Mattil, Chef der Kanzlei Mattil & Kollegen. Bislang wurden die Anleger notleidender geschlossener Fonds vor allem mit Bezug auf Paragraf 172 Handelsgesetzbuch (HGB) und mit Bezug auf Darlehensklauseln im Gesell- schaftsvertrag zur Rückzahlung von Auszah- lungen aufgefordert, die sie von ihren Fonds- gesellschaften erhalten hatten. Laut Mattil berufen sich Insolvenzverwalter gelegentlich aber auch auf das GmbH-Gesetz. „Die Rück- forderbarkeit der Zahlungen bezieht sich nicht nur auf als Entnahmen zu qualifizierende Aus- schüttungen, sondern auch auf Gewinnaus- schüttungen“, betont der Jurist. Zum Hintergrund: 2006 hatte ein Anleger 15.000 Dollar in einen HCI-Schiffsfonds in- vestiert. Im Vorjahr verklagte er die Unicredit, weil die Bankmitarbeiterin im Beratungsge- spräch nicht auf das Risiko hingewiesen habe, dass er ungünstigstenfalls alle erhaltenen Aus- zahlungen zurückzahlen müsse. Die Bank wies den Vorwurf der Fehlberatung zurück und erklärte, das anhand des Prospekts, der keine Mängel aufweise, beraten wurde. Über das Innenhaftungsrisiko nach dem GmbH- Gesetz, so ihre Rechtsauffassung, hätte nicht aufgeklärt werden müssen, da es sich um kein wesentliches Risiko handle und über Risiken allgemeiner Natur nicht aufgeklärt werden müsse. Außerdem sei im Fondsprospekt so- wohl auf das Totalverlustrisiko als auch auf den Umstand, dass es sich um eine unter- nehmerische Beteiligung handelt, hingewiesen worden. Das Gericht entschied dennoch gegen die Bank, weil der Kunde „bei Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage nicht über das Innenhaftungsrisiko analog §§ 30, 31 GmbH- Gesetz aufgeklärt wurde“ . Dabei stellte es mit Bezug auf die Regelungen des GmbH-Geset- zes fest, dass ein Anleger die erhaltenen Aus- zahlungen an die Fondsgesellschaft zurück- zahlen müsse, wenn das Stammkapital der Komplementär-GmbH angegriffen oder die GmbH bereits überschuldet sei. Die Rückzah- lungspflicht sei nicht auf die Haftsumme des Anlegers beschränkt und werde relevant, wenn die Fondsgesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerate. Auf diesen Umstand hatte die Beraterin den Anleger laut Urteilsbegründung nicht hinge- wiesen. Außerdem heißt es in dem Urteil: „Das Risiko wird im Emissionsprospekt nicht hinreichend deutlich klargestellt, vielmehr konnte ein Anleger gerade aufgrund der Re- gelungen in den Gesellschaftsverträgen davon ausgehen, dass er einem derartigen Risiko nicht ausgesetzt war.“ Auf die Innenhaftung nach dem GmbH-Gesetz weist der Fonds- prospekt laut Gericht nicht hin. „Aufgrund der Ausführungen im Emissionsprospekt musste der Anleger daher nur damit rechnen, dass er aufgrund der prospektgemäßen Rückführun- gen der Einlage nur dann zu haften hatte, wenn diese zu einer Minderung seiner Einla- ge unter 20 Prozent führten und damit das Haftkapital reduzierten“ , so der Urteilstext. Die Bank hätte den fehlenden Hinweis auf die GmbH-Gesetz-Haftung, die kein Risiko all- gemeiner Natur sei, bei der „ihr obliegenden bankkritischen Prüfung“ des Prospekts erken- nen können. Spannende Berufung Die Kanzlei Mattil & Kollegen, die das noch nicht rechtskräftige Urteil erstritten hat, hat nach eigenen Angaben hunderte Prospek- te begutachtet. Nur einmal sei der Hinweis auf die Haftung nach dem GmbH-Gesetz er- wähnt. „Das Urteil gilt also für zigtausend geschlossene Fonds, die über Berater vertrie- ben wurden“, meint Mattil. Die Entscheidung des Landgerichts München ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss. „Wir haben gegen das Urteil Berufung eingelegt“, erklärte ein Unicredit-Pressesprecher gegenüber FONDS professionell. Inhaltlich wollte die Bank kei- nen Kommentar abgegeben. Das Berufungsverfahren dürfte jedenfalls spannend werden. Das verspricht ein aktuel- les Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, das Anfang Februar diesen Satz formulierte: „Ei- ne theoretisch mögliche Haftung eines Kommanditisten, der nicht zugleich Gesell- schafter der Komplementär-GmbH ist, für Ausschüttungen, die das Stammkapital der GmbH berühren (...), ist nicht aufklärungs- bedürftig.“ (Az. I-34 U 149/14) Ein Schiffs- fonds-Anleger hatte gegen den Initiator und den Berater geklagt und dabei unter anderem den Prospekt beanstandet. In der ersten In- stanz wies das Landgericht Dortmund die Klage ab. Im Berufungsverfahren bemängelte der Investor den fehlenden Hinweis im Pro- spekt auf das Haftungsrisiko gemäß §§ 30, 31 GmbH-Gesetz. Obwohl dieser Hinweis tatsächlich fehlt, entschied der 34. Zivilsenat des OLG Hamm, dass es sich dabei um kei- nen Prospektfehler handelt, der kausal für die Anlageentscheidung des Anleger ist. „Der Kläger hat die Beteiligung in Kenntnis eines Prospekts gezeichnet, der deutlich auf eine mögliche Rückzahlbarkeit der erhaltenen Auszahlungen hinweist“ , stellte das Gericht zugunsten des Fondsinitiators fest. ALExAnDEr EnDLwEBEr | FP Peter Mattil, Mattil & Kollegen: „Das Urteil des Landge- richts München gilt für zigtausende Fonds.“

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