FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015
Recht – komplett aus dem Gleis gewor- fen hat. Dieser Krise folgte schließlich eine nunmehr seit sechs Jahren anhal- tende Hausse, die begleitet war von immer niedrigeren Zinsen, enormen Schwankungen auf der Währungsseite und einem Verfall des Ölpreises. Und diese Hausse ist nach unserer Ansicht auch noch keineswegs zu Ende. Heuser: Dennoch setzen die Men- schen immer noch nicht stärker auf Aktien. Auch wenn Ihre Gesellschaft das verwaltete Volumen im Flagg- schiff Loys Global in den vergange- nen vier Jahren mehr als verdoppelt hat und inzwischen gut 800 Millionen Euro in fünf Aktienfondsprodukten verwaltet: Hatten Sie sich angesichts der beschriebenen Situation nicht deutlich höhere Zuwächse erhofft? Bruns: Natürlich hätten wir uns über höhere Mittelzuflüsse gefreut. Aber wir kennen ja durchaus die Gründe dafür. Diese liegen unter anderem in dem von vielen Seiten schon seit Langem be- klagten Fehlen einer echten Aktien- kultur in Deutschland, ich würde sogar so weit gehen, von einem Analphabe- tismus zu sprechen, was die Vermittlung von wirtschaftlichem Grundwissen schon in der Schule betrifft. Sonst wäre es aus meiner Sicht nicht zu erklären, warum Menschen ihr Geld lieber für mickrige 0,5 Prozent oder noch we- niger bei einer Bank anlegen statt sich via Fonds an einer Reihe von Aktiengesellschaf- ten zu beteiligen, die zum Teil Dividenden von drei oder vier Prozent ausschütten. Glow: Andererseits melden Branchenver- bände und Analysehäuser Rekordzuflüsse in den Fondssektor. Wie passen vergleichs- weise schwache Absatzzahlen insbesondere bei Anbietern aktiv gemanagter Fonds und historisch hohe Zuflüsse aus Ihrer Sicht zusammen? Bruns: Dass selbst eine Finanzkrise und ihre Folgen bisher nicht dazu geführt haben, dass die Aktienanlage eine Renaissance erlebt, ist ja nur die eine Seite der Medaille. Die wesent- liche Herausforderung für die aktiven Mana- ger liegt in der Tatsache, dass insbesondere Indexfonds oder ETFs so hohe Zuflüsse ver- buchen. Das stellt die aktiven Fondsmanager vor ganz neue Herausforderungen. Denn mit einer solchen Entwicklung ist natürlich gleich- zeitig verbunden, dass gerade die großen, liquiden Werte von einer wie gesagt bereits sechs Jahre anhaltenden Hausse profitieren. Speziell an den US-Aktienmärkten haben wir eine Entwicklung gesehen, wie wir sie seit 50 Jahren nicht erlebt haben. Aber auch der Dax ist in der jüngeren Vergangenheit von einem Rekordhoch zum nächsten geklettert. Profitiert haben davon in erster Linie die großen und liquiden Werte, wie sie in den Indexfonds enthalten sind. Als aktiver Manager war man da im Nachteil. Heuser: In welcher Hinsicht? Bruns: Eine solche Entwicklung führt natür- lich dazu, dass insbesondere kleinere oder auch nicht ganz so liquide Werte eine Art Vernachlässigung erfahren. Da- runter sind aber eben oft jene Titel, auf die ich als aktiver Fondsmanager set- ze. Eigentlich bräuchten wir wieder einmal eine ausgeprägte Baisse an den Aktienmärkten, dann hätten die akti- ven Manager auch wieder eine Chan- ce zu zeigen, dass sie ge- rade in solchen Phasen dem passiven Investment in ETFs überlegen sind. Denn ein Indexfonds wird dann sozusagen unge- bremst mit dem Gesamt- markt fallen, während der aktive Manager in solchen Baissephasen die Gelegenheit bekommt zu beweisen, dass er einen allzu starken Absturz in der Baisse durch die geschickte Aus- wahl seiner Einzeltitel abfedern kann. Glow: Allerdings zeigen unsere Untersuchungen über verschiedene Fünfjahreszeiträume, dass dieser Effekt eben bei den meisten nicht zu beobachten ist, im Gegenteil: Die Maximum Drawdowns haben sich in der Krise verschärft, aktives Management hat im Prinzip nicht mehr stattgefunden. Deshalb die Frage: Wie wichtig und sinnvoll ist die Fundamental- analyse nun wirklich, um einen breiten Aktienmarkt, sprich einen Index, outzu- performen? Bruns: Aus meiner Sicht gibt es keine sinn- volle Alternative dazu. Die Frage ist vielmehr, ob die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen aus der Fundamentalanalyse tatsächlich hin- reichend sind. In dieser Frage brauchen wir meines Erachtens die Fallunterscheidung zwi- schen Hausse und Baisse. Meine These dazu: In einer Dauerhausse werden die aktiven Manager letztlich gegenüber den Indexpro- dukten hintere Plätze einnehmen, das liegt in der Natur der Sache. In der Baisse fallen die ETFs ungebremst mit nach unten, was dem aktiven Manager, so er die Mehrzahl seiner Titel anhand einer fundierten Analyse mög- lichst konservativ ausgewählt hat, die Mög- lichkeit bietet, die Vorteile des aktiven Ma- nagements anhand von vergleichsweise besseren Ergebnissen als bei den Indexfonds unter Beweis zu stellen. Ich halte sehr viel von dem zentralen Satz, den einst Benjamin Graham formuliert hat, wonach die Aktien- börse auf kurze Sicht zwar eine Abstim- Christoph Bruns: „Ein Blick in so manches Portfolio zeigt, dass viele Fonds- manager gar nicht mehr bereit sind, aktive Wetten zu nehmen.“ 60 www.fondsprofessionell.de | 1/2015 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Wir bräuchten wieder einmal eine ausgeprägte Baisse an den Aktienmärkten, dann hätten aktive Manager wieder eine Chance zu zeigen, dass sie gerade in solchen Phasen dem passiven Investment überlegen sind. « Christoph Bruns, Loys
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