FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2015
eD I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 1/2015 9 Das vergessene Risiko eines Provisionsverbots Politisch ist die Debatte eigentlich längst entschie- den: Auch unter der EU-Fi- nanzmarktrichtlinie Mifid II wird es ein Nebeneinander von Honorar- und Provi- sionsberatung geben – ein absolutes Provisionsverbot ist vom Tisch. Beendet ist die Diskussion aber noch lange nicht, und das wird sie so schnell auch nicht sein. Einzelne Länder können über den EU-Konsens hinausgehen und Zuwendungen der Produktanbie- tern untersagen, so wie Großbritannien und die Nie- derlande das bereits getan haben. Also werden in den kommenden Jahren weiterhin immer wieder Forderungen zu hören sein, auch Deutschland zum Honorarberaterland zu machen. Die Argumente, die pro und contra Provision aufge- führt werden, sind stets die gleichen. Die Gegner sind überzeugt, dass Zuwendungen Fehlanreize setzen, die letztlich zu einer schlechten Beratung führen. Die Befürworter erwidern, nur Provisionen ermöglichten eine Beratung breiter Bevölkerungsschichten. Eine durchaus wichtige Frage aber wird regelmäßig aus- geblendet. Eine Anbietergruppe kann es sich in jedem Fall richten: die Banken. Das gilt zwar nur für Institute, die eigene Produktschienen anbieten, aber das sind nicht eben wenige. Wie wird eine Bank rea- gieren, die keine Zuwendungen mehr vereinnahmen darf, auf diese Einnahmen aber nicht verzichten möchte oder kann? Sie könnte einen eleganten Umweg wählen: Die Bank bietet verpackte Produkte an, etwa Modellportfolios oder Dachfonds, die sie selbst verwaltet. Für den Vertrieb erhält sie zwar keine Provision mehr, doch das wird durch die Manage- mentgebühr kompensiert. Für den Kunden ändert sich auf den ersten Blick nichts: Unterm Strich zahlt er das Gleiche wie früher, nur dass er keine Provision mehr finanziert, sondern eine höhere Verwaltungsgebühr. Auf den zweiten Blick aber hat ein solches Modell enorme Nachteile, denn die Produktauswahl für den Kunden würde deutlich kleiner werden. Die Berater würden noch stärker als heute schon hauseigene Produkte vertrei- ben, die Zeit der „offenen Architektur“ im Bankenver- trieb wäre endgültig vorbei. In einem solchen System käme auch die Risikostreuung in den Kundendepots zu kurz. Wer also Provisionsverbote fordert, muss auch eine „Offene-Architektur-Pflicht“ fordern. Bernd Mikosch Chefredakteur
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