FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

100 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 immer positiv, so Plasser. So konnten etwa in Euro abgesicherte Tranchen von Fonds mit Basiswährung US-Dollar zuletzt nicht von Kursgewinnen profitieren. „Ebenso ist zu überlegen, ob Zinsrisiken komplett gehedgt werden sollten“, sagt Plasser. Die große Freiheit, die die Manager der neuen Fonds genießen, erhöht eben nicht nur die Zahl der Chancen, sondern auch die der Risiken. Wer bisher einfach nur Renten gekauft und bis zur Fälligkeit gehalten hat, wird nicht über Nacht zum globalen Zins- und Währungsjongleur. Das grenzenlose Nutzen internationaler Zinsmärkte erfordert ein hohes Maß an Know-how, vor allem dann, wenn man sich in exotischen Gefilden bewegt. Es ist schon richtig, dass in den Emerging Mar- kets heute noch höhere Zinsen kassiert wer- den können, das hat allerdings auch einen Grund. Diese Märkte sind weniger transparent und liquide – und was ihre Rechtssicherheit betrifft … Im „Ernstfall“ kommt man da nicht so ohne Weiteres wieder heraus. Seriöse Risikodarstellung Anlässlich einer Konferenz zum Thema Unconstrained Bonds, die Ende April in Los Angeles stattfand, wurden US-Medienberich- ten zufolge auch reichlich kritische Stimmen laut. Die größte Gefahr bestehe demnach darin, dass Anleger solche Fonds in der Er- wartung kauften, es handle sich um „ganz normale“ Rentenfonds, bei denen der Kapi- talerhalt im Vordergrund steht. Das ist aber nicht der Fall, denn es handelt sich hierbei um Produkte, die durch die Inkaufnahme höherer Risiken auch höhere Erträge erwirtschaften, und das geht nicht immer verlustfrei aus. Diese Fonds machen es möglich, heute noch drei bis fünf Prozent jährliche Rendite zu erzielen. Da es keinen risikolosen Zins gibt, besteht der Mehrertrag nur aus der Risiko- prämie. Das ist auch nicht schlimm, solange alle Anleger das wissen. Niemand Geringerer als Jeff Gundlach von DoubleLine Capital, derzeit einer der prominentesten Rentenma- nager der Welt, sagte in L.A.: „Unconstrained heißt: Bitte gib mir so viele Überraschungen wie möglich, und ich hoffe, dass diese alle positiv sein werden.“ ANDREA MARTENS | FP markt & strategie I flexible rentenfonds Foto: © Carmignac Gestion Jean Médecin, Carmignac Gestion Investment Committee London Aktienähnliche Erträge sind möglich C armignac Gestion hat schon 2007 den Carmignac Portfolio Global Bond auf- gelegt, der von Charles Zerah ebenso freihändig wie erfolgreich von Paris aus ver- waltet wird. Wichtige Impulse liefert ihm dazu das Investment Committee der Fondsgesell- schaft. Wir sprachen mit Jean Médecin, der in London zu jenem Research-Team gehört, das Zerah und die anderen Carmignac-Manager mit Ideen und Analysen versorgt. Herr Médecin, was würden Sie einem Anleger raten, der auf der Suche nach einem international anlegenden Bond- fonds ist? Das, was man allen Anlegern, die Fonds kau- fen, raten muss: Sehen Sie sich die Ergebnis- se über längere Zeiträume hinweg an. Wir er- leben immer wieder, dass Investoren nach drei Monaten Underperformance nervös wer- den, obwohl sie mehrjährige Anlagehorizonte haben. Natürlich darf man mittelmäßige Er- gebnisse nicht hinter dem Argument der Langfristigkeit des Investments verstecken, aber manche Dinge benötigen eben ihre Zeit. Zum Beispiel? Wir waren den US-Dollar lange Zeit long, es dauerte aber rund 18 Monate, bevor sich unsere Markteinschätzung auch in der Wech- selkursentwicklung niederschlug. Inzwischen haben alle Marktteilnehmer erkannt, dass das die richtige Positionierung war. Benötigt man heute als Renteninvestor eine globalen Aktionsradius? Absolut, lange Zeit war das nicht so ohne Weiteres erkennbar, weil wir in Europa diese fantastische Bond-Rally hatten. Aber je weiter wir zu dem Punkt kommen, an dem man kein Geld mehr verdienen kann – weder aus einer Zinsdifferenz noch aus Kursgewinnen – umso interessanter und sinnvoller wird es, international investieren zu können. Was halten Sie bei einem international anlegenden Rentenfonds über die kom- menden zwei Jahre auf der Ertragsseite für eine realistische Erwartung? Wir geben solche Schätzungen grundsätzlich nicht ab. Kann man das Potenzial beziffern? Sieht man sich die Marktsituation an, dann präsentieren sich Währungen wie der Neu- seeland-Dollar mit einem Zinsunterschied von sagen wir drei bis vier Prozentpunkten, wir sehen auch attraktive Aufschläge bei US- High-Yield und Emerging Markets Local Debt. Schafft man es auf der Währungsseite und bei Kursgewinnen vorhandene Potenziale zu nutzen, kann man heute also aktienmarkt- artige Erträge bei bondmarktartigen Schwan- kungen erzielen. Und das dürfte in vielen an- deren Assetklassen nur sehr schwer möglich sein. Selbstverständlich muss man dazu die richtigen Entscheidungen treffen. Wo sehen Sie im Rentenbereich derzeit die größten Gefahren? Ein Anspringen der Inflation könnte sich stö- rend auswirken. Aus diesem Grund muss man den Ölpreis sehr genau beobachten, ein Anstieg könnte die Inflation beschleunigen. Und das wiederum könnte Zinsanstiege aus- lösen, eine Möglichkeit, die von den Märkten derzeit wahrscheinlich etwas unterschätzt wird. Wir danken für das Gespräch. Jean Médecin, Carmignac Gestion: „Die Inflationsgefahr wird derzeit möglicherweise unterschätzt.“

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